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Ermittlungen gegen Kurz: "Ich bin kein Vollidiot"

Sebastian Kurz weist jede Art der Falschaussage zurück.
Sebastian Kurz weist jede Art der Falschaussage zurück. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Nach der Befragung von Sebastian Kurz wegen Verdachts auf Falschaussage ist nun das Einvernahmeprotokoll ans Licht gekommen. Der Kanzler wies darin jegliche Falschaussage von sich.

Nach der Befragung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) durch einen Richter wegen des Verdachts auf Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss hat das 151-seitige Einvernahmeprotokoll nun den Weg an einige Medien gefunden. Kurz weist darin demnach wie auch öffentlich mehrfach jegliche Falschaussage von sich. "Ich weiß nicht, wie Sie mich einschätzen, aber ich bin kein Vollidiot", meint er laut "Krone" und "Kurier" bei seiner Befragung.

Kurz wird Falschaussage vorgeworfen

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt nach einer Anzeige gegen Kurz wegen des Verdachts, den Ibiza-Untersuchungsausschuss in mehreren Punkten falsch informiert zu haben. Im Kern geht es dabei um die Frage, wie intensiv Kurz unter Türkis-Blau in die Reform der Staatsholding ÖBAG involviert war. Bei seiner Befragung im Ausschuss hatte der Kanzler seine Rolle bei der Auswahl des Aufsichtsrats sowie bei der Bestellung des umstrittenen Ex-ÖBAG-Chefs Thomas Schmid heruntergespielt und sinngemäß von normalen Vorgängen gesprochen. Später aufgetauchte Chatprotokolle legten allerdings eine enge Abstimmung zwischen Schmid und Kurz nahe.

Kurz bereits Anfang September einvernommen

Kurz war bereits am 3. September einvernommen worden, publik wurde das allerdings erst Mitte dieser Woche. Dass die Befragung durch einen Richter und nicht durch die WKStA erfolgte, mit der die ÖVP seit längerem im Clinch liegt, war ein Anliegen von Kurz' Anwalt Werner Suppan gewesen. Im Juli hatte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) entsprechend entschieden - "ausschließlich aus rechtlichen Erwägungen", wie betont wurde.

Richter Stephan Faulhammer wollte laut "Kurier" bei der Einvernahme von Kurz genau wissen, wie seine Involvierung in das ÖBAG-Gesetz, die Auswahl der Aufsichtsräte und die Bestellung von Schmid zum ÖBAG-Chef war. Kurz sagte demnach zur Auswahl der Aufsichtsräte: "Es war Hartwig Löger, und das zeigen auch die SMS." Diese Entscheidung sei ihm "auch nicht so wichtig" gewesen. "Was wäre ich denn für ein 'Würschtel' als Bundeskanzler, wenn ich den Sigi Wolf will, und er wird es nicht", wird Kurz zitiert. "Ich finde das wirklich absurd." Auch bei der Konstruktion der ÖBAG habe er nicht intensiv mitgewirkt: "Ich habe in diesem Bereich relativ wenig Kenntnis. Ich habe sicher weder das Gesetz gelesen, mich noch groß damit beschäftigt".

"Ich bin kein Vollidiot"

"Ich weiß nicht, wie Sie mich einschätzen, aber ich bin kein Vollidiot. Wenn ich weiß, dass sie alle SMS haben, wäre es ja absurd etwas davon Abweichendes zu sagen", erklärte Kurz laut "Krone" zu Schmids Bestellung. "Ich habe so einen Overflow an Information", er könne sich nicht an alle Gespräche oder SMS erinnern. "Schmid war sehr dahinter, die Rolle, die er angestrebt hat, möglichst groß, machtvoll und breit ausgestaltet auszuformen", zitiert der "Kurier" weiters aus der Einvernahme des Kanzlers. Dabei sieht Kurz auch ein SMS von ihm an Schmid ("Du kriegst eh alles was Du willst") als das einzige an, das man falsch verstehen könnte. Er habe Schmid auf die Schaufel nehmen wollen, so Kurz bei der Einvernahme: "Das ist ein toller Job mit einem super Gehalt. In Ordnung, wenn Du das wirst, aber jetzt krieg einmal den Hals voll." Dass Schmid sich in Chats mit einer seiner Mitarbeiterinnen damit brüstete, die Unterstützung von Kurz zu haben, kommentierte der Kanzler vor dem Richter demnach mit den Worten "hochstapeln, flunkern, Dinge ein bisschen anders darstellen (...)".

Kurz "irgendwie durcheinandergekommen"

Kurz betont, definitiv keine Falschaussage getätigt zu haben: "Ich weiß, wenn vor Ihnen ein Verbrecher sitzt und Sie fragen ihn nach der Farbe des Autos, und er sagt bewusst die falsche Farbe, dann ist das eine Falschaussage." Ihn habe man hingegen versucht, hineinzutheatern und Fragen so formuliert, dass er irgendwie durcheinanderkomme.

Am Ende der Befragung soll Kurz-Anwalt Suppan erklärt haben, dass der Kanzler keine Fragen des anwesenden Staatsanwalts beantworten werde. Es folgte laut "Kurier" ein Wortgefecht mit Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic. "Sie drehen mir schon wieder jedes Wort im Mund um, das ist ja unglaublich. Ich würde jetzt wirklich einen Punkt machen. Das funktioniert nicht so gut zwischen uns", meinte Kurz demnach.

Kanzler für Opposition "hochnervös" und "respektlos"

SPÖ und NEOS üben angesichts des veröffentlichten Protokolls der Beschuldigteneinvernahme von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einmal mehr Kritik: Kurz sei "hochnervös" und reite sogar bei seiner Einvernahme Attacken gegen die Justiz, empörte sich SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch am Samstag in einer Aussendung. NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos ortete ebenfalls "fehlenden Respekt vor den Institutionen, aber keinen Willen zur Aufklärung".

Dass die Befragung durch einen Richter und nicht durch die WKStA erfolgte, mit der die ÖVP seit längerem im Clinch liegt, war ein Anliegen von Kurz' Anwalt Werner Suppan gewesen. Im Juli hatte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) entsprechend entschieden - "ausschließlich aus rechtlichen Erwägungen", wie betont wurde.

Kritik von SPÖ und NEOS

"Die Einvernahme ist für Kurz katastrophal verlaufen", schlussfolgerte jedenfalls SPÖ-Manager Deutsch. "Der beschuldigte Kanzler war bei der richterlichen Einvernahme im Wiener Landesgericht für Strafsachen sehr emotional und aggressiv gegen den Richter und den anwesenden Staatsanwalt." Eine Falschaussage sei kein Kavaliersdelikt, sondern ein schweres Vergehen, bekräftigte Deutsch.

Auch NEOS-Generalsekretär Hoyos befand in einer Aussendung, dass die Einvernahme "einmal mehr Kurz' fehlenden Respekt vor den Institutionen, aber keinen Willen zur Aufklärung" zeige. Als Beschuldigtem stünden Kurz selbstverständlich alle Rechte zu, die auch allen anderen Beschuldigten in einem Rechtsstaat zustehen, betonte Hoyos. "Aber als Kanzler ist er dringend aufgefordert, nicht noch weiter auf Zeit zu spielen und alles zu verzögern." Den Staatsanwalt "respektlos zu behandeln und seine Fragen nicht zu beantworten, trägt nicht zur raschen Aufklärung bei", meint Hoyos.

"Kopfschütteln" von der FPÖ

"Mit Kopfschütteln" reagierte der freiheitliche Fraktionsführer im U-Ausschuss, Christian Hafenecker: Es zeige sich einmal mehr "das Sittenbild einer durch und durch verlotterten türkisen 'Familie'". Kurz solle damit aufhören, "semantische Ablenkungsversuche zu betreiben", meinte Hafenecker in einer Aussendung, "er soll endlich die Konsequenzen ziehen und zugeben, dass er das Parlament belogen hat". Die Einvernahme des Kanzlers sei offenbar "die für ihn so charakteristische Mischung aus Überheblichkeit und Wehleidigkeit gewesen", resümiert Hafenecker. Die ÖVP habe ganz offensichtlich ein wirklich krasses Problem mit einer funktionierenden Justiz, die lediglich ihre Arbeit mache.

Ganz anders lautete erwartungsgemäß die Interpretation der ÖVP, die erneut die Korruptionsstaatsanwaltschaft kritisierte: Es zeige sich einmal mehr, "dass die WKStA in ihren Ermittlungen leider parteiisch agiert und ihrer Verpflichtung zur Objektivität nicht nachkommt", meinte Andreas Hanger, Fraktionsführer der Türkisen im U-Ausschuss, in einer Pressemitteilung. Kurz habe bei der Einvernahme "alle falschen Vorwürfe der WKStA entkräften" können, zeigte sich Hanger überzeugt. Damit hätten sich nun "alle ungerechtfertigten Beschuldigungen" "in Luft aufgelöst".

(APA/red)

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