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Entschädigungen: Anerkennung überlegt

Wenig Anerkennung haben Wehrmachtsdeserteure in den vergangenen Jahren beim Nationalfonds der Republik für Opfer des Nationalsozialismus gefunden.

Insgesamt 25 Deserteure erhielten auf ihr Ansuchen um Entschädigung einen negativen Bescheid. Nun scheint sich eine Wende anzubahnen. „Wir sind bemüht eine Lösung zu finden,“ erklärte Renate Meisner vom Nationalfonds gegenüber der APA und stellte eine mögliche Neubewertung der abgelehnten Fälle in Aussicht. Wie das Komitee des Fonds – das maßgebliche Gremium der Einrichtung – allerdings letztlich entscheidet, ist noch offen.

„Tatsache ist aber, dass wir innerhalb des Nationalfonds eine Arbeitsgruppe gebildet haben, die sich auch mit den jüngsten Forschungsergebnissen zur NS-Militärjustiz auseinander setzt.“ Meisner will in diesem Zusammenhang die abgelehnten Fälle noch einmal überprüfen. Bei der nächsten Sitzung des Komitees am 8. April sollen die Akten den Mitgliedern des Entscheidungsgremiums dann neuerlich präsentiert werden. Vorsitzender des Gremiums ist Nationalratspräsident Heinz Fischer (S).

Bisher sei Fahnenflucht kein ausreichender Grund gewesen, um Entschädigungen für eine Haft in Konzentrationslagern oder Gefängnissen zu bekommen, wenn die Betroffenen keine im engeren Sinne politischen Motive anführen konnten, erklärte Meisner. Mittlerweile zeichnet sich aber eine neue Bewertung ab. „Nach so vielen Jahren ist eine politische oder religiöse Motivation ohnehin sehr schwer nachzuvollziehen. Desertion war mit der Todesstrafe bedroht. Und das haben die Betroffenen auch gewusst.“ Meisner plädiert daher für eine Lösung zu Gunsten der Deserteure.

Mit Entschädigungen aus dem Nationalfonds konnten schon bisher Personen rechnen, die von der NS-Militärjustiz wegen Wehrkraftzersetzung verfolgt wurden. Auch Zeugen Jehovas, die den Kriegsdienst in der Wehrmacht verweigerten, wurden als NS-Opfer entschädigt.

Sollte der Fonds die Deserteure tatsächlich als NS-Opfer anerkennen, bedeutet dies aber nicht automatisch, dass sie auch Ansprüche auf Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung erhalten. Letzteres hatte Sozialminister Herbert Haupt (F) kürzlich abgelehnt, weil Desertion auch bei Weitergeltung der österreichischen Rechtslage von 1938 strafbar gewesen sei. Einen „wirklichen Zusammenhang“ zwischen Entschädigungen durch den Nationalfonds und Ansprüchen auf Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung nach dem ASVG gibt es laut Meiser nicht. „Möglich wäre aber eine positive Auswirkung. Der Fonds hat schon oft eine Vorreiterrolle gespielt“.

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