England: Ab Freitag Fuchsjagd-Verbot
Dies veranlasst zahlreiche Verbotsgegner zu überaus düsteren Prognosen zur Zukunft des gesellschaftlichen Lebens in der Provinz.
Sie befürchten den Wegfall tausender Arbeitsplätze und, weitaus schlimmer, das Absterben traditioneller sozialer Bindungen. Auch die Londoner Regierung geht von vorerst schmerzhaften Einschnitten aus, deren Langzeiteffekt jedoch begrenzt sein soll.
Die berittenen Fuchsjäger in ihren scharlachroten Jacken seien Teil der Grundstruktur des ländlichen Lebens in England, sagt die Historikerin Jane Ridley von der Uni Buckingham. Es werden eine Menge Pferde und Jagdhunde getötet werden müssen, Arbeitsplätze gehen verloren, umreißt die Fuchsjagd-Anhängerin und Buchautorin das düstere Szenario. Doch die Jagd sei noch mehr: Es ist ein Fest, eine Art Ritual, so etwas wie ein Erbe des Landes, das mutwillig, sinnlos und nutzlos zerstört wird als Teil einer altmodischen Klassenpolitik, wettert die Akademikerin.
Ridley vermutet in dem Jagdverbot den subtilen Racheakt der Unterschicht an den Anhängern einer aristokratischen Tradition. Die Angehörigen der Labour-Partei, die sich nun für das Jagdverbot stark machten, wollten keine Tiere schützen, sondern sich vielmehr für das harte Vorgehen der damaligen Premierministerin Margaret Thatcher bei den Bergarbeiterstreiks vor 20 Jahren rächen, lautet Ridleys These.
Laut einem fünf Jahre alten Untersuchungsbericht im Auftrag der Regierung hängen 6.000 bis 8.000 Vollzeitarbeitsplätze von der Fuchsjagd ab; die tatsächliche Zahl könne aber noch höher liegen. Tausende von Menschen versorgen die Pferde und statten sie mit Material aus, außerdem profitieren indirekt Hotels, Gasthäuser und Lokale, in denen Teilnehmer der mit der Jagd zusammenhängenden sozialen Events einkehren. Geschäft und soziale Kontakte haben sich eng miteinander verwoben, seit im Jahr 1660 unter König Charles II. erstmals abgerichtete Hunde eine Fuchsfährte aufnahmen.
Auf wenig Resonanz stößt bisher eine Idee von Tierschützern, das Ritual zu erhalten, allerdings ohne den finalen Akt der Tötung eines Fuchses. Der Sprecher des Tierschutzverbandes RSPCA, Henry Macaulay, schlägt vor, die Jagdhunde sollten künftig so trainiert werden, dass sie nicht mehr den Tieren selbst, sondern nur noch deren Geruchsspuren nacheilten. Dann gibt es etwas fast Identisches, nur dass kein Tier zu Tode gehetzt und auseinandergerissen wird. Ansonsten bleibe alles beim Alten, wirbt Macaulay: Sie haben die Rituale, die roten Mäntel, die Hunde, das Sozialleben.
Doch von so einem künstlichen Sport hält Tim Bonner von der Pro-Jagd-Initiative Countryside Alliance erwartungsgemäß wenig. Sein Verband setzt auf den Rechtsweg: Wir haben die Absicht, die Struktur des Jagens aufrecht zu erhalten, bis das Verbot von Gerichten oder der nächsten Regierung wieder aufgehoben wird. Viele Jäger verraten ohnehin hinter vorgehaltener Hand, dass sie ihre Aktivitäten einfach illegal fortsetzen wollen. Sie bauen darauf, dass viele Ordnungshüter dem Durchsetzen des Verbots keine hohe Priorität beimessen.
Der Regierungsbericht zur Fuchsjagd rechnet indes damit, dass langfristig alle negativen Folgen eines Verbots überwunden werden können. Schwierigkeiten könne es aber bei jenen geben, die mit Spezialkenntnissen im Bereich der Jagd derzeit ihr Geld machten und nur schlecht Alternativen fänden. Außerdem übe der Jagdsport besonders in abgelegenen ländlichen Gebieten eine bedeutende Bindungskraft aus, mit der ein System gegenseitiger Unterstützung gespeist werde. Andererseits führe auch die Tötung von bis zu 25.000 Tieren jährlich dazu, dass das Wohlergehen des Fuchses ernsthaft beeinträchtigt werde.