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Engel fressen Blaue Bohnen: Bayonetta

Heiss wie ein Vulkan, so cool dass der Himmel zufriert: Bayonetta.
Heiss wie ein Vulkan, so cool dass der Himmel zufriert: Bayonetta. ©Waibel
Nach Devil May Cry ist es ruhig geworden um das Hack and Slay Genre auf den Konsolen. Eine rattenscharfe Hexe schickt sich nun an, mit viel Sex und handfesten Argumenten die Fans zu begeistern.  

Mit Bayonetta, entwickelt von den hierzulande weniger bekannten Entwicklern von Platinum Games meldet sich Sega wieder lautstark an der Spitze der Publisher zurück. In Japan setzte sich die launige Engelsprügelei gleich einmal in den Topwertungen der Verkaufscharts fest und reiht sich mit seinen Wertungen in die Riege von Titeln wie Zelda Ocarina of Time, Soulcalibur oder Metal Gear Solid 4 ein und verkauft sich damit direkt in den asiatischen Spieleolymps. Da Bayonetta aber ein durch und durch asiatischer Titel ist, stellt sich die Frage: Wie trifft die Metzelei unseren westlichen Geschmack?

Bayonetta wird hierzulande unter dem 18er USK-Siegel angeboten. Was aber weniger an der Gewaltdarstellung liegt, die zumeist gegen nicht humanoide Gegner gerichtet ist. Offenbar hat sich jedoch die amerikanische Sicht der Dinge in Sachen erotischer Darstellung in Videogames auch in Europa durchgesetzt. Obwohl es keine expliziten Sexdarstellungen im Game gibt, reicht offenbar die latente Erotik, transportiert durch die heiße namensgebende Hexe, um den Wächtern unserer Jugend die Schamesröte ins Gesicht zu treiben.

In Bayonetta ist irgendwie alles anders: Hier sind die Engel die Bösen, die Hexen die Guten, aber das trifft den Kern der Sache auch nicht. Alles ist etwas komplizierter. Bei der Entwicklung der Figur der Heldin haben die Designer tief in die Coolnesskiste gegriffen und eine Figur auf den Schirm gezaubert, die in punkto Coolness und Ausstrahlung alle Helden der Videospielgeschichte als müde Statisten zurücklässt. Was Dante als Protagonist von Devil May Cry als unangefochtener coolste Sau aller Actionspiele bisher auch bot, Bayonetta ist um Ecken cooler, so cool dass nicht nur die Hölle, sondern auch der Himmel einfriert. Die heiße Hexe in ihrem frivolen Look samt Volkschullehrerinnenbrille weiß sich zu wehren:  In herrlichen Martial-Arts Posen, mit an den Füßen festgeschnallten Bleispritzen turnt sie in fein abstufbaren Schwierigkeitsgraden durch Horden von Engeln und Oberengeln. Von Gegnern gedroppte riesige Glocken, Trompeten, Beile, Schlüssel und andere Gegenstände prügelt sie den nachkommenden um die Ohren oder verwandelt sich im Verlauf des Spiels nach und nach in das eine oder andere Tier. Mit an Bord ist auch eine Art Bullet Time: Weicht Bayonetta im richtigen, weil letzten Moment einer Attacke aus, wird das Geschehen in einen stark verlangsamten Modus versetzt, nur die flotte Hexe kann sich normal bewegen und den fast erstarrten Gegnern so richtig den Arsch versohlen. Die Krönung der gewaltigen Bilderpracht sind aber die dramatisch inszenierten Kämpfe gegen Bossgegner, wo schon einmal ganze Levels zerlegt werden und es gilt, in Quick Time Events im richtigen Augenblick schnell das richtige zu tun. Dann bläst die Hexe zuweilen auch mit einer Spezialattacke zum Angriff, die optisch wie auch von der Wirkung auf den Gegner Kinnladen nach unten klappen lässt. Hier zeigt sich nämlich, dass der enganliegende schwarze Anzug in Wahrheit Bayonettas Haare sind, die sich dank Magie zum Beispiel in einen riesigen Drachenkopf verwandeln und den Gegner mit lautem Knirschen genüsslich zerkauen. Für einen Tick eines Augenblicks sieht man die heiße Hexe, die auch im Anzug Männerherzen höher schlagen lässt, andeutungsweise nackt. Wobei aber die Reste des Anzugs geschmeidig um ihre intimsten Zonen schlängeln und somit allzu jugendgefährdendes stilvoll verdecken.

Im Verlauf der Geschichte schaltet man immer mehr Waffen und Fähigkeiten frei, die kunstvollen Attacken beruhen auf einem ausgeklügelten Kombosystem. Dabei kommen Buttonsmasher und Warmduscher wie auch Nerds und Pros auf ihre Kosten. Der Schwierigkeitsgrad lässt sich von sehr leicht bis knüppelhart einstellen, im leichtesten Modus turnt selbst die Oma mit Bayonetta durch die Gegner, dass es so aussieht, als ob Omi seit Jahren nix anderes machen würde.

Die Story und das Setting sind so japanisch verrückt wie stylish. Zu Anfang stürzt Bayonetta auf einer sich im Fall befindenden Kirchturmuhr an der Seite einer geheimnisvollen Lady in die Tiefe. Der Erzähler im Hintergrund treibt die Geschichte voran, die aber bei einem Hack and Slay Titel naturgemäß ohnehin nur die Fassade darstellen. Wenige Rätsel fordern Profis nicht sonderlich, die Zwischensequenzen sind nicht nur prächtig inszeniert, sondern auch lang. Geschmacksache auch ist die musikalische Untermalung des Spiels. Neben Technoklängen kommen auch japanophile Metalklänge zum Einsatz.

Zwischen den Einsätzen kann sich Bayonetta dem widmen, was Frauen am liebsten machen: Dem Einkaufen frönen. Erledigte Gegner lassen nämlich Heiligenscheine fallen, die wohl nicht nur rein zufällig den goldenen Sonic-Ringen ähneln. Mit den Ringen lässt sich beim dämonischen Shopkeeper aus einem Zubehörarsenal wählen. Neben lebensspendenden Lollys, an denen die verruchte Protagonistin ständig lasziv nuckelt, gibt es hier eine ganze Reihe nützlicher Extras zu erstehen, das Repertoire an Attacken sinnvoll erweitern.

Technisch gesehen ist Bayonetta brillant: Nicht nur dass der Bildschirm zuweilen vor Gegnern nur noch so wuselt und die Protagonisten detailreich gestaltet das Auge erfreuen, läuft das Geschehen stets flüssig vor einem ab, Animationen sind butterweich und zahlreiche Effekte erfreuen das Auge des Betrachters.

Fazit:

Bereits letzten Sommer hatte ich auf einem Xbox 360 Summer-Event das unglaubliche Vergnügen, Bayonetta anzuzocken. Nebst zahlreichen anderen Krachern ist mir das Hack and Slay nebst dem bald von Disney erscheinenden Split-Second als einer von zwei kommenden Toptiteln in Erinnerung geblieben. Ich habe mich sehr auf den Release gefreut, und wurde nicht enttäuscht. Bayonetta ist schräg, sexy, schnell und brutal. Die Titelheldin ist so heiß, da möchte man über Lara Croft nur noch müde gähnen, und so saucool dass der Himmel gleich mit der Hölle zufriert. Die dazugehörenden Bösewichter in Gestalt der Engel erledigt die Hexe locker im Dutzend, die Geschichte ist so wirr wie kultig. Wer sich auf den überdrehten japanischen Stil einlassen kann, wird schnell merken, dass Bayonetta selbst Dante – Verzeihung an die Fans – locker in den Schatten stellt. Dass das Abenteuer ab 18 ist, halte ich für äußerst übertrieben – da kenne ich einige 16er Titel, die weitaus brutaler sind. Ein Buttonsmash-Hit von Sega, den sich Konsoleros nicht entgehen lassen sollten! 

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