Energiekrise: EU-Gipfel weiter auf Maßnahmen-Suche

Auf dem Tisch liegt ein Paket der EU-Kommission, das gemeinsame Gaseinkäufe sowie finanzielle Entlastungen für Unternehmen und Bürger, aber keinen Gaspreisdeckel vorsieht, den 15 EU-Staaten gefordert hatten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kritisiert indes den Kurs Berlins in der Energiekrise.
Trotz weiter auseinander liegenden Positionen in den seit Monaten geführten Debatten zeigte sich EU-Ratspräsident Charles Michel in Brüssel zuversichtlich, dass eine Einigung möglich sei, auch wenn sie wahrscheinlich schwierig sein werde.
Macron werde mit Scholz an einer Lösung arbeiten
Unstimmigkeiten gibt es da unter anderem zwischen den beiden größten EU-Staaten Frankreich und Deutschland. "Ich glaube, es ist nicht gut, weder für Deutschland noch für Europa, dass sie sich isolieren", sagte Macron am Donnerstag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. "Wir müssen absolut unsere Einigkeit wahren." Er werde mit dem deutschen Kanzler Olaf Scholz zusammen an einer Lösung arbeiten.
EU-Gipfel: Deutschland leht Gaspreisdeckel ab
Deutschland steht derzeit unter anderem in der Kritik, weil es einen europäischen Gaspreisdeckel ablehnt, den die Mehrheit der EU-Staaten fordert. Frankreich unterstützt einen solchen Preisdeckel, insbesondere für Gas, das für die Stromproduktion genutzt wird. Macron sprach von "Mechanismen, um die Preise von Gas und Strom besser voneinander loszulösen".
Energiekrise: Deutschland wird für Entlastungspaket kritisiert
Zudem wird die deutsche Bundesregierung für das 200 Milliarden Euro schwere Entlastungspaket kritisiert, da andere Staaten sich solche Maßnahmen nicht leisten können. Macron sagte, er werde sich für gemeinsame Schuldenprogramme einsetzen. Scholz lehnt dies ab. Er wies am Donnerstag darauf hin, dass noch viel Geld aus dem in der Corona-Krise geschaffenen EU-Unterstützungsprogramm zur Verfügung stehe.
Scholz verteidigte deutsche Haltung
Scholz verteidigte die deutsche Haltung am Donnerstag. "Es ist ganz klar, dass Deutschland sehr solidarisch gehandelt hat", sagte der deutsche Kanzler in Brüssel. Die deutsche Regierung entlaste die Bürgerinnen und Bürger, sagte er unter Anspielung auf den deutschen "Abwehrschirm" von bis zu 200 Milliarden Euro. Das sei "genau das gleiche, was Frankreich macht, Italien macht, was Spanien macht und viele andere Länder", betonte Scholz.
Scholz erteilt Gaspreisdeckel erneut Absage
Zugleich erteilte er einem europäischen Gaspreisdeckel erneut eine Absage. Die EU müsse sich auf Konzepte einigen, die auch funktionieren, sagte Scholz. "Niemand möchte Beschlüsse fassen, wo es hinterher theoretisch gut ist, aber kein Gas gibt", betonte der Kanzler.
Orban beschwerte sich beim EU-Gipfel über EU-Kollegen
Der ungarische Regierungschef Viktor Orban beschwerte sich vor dem EU-Gipfel über seine EU-Kollegen: "Da sagten sie mir, das russische Gas sei schlecht, man solle es nicht mehr kaufen. Doch niemand sagte uns, wie das russische Gas ersetzen werden kann", sagte Orban laut "RTL.hu". Im Zusammenhang mit dem geplanten koordinierten Gas-Kauf der EU meinte Orban, die Vorstellung erinnere an jene Zeiten, als wir gemeinsam Anti-Corona-Impfstoff kauften - es sei langsam und teuer gewesen.
"Ich denke, es könnte eine lange Nacht werden", sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. Hauptstreitpunkte könnten der Gaspreisdeckel als auch die Finanzierung der Maßnahmen sein.
Österreich leht Preisdeckelung russischer Gasimporte ab
Österreich lehnt eine Preisdeckelung russischer Gasimporte komplett ab. Die Bundesregierung sähe in diesem Fall die Versorgungssicherheit Österreichs gefährdet, die Gasabhängigkeit vom Russland betrage nach wie vor rund 50 Prozent. Ebenfalls Schwerpunkte des Gipfeltreffens sind der Ukraine-Krieg und die Lage im Iran. Der Gipfel will die wahllosen russischen Raketen- und Drohnenangriffe auf Zivilisten, zivile Objekte und Infrastruktur in Kiew und in der Ukraine verurteilen. Eine strategische Diskussion zu China ist auch vorgesehen.
Nehammer übte Kritik an den Energie-Vorschlägen der EU-Kommission
Nehammer übte Kritik an den Energie-Vorschlägen der EU-Kommission. das von ihm favorisierte sogenannte "iberische Modell" zur Entkopplung von Strom- und Gaspreis sei nicht unter den Vorschlägen, kritisierte Nehammer. Dabei würde gemeinschaftlich Gas eingekauft werden und den Stromversorgungsunternehmen zur Verfügung gestellt. Auch diejenigen Unternehmen, die jetzt günstig produzieren können, würden sich daran beteiligen und die Finanzlast aufgeteilt. "Es gibt große Bedenken bei großen Staaten wie Deutschland, dass es ein zu starker Eingriff in den Markt ist", so Nehammer.
(APA/Red)