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Energiekostenausgleich: Zahlung könnte lang dauern

Der geplante Energiekostenausgleich steht vor großen Hürden.
Der geplante Energiekostenausgleich steht vor großen Hürden. ©APA/BARBARA GINDL (Sujet)
Die Haushalte sollen laut geplantem Energiekostenausgleich rund 150 Euro bekommen. Dabei gibt es jedoch große Hürden. Die Auszahlungen könnten lange dauern.
Brunner rechnet mit Lösung
150 Euro für fast alle Haushalte

Nachdem bereits die als Auszahlungsstelle vorgesehenen Energieversorger vor datenschutzrechtlichen und verwaltungstechnischen Problemen gewarnt haben, kommen nun auch schwere Bedenken vom Verfassungsjuristen Peter Bußjäger von der Uni Innsbruck und von Thomas Lohninger von der Grundrechts-Plattform "epicenter.works". An eine rasche Auszahlung der "Soforthilfe" glauben sie nicht.

Energiekostenausgleich: Zahlung könnte lang dauern

SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll meinte am Freitag in einer Aussendung, dass sich die Regierung schämen müsse. "Mit März endet die Heizsaison und die Menschen haben noch immer kein Geld gesehen. Das ist eine Frotzelei und sozial unverantwortlich", so Schroll. FPÖ-Chef Herbert Kickl wiederum betonte: "Der Energiekostenausgleich ist der nächste Betrug der Regierung an der Bevölkerung." Er sprach von einem "reinen PR-Schmäh" von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Die NEOS wiederholten ihre Kritik, wonach der Kostenausgleich der "nächste Bauchfleck der Bundesregierung" sei.

Michael Strugl, Präsident von Oesterreichs Energie, der Interessenvertretung der E-Wirtschaft, verwies am Freitag im "Ö1-Mittagsjournal" ebenfalls auf die notwendige gesetzliche Basis. Und er gibt zu bedenken, dass die meisten Versorger die hohen Energiepreise noch gar nicht an die Endkunden weitergegeben haben. Dies werde erst kommen. Aus dem Finanzministerium wurde verlautbart, dass an der gesetzlichen Grundlage gearbeitet werde, das Ministerium selbst könne jedenfalls den Kostenersatz nicht abwickeln.

Finanzminister: Haushaltsdaten haben Energieversorger

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sagte dazu in der Mittags-"ZiB" des ORF-Fernsehens, dass die nötigen Informationen jedenfalls nicht aus seinem Ressort, also etwa über FinanzOnline und die ArbeitnehmerInnen-Veranlagung kommen könnten. Brunner: "Bei FinanzOnline ist die Herausforderung, dass wir Einzelpersonen haben, aber bei der Hilfe geht es um Haushalte, und die Haushaltsdaten haben wir in der Finanz nicht, die haben wiederum die Energieversorger."

Damit mag sich wiederum Strugl nicht anfreunden: "Die Unternehmen wollen gar nicht Informationen haben, die auf die Einkommensverhältnisse ihrer Kunden hinweisen, das heißt, das muss man lösen, es muss uns jemand in die Lage versetzen, zu entscheiden, ob jemand diesen Zuschuss bekommt oder nicht", meinte der Branchenvertreter im Fernsehen.

Der Kostenausgleich erfolgt nach den Plänen der Bundesregierung bis zu einer Verdienstobergrenze von rund 5.600 Euro brutto monatlich, bei Mehrpersonenhaushalten bis zur doppelten Höhe. Das Problem ist: Woher sollen die Energieversorger wissen, wie viel ein Kunde verdient und wie groß sein Haushalt ist. Dazu müssten sie diese Daten vom Bund erhalten, und hier beginnen die Bedenken - sowohl beim Datenschutz als auch beim Verwaltungsaufwand.

Ein Gesetz sei notwendig, denn eine Verordnung würde nicht reichen

Grundsätzlich sei dafür ein Gesetz notwendig, denn eine Verordnung würde nicht reichen - und das dauert, weil dies durchs Parlament gehen muss, so der Verfassungsexperte Bußjäger. "Unter vier Wochen wird sich das nicht abspielen", sagte er heute im "Ö1-Morgenjournal". Lohninger meinte ebendort: "Das sind ja durchaus heikle Daten, wo ich zum Beispiel über die Familiensituation etwas herauslesen kann, ob das eine Patchwork-Familie ist oder eine einzelne Person. Und würden jetzt die Energieversorger vom Staat diese Daten bekommen, nur um eine Förderung auszuzahlen, wäre das aus meiner Sicht ganz klar überschießend."

Bußjäger finden Auszahlung über Mehrwertsteuer-Senkung sinnvoller

Als sinnvoller erachtet Bußjäger eine Auszahlung der 150 Euro Energiekostenausgleich über eine Mehrwertsteuer-Senkung, wie dies auch die Opposition fordert. Und auch Lohninger hätte hier keine Bedenken.

Bereits zu Wochenbeginn hatte es aus der E-Wirtschaft geheißen: "Die Netzbetreiber haben nicht die nötigen Informationen - es ginge ja um Millionen Zählpunkte." Man kenne eine Kundennummer, eine Adresse und den Jahresverbrauch - wisse aber zum Beispiel nicht, ob derjenige, der die Stromrechnung bezahlt, überhaupt dort wohnt oder nicht zum Beispiel der Vermieter, der Hausherr ist.

Haushaltsgröße ist den Energieversorgern unbekannt

Auch die Haushaltsgröße sei den Versorgern unbekannt, ebenso ob es sich um Patchwork-Familien, Wohngemeinschaften oder Ähnliches handle. Selbst wenn die nötigen Daten "jetzt schon parat" wären, würden umfangreiche Prozessänderungen von "zwei bis drei Monaten" erforderlich sein. Vor Sommer sei also nicht damit zu rechnen.

SPÖ-Vizeklubchef wirft der Regierung Inkompetenz vor

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried hatte zu der Kritik der Energieversorger gemeint: "Jeden Tag scheitert ein weiteres Regierungsprojekt, wird wieder ein Versprechen gebrochen, offenbart sich die Inkompetenz dieser Koalition - diese Regierung ist wirklich am Ende." NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker erklärte, nach dem Klimabonus und der Impflotterie scheine "der Energiekostenausgleich der nächste Bauchfleck dieser Bundesregierung zu werden.

Gestern hatte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) gemeint, er erwarte für die nächsten Tage eine Lösung mit der E-Wirtschaft. Derzeit würden die Gespräche mit den Energieversorgern "sehr intensiv" laufen. Er peile eine "rechtlich sichere" und "abwickelbare" Lösung an. Die unbürokratische Hilfe - in Summe geht es um rund 600 Mio. Euro - solle wirksam werden, wenn die Haushalte die Mehrkosten spüren. Auf ein bestimmtes Datum wolle er sich aber nicht festlegen: "Wir werden hoffentlich in den nächsten Tagen eine Lösung präsentieren können", sagte Brunner.

(APA/Red)

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