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Eltern drohten wegen möglicher Abschiebung sich und ihre Kinder umzubringen: Prozess

Die Eltern mussten sich nach der Drohung vor Gericht verantworten.
Die Eltern mussten sich nach der Drohung vor Gericht verantworten. ©APA
Weil sie laut Anklage sich selbst und ihre beiden Kinder umbringen wollten, sind zwei Beschuldigte am Donnerstag in Krems wegen dem Vorwurf eines verbrecherischen Komplotts vor Gericht gestanden. Der 37-jährige Vater kündigte der Staatsanwältin zufolge die Tat in einem Schreiben an, sollte die Familie nach Kroatien abgeschoben werden.

Die Familie aus dem Iran befand sich in der Grundversorgung und war in einem Quartier im Bezirk Krems-Land untergebracht. Die Eltern sollen sich laut Anklage zur gemeinsamen Ausführung des Mordes an ihren Kindern im Alter von zweieinhalb und acht Jahren verabredet haben. Aufgrund des Briefes schritten die Behörden ein. Das Paar wurde Anfang Dezember 2017 festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.Sein Mandant habe nie die Absicht gehabt, die Familie umzubringen, sagte der Verteidiger des 37-Jährigen in der Einzelrichterverhandlung. Das Problem sei die Übersetzung. Der Rechtsanwalt der 39-jährigen Frau erklärte, der Brief sei ein “Hilfeschrei” gewesen. Der Anklagevorwurf stütze sich auf eine unverlässliche Quelle, weil der Übersetzer – “ein Teppichhändler” – kein beeideter Dolmetscher gewesen sei.

Der Mann meinte, er sitze wegen einer falschen Übersetzung auf der Anklagebank. Er habe seine Rechtsanwältin mehrmals kontaktiert und um einen persönlichen Termin gebeten. Sie habe aber gemeint, er solle die Probleme schriftlich schildern. In dem Brief an seine Anwältin habe er u.a. Erlebnisse beschrieben, wie sie behandelt wurden.

Pensionist las den Brief und schlug Alarm

Ein Pensionist, der Asylwerber betreut, hatte den Brief des 37-Jährigen gelesen und Alarm geschlagen. Die Angeklagten seien “nervlich komplett am Boden”, meinte der Zeuge. Gleichzeitig betonte er, eine derartige Tat traue er dem Paar nicht zu. Er kenne die Familie seit zwei Jahren, der Vater sei fürsorglich.

Als Zeuge geladen war auch jener Mann, der das Schreiben übersetzt und bei der polizeilichen Beschuldigteneinvernahme gedolmetscht hatte. Der Angeklagte hatte nach Angaben des 61-Jährigen mehrmals gegenüber der Exekutive gesagt, dass eine Abschiebung den Tod bedeute. Der Zeuge hatte einen Satz in dem Schreiben des 37-Jährigen, das er per Foto auf sein Handy erhielt, folgendermaßen übersetzt: “Ich werde die gesamte Familie vernichten und die Verantwortung bleibt bei den Personen, die die Entscheidung getroffen haben.” Ein Polizist berichtete im Zeugenstand, der männliche Angeklagte habe nach Eintreffen der Exekutive in der Asylunterkunft auf Deutsch gesagt: “Lieber schnell alle tot als langsam in Kroatien.”

Angst vor Abschiebung nach Kroatien

Seine Familie sei zuvor einmal nach Kroatien rückgeführt worden, man habe Angst vor einer Abschiebung gehabt, mente der Angeklagte. “Ich schwöre bei meiner Ehre. Sollte das tatsächlich passieren, stirbt meine ganze Familie”, soll er sinngemäß in dem Brief geschrieben haben. Er habe damit gemeint, dass er nicht bereit sei, nach Kroatien zu gehen, sagte der Mann auf Nachfrage der Staatsanwältin laut Übersetzung des Farsi-Dolmetschers. Das Wort “sterben” habe er verwendet, dass man ihm zuhöre.

Der Mann sagte, er habe zu seiner Frau, die sich in schlechtem psychischen Zustand befinde, gemeint: “Sollte es um Sterben gehen, dann sterben wir alle.” Damit habe er seine Gattin beruhigen wollen, das sei keinesfalls ernst gemeint gewesen. Bei der Einvernahme soll der 37-Jährige laut Protokoll ausgesagt haben: “Meine Frau und ich haben beschlossen, wenn wir wieder nach Kroatien gehen müssen, töten wir unsere Kinder und uns selbst.” Außerdem soll er auf die Frage eines Polizisten, wie sie die Kinder umbringen wollten, erklärt haben: “Wir hätten unsere Kinder vergiftet.” Bei der Einvernahme sei er sehr aufgeregt gewesen und unter Druck gestanden, sagte der Angeklagte vor Gericht.

Die 39-Jährige meinte, sie habe mit ihrem Mann nicht darüber geredet, die gemeinsamen Kinder umzubringen. Gegenüber der Exekutive hatte sie laut Protokoll ein derartiges Gespräch eingeräumt. Sie nehme Psychopharmaka und könne sich nicht erinnern, was sie gegenüber der Polizei oder der Haft- und Rechtsschutzrichterin gesagt habe, so die Angeklagte. Auf der Flucht seien sie zweimal beinahe ertrunken, eines der Kinder gehe in Österreich zur Schule. “Wie kann man sich vorstellen, dass mein Mann und ich jemals auf die Idee gekommen wären, unsere Kinder umzubringen?”, fragte die Frau unter Tränen.

Prozess endete mit Freisprüchen

Ein Prozess um den Vorwurf des verbrecherischen Komplotts gegen ein Paar hat am Donnerstag in Krems mit Freisprüchen im Zweifel geendet. Die Einzelrichterin erklärte, es könne nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesagt werden, dass eine ernst gemeinte Vereinbarung vorliege. Die Aussage könnte auch Ausdruck der Verzweiflung gewesen sein. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Richterin erklärte in der Urteilsbegründung, es gebe mehrere mögliche Varianten. Ob die Aussage ernst gemeint war, lasse sich nicht mehr feststellen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwältin keine Erklärung abgab. Die beiden Angeklagten wurden enthaftet.

(APA/Red)

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