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El Kaida-Strategie entschlüsselt

Anschläge vom 11. September wurden mit verschlüsselten Telefonbotschaften vorbereitet - Zynische Wortspiele wurden als Code verwendet.

Ein mutmaßlicher Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 hat im Fernsehen die Strategie des Terrornetzwerks El Kaida dargelegt. Zugleich räumte er erstmals öffentlich die Verantwortung der Organisation für die Terroranschläge auf den US-Zerstörer „USS Cole“ im Hafen von Aden und auf die amerikanischen Botschaften in Kenia und Tansania ein. Bei den Anschlägen in Nairobi und in Daressalam im August 1998 waren 224 Menschen ums Leben gekommen und 5.000 verletzt worden.

„Es ging (bei der Planung des 11. September) vor allem darum, die Zellen untereinander und mit dem Generalkommando in Afghanistan zu verbinden, bis die Zellen bereit waren zur Durchführung“, sagte Ramzi Binalshibh, der in Hamburg mit dem Flugzeugattentäter Mohammed Atta zusammengewohnt hatte. Zu sehen war er in der Sendung „Streng geheim“ des arabischen Fernsehsenders Al Jazeera in der Nacht auf Freitag jedoch nicht. Nur ein Tonband war zu hören.

Der Reporter des Senders mit Sitz in Katar versicherte, er habe Binalshibh und den Präsidenten des Militärkomitees der El Kaida, Khalid Scheich Mohammed, im vergangenen Juni in der pakistanischen Hafenstadt Karachi zwei Tage lang in einer leeren Wohnung interviewt. Binalshibh sagte ihm, die Flugzeugattentäter hätten den Zielen, die sie bei ihren Anschlägen treffen wollten, Codenamen gegeben. Das Pentagon sei als „Kunstakademie“ bezeichnet worden, das World Trade Center als „Fakultät für Stadtplanung“ und der US-Kongress – den die in Pennsylvania abgestürzte Maschine nach dem Willen der Attentäter hätte treffen sollen – als „Juristische Fakultät“.

Mohammed Atta habe der El Kaida einige Tage vor dem Anschlag in einer als Rätsel verschlüsselten Telefonbotschaft das Datum für die Flugzeugattentate genannt, fügte er hinzu. „Er sagte, was sind zwei Stöcke und ein Strich mit einem Kuchen? Da wusste ich, es wird der 11.9.“ (Die Stöcke stehen für die beiden Einser, der Strich mit dem runden Kuchen oben für den Neuner). Binalshibh sagte, er selbst sei kurze Zeit später über Pakistan nach Afghanistan gereist und habe Osama bin Laden informiert. Bin Laden und seine Getreuen hätten die Anschläge in Afghanistan verfolgt. „Wir sahen (im Fernsehen) live zu und haben gebetet: ziel, ziel, ziel.“

Doch die Codenamen für die Terrorziele und das „Rätsel“ von Mohammed Atta waren nicht die einzigen zynischen Wortspiele der Terroristen. In Attas letzter E-mail, die er Binalshibh nach dessen Angaben von den USA aus nach Hamburg schickte, sprach er von “19 Zeugnissen für höhere Studien“ (19 Attentäter) und ließ „Grüße an den Professor“ (Bin Laden) ausrichten. Binalshibh behauptete außerdem, Bin Laden habe vor den Anschlägen auf die US-Botschaften per Fernsehen einen verschlüsselten Hinweis auf die Operation gegeben. Bei einem TV-Interview vor den Anschlägen habe er vor einer Afrika-Karte gesessen und mit seinem Kopf die Staaten Tansania und Kenia verdeckt.

Binalshibh behauptete auf dem Tonband weiter, als El Kaida zweieinhalb Jahre vor dem 11. September mit der Planung für Anschläge in den USA begonnen habe, hätten sich mehr Freiwillige für die Attentate gemeldet, als man benötigt habe. Nach Angaben der Ermittler hätte der Jemenit Binalshibh ursprünglich selbst zu den Attentätern von New York und Washington gehören sollen. Seine Visa-Anträge für die USA seien jedoch stets abgelehnt worden.

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