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Einvernahme im Casag-Verfahren: Schmid belastet Kurz schwer

Kurz wollte von Schmid entlastet werden.
Kurz wollte von Schmid entlastet werden. ©APA
Der ehemalige ÖBAG-Chef und Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, hat im Casag-Verfahren Ex-Kanzler Sebastian Kurz, seinen früheren engen Weggefährten, schwer belastet.
Schmid will Kronzeugenstatus

Kurz habe im Oktober 2021 von ihm verlangt, dass er ihn schriftlich entlastet und ihm alle Chats aushändigt. Kurz habe sehr insistiert, und er sei deswegen auf Tauchstation gegangen, so Schmid.

Schmid belastete Kurz vor WKStA

In mehreren Causen hat der frühere ÖBAG-Chef und Finanzministeriums-Generalsekretär, Thomas Schmid, Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), seinen früheren engen Weggefährten, und auch sich selbst vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) schwer belastet. Kurz sei in die Inseraten-Affäre involviert gewesen, und die ÖVP habe Geld und Strukturen des Finanzressorts für das Fortkommen der Partei und von Kurz missbraucht. Für Kurz' Anwalt sind die Vorwürfe "falsch".

Schmid beginnt seine Aussagen laut Protokoll, das der APA und anderen Medien vorliegt, damit, dass er einen Wandel in sich selbst durchgemacht habe. "Nach meinem Ausscheiden aus der ÖBAG habe ich beschlossen einen neuen Weg zu gehen und einen Schlussstrich zu machen. Ich habe begonnen die ganze Sache aufzuarbeiten. Wir haben Dinge gemacht, die nicht in Ordnung waren", sagt Schmid und geht gleich dazu über, Kurz zu belasten. Und er äußert den Wunsch nach einem Kronzeugenstatus.

Das Umdenken sei auch darauf zurückzuführen, dass er das Gefühl gehabt habe, benutzt zu werden, so Schmid. Kurz habe ihn nach seinem Ausscheiden aus der ÖBAG und den Hausdurchsuchungen im Oktober 2021 unter Druck gesetzt, "die ganze Schuld auf mich zu nehmen" und ihn, Kurz, schriftlich zu entlasten und ihm alle Chats und das Backup zu übergeben. Ein weiterer "ganz wesentlicher Punkt, der mich zum Umdenken bewegt hat, war, dass meine Mutter zu mir gesagt hat, wir haben dich so nicht erzogen, wenn du etwas falsch gemacht hast, dann steh dazu und das mit allen Konsequenzen", so Schmid weiter.

Schmid zu Umfrage-Affäre rund um sogenanntes Beinschab-Tool

Zur Umfrage-Affäre rund um das sogenannte Beinschab-Tool schreibt Schmid: "Ich werde für dieses Faktum die Verantwortung übernehmen und werde voll umfassend aussagen. Die im Akt dargestellte Verdachtslage trifft im Wesentlichen zu." Nichts davon gewusst haben soll Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), denn: "Das ist etwas, das Kurz und ich ausgemacht haben." Er sei "schon nervös geworden", als etwa Vertraute von Kurz, wie Stefan Steiner und Gerald Fleischmann ihn in Zusammenhang mit dem Beinschab-Tool angerufen hatten.

Am "Projekt Ballhausplatz" sei er nicht beteiligt gewesen, gab Schmid zu Protokoll. Steiner und Fleischmann hätten ihn aber wiederholt wegen Inseraten oder Umfragen kontaktiert. Als er dann im Nachhinein vom "Projekt Ballhausplatz" erfahren habe, habe das dann Sinn ergeben und sich der Eindruck erhärtet, "dass sie ihren Plan Punkt für Punkt abgearbeitet haben".

Die Idee zum sogenannten "Beinschab-Tool" habe er erstmals mit Kurz zu dessen Zeit als Außenminister, also jedenfalls vor März 2016 besprochen. Kurz sei davon fasziniert gewesen, dass diverse Akteure unter dem damaligen SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann eng mit der Meinungsforscherin Sophie Karmasin zusammengearbeitet hätten, was ihnen Einfluss auf Umfrageergebnisse ermöglicht hätte. Kurz war damals noch nicht Parteiobmann, daher habe er es auch nicht über die Partei finanzieren könne. Kurz sei klar gewesen, dass es nur über das Finanzministerium finanziert werden könne, so Schmid: "Das Gespräch mit Kurz war für mich der Ausgangspunkt. Für mich war das ein Auftrag vom angehenden Chef, und ich war voller Tatendrang", gab er zu Protokoll.

Schmid will mit Karmasin gesprochen haben

In weiterer Folge habe er mit Karmasin darüber gesprochen, die seiner Erinnerung nach "sofort an Bord gewesen sei". Weil sie aber Ministerin war, habe sie ihn an Beinschab verwiesen. Zunächst habe man aber Karmasin überzeugen müssen, in der Regierung zu bleiben.

Karmasin habe dann auch die Tageszeitung "Österreich" ins Spiel gebracht, mit der sie offenbar schon parallel Gespräche geführt habe. Sie organisierte laut Schmid dann auch ein Treffen. Dabei sei darüber gesprochen worden, dass "Österreich" künftig nicht mehr mit Gallup sondern mit der Meinungsforscherin Beinschab zusammenarbeiten soll. Dafür habe "Österreich" Zugang zu Inseraten und Studien des Finanzministerium bekommen. Schmid fasst den Modus Operandi wie folgt zusammen: "Zu diesem Zeitpunkt war es so, dass die Finanzierung so ausschauen sollte: Die Fellner-Gruppe zahlt Beinschab die Sonntagsumfrage und auch die Zusatzfragen im Rahmen dieses Vertrages. Klar war aber (...) dass dafür vom Finanzministerium Inserate geschaltet werden." Bei den Aufträgen habe es immer eine Gegenleistung des Finanzministeriums gegeben.

Schmid: "Habe dieses Tool für Kurz umgesetzt"

Auf die Frage ob Kurz klar gewesen sei, dass die Finanzierung über das Finanzministerium lief, sagte Schmid laut Protokoll: "Ja, das war ihm klar. Mir ist ganz wichtig zu betonen, dass ich dieses Tool nur deswegen umgesetzt habe, weil ich von Kurz den Auftrag bekommen habe. Ich habe dieses Tool für Kurz umgesetzt." "Kurz hat über das gesamte Tool - wie schon von mir geschildert - Bescheid gewusst", sagte Schmid aus. Es sei "gemeinsam mit Kurz entwickelt" worden.

Zur Verrechnung erklärte Schmid, dass sich bei Beinschab Rechnungen für Umfragen angesammelt hätten, die von "Steiner, Kurz und mir beauftragt" worden seien und "sie nicht gewusst hat, wie und wem sie diese legen und ihre Leistungen verrechnen soll". Er habe dann mit ihr besprochen, dass "wir eine Studie aus dem BMF in Auftrag geben und sie diese Rechnungen in diese Studie hineinrechnen soll".

2016, als das Tool im Aufbau gewesen sei, habe sich die Frage der Finanzierung gestellt - denn man wollte ja auch Fragen anhängen, die nicht Finanzressort-relevant waren, wie Schmid erläuterte. "Am naheliegendsten wäre es natürlich gewesen, wenn das die ÖVP bezahlt hätte, weil diese Fragestellungen ja in ihrem Auftrag und in ihrem Interesse waren. Das ist aber nicht gegangen, weil Kurz zu diesem Zeitpunkt noch keinen Zugang zu den ÖVP-Ressourcen hatte, weil er noch nicht Parteiobmann war", erklärte Schmid. "Daher wählten wir den Weg über diese Studien." Die Frage, ob Fleischmann, Frischmann, Steiner, Pasquali und Kurz das gewusst hätten, bejahte Schmid.

In weiterer Folge hätten Frischmann und Pasquali die Umsetzung des Tools übernommen. Ihn habe es auch nicht mehr besonders interessiert, denn es sei "nicht besonders erfolgreich" gewesen, befand Schmid. Ursprünglich sei es nämlich das Ziel gewesen, dass man zwar mit "Österreich" beginnt, aber dann "eine Meinungsforscherin aufbaut, die auch in den österreichweit wichtigen Medien, wie etwa dem ORF, anderen TV-Formaten oder Bundesländerzeitungen eingeladen wird und dort ihre Umfragen und Kommentare veröffentlichen kann". Das, so Schmid, "hätte nämlich die erforderliche Breitenwirkung gehabt".

Das Tool sei auch unter dem nächsten Finanzminister Hartwig Löger weitergeführt worden, unter Einbindung der Pressesprecher, gab Schmid an.

Schmid: "Keine Wahrnehmung"

Gefragt nach der Rolle von Kurz' Lebensgefährtin Susanne Thier, die im Finanzressort tätig war, gab Schmid an, "keine Wahrnehmungen" darüber zu haben, ob sie "über das Beinschab-Tool in Kenntnis war". Kurz habe sich einmal bei ihm für eine Gehaltserhöhung seiner Freundin eingesetzt, mit Verweis auf die hohe Arbeitsbelastung und viele Abendveranstaltungen. Daraufhin sei er aktiv geworden und "meiner Erinnerung nach wurde das auch so umgesetzt".

Es sei darum gegangen, dass das Finanzministerium nicht als offizieller Auftraggeber erschienen sei, aber die Umfragen seien real gewesen. Diese habe es gegeben. Zum System im allgemein wolle er sagen, so Schmid, dass mit "Österreich" ausgemacht gewesen sein, dass sie Umfragen machen und dafür den Zugang zum Finanzministerium bekommen. "Das Zugang zum Finanzministerium bedeutet, Geld über Inserate", so Schmid zur Inseraten-Affäre.

Im Zusammenhang mit Umfragen erklärte Schmid, dass er "immer nur dann aktiv geworden" sei, wenn er von Kurz, Fleischmann und Steiner "angesprochen und aufgefordert" worden sei. "Ich bin nie selbst initiativ geworden." Kurz habe ja "gewusst", "dass das Umfragetool jetzt läuft", sagte Schmid. "Er hat mich dann kontaktiert, wenn er sich konkrete Umfragen gewünscht hat und hat mir bekannt gegeben, welche Umfragen zu veranlassen wären." Später seien diese Wünsche dann auch von Fleischmann und Steiner gekommen.

Schmid verwies auf Zeitgründe

Freigaben für Umfragen habe er sich auch bei Kanzlersprecher Johannes Frischmann - der "die Betreuung des Tool" von ihm "übernommen gehabt hatte" - geholt. Er habe Frischmann bereits zu einem frühen Zeitpunkt in das Beinschab-Tool involviert, weil er aus Zeitgründen nicht in der Lage gewesen sei, "die ganze manipulative Abwicklung selber zu machen", gab Schmid an.

Fragen, die für das Finanzministerium relevant gewesen seien, seien auch mit dem damaligen Finanzminister Hansjörg Schelling abgesprochen worden - er glaube aber nicht, dass Schelling "im vollen Umfang davon wusste", meinte Schmid. Schelling habe sicher "grundsätzlich" von der Zusammenarbeit mit "Österreich" gewusst, aber "ich glaube nicht, dass er von der Finanzierung gewusst hat".

Schmid gibt in seiner Einvernahme nicht nur an, dass sowohl Wolfgang als auch Helmuth Fellner "über alles Bescheid wussten". Aufgrund des Chatverlaufs rund um eine "Österreich"-Geschichte zu einem angeblichen Grundstückskauf Schellings am Mondsee schließt die Staatsanwaltschaft im Protokoll auch, dass auch Karmasin "über die Abmachung informiert war".

Beinschab wurde Kronzeugenstatus zuerkannt

Zur Meinungsforscherin Sabine Beinschab selbst - ihr wurde der Kronzeugenstatus in der Causa bereits zuerkannt - meint Schmid, diese sei ihm von Ex-Ministerin Sophie Karmasin (ÖVP), gegen die in der Causa ebenfalls ermittelt wird, vorgestellt worden. In weiterer Folge sei es so gewesen, "dass ich mich im Detail nicht immer um alle Dinge kümmern konnte, sodass ich sie gebeten habe, die Details mit Frischmann zu besprechen".

Schmid über Beziehung zu Kurz

Seine Beziehung zu Kurz beschreibt Schmid als "berufliche Freundschaft". "Aus meiner Sicht war es so, dass das Verhältnis zu Kurz davon abhängig war, wie sehr er mich in gewissen Phasen seiner Tätigkeit gebraucht hat." Und: "Ein wesentlicher Aspekt, bei dem mich Kurz brauchte, war die Organisation des Beinschab-Tools."

"Ich habe Kurz und die ÖVP aus dem BMF heraus gefördert, die Ressourcen des BMF genutzt, um das Fortkommen der ÖVP unter Sebastian Kurz zu unterstützen. Dies umfasst Personal im Kabinett, Personalbesetzungen, 'wordings', Berechnungen, Vorbereitungen für Verhandlungen einer neuen Regierung, Personalbesetzungen und dies auch manchmal am Minister vorbei für Sebastian Kurz und seine Zwecke."

Schmid laut Protokoll weiter: "Im Wissen, dass Inserate des BMF nicht zu Wahlkampfzwecken der ÖVP geschaltet oder bezahlt werden dürfen, hat das BMF rund um den Wahlkampf 2017 Inserate in allen Medien geschaltet." Der Sprecher von Kurz habe ihm gesagt, dass die Inserate des BMF "auf Kurz zu buchen" seien. Damit habe der Sprecher gemeint, dass Kurz vorgeben könne, welche Themen und welche mediale Berichterstattung als Gegenleistung dafür in der Mediengruppe "Österreich" platziert würden. "Als ich noch im BMF gearbeitet habe, war es so, dass ich im Bundeskanzleramt bekannt geben und 'einmelden' musste, welches Werbebudget und welche und welche Inseratenbudgets das BMF verwendet hat."

Schmid sagt weiters aus, dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) bei ihm interveniert habe, Steuerprüfungen bei der "Alois-Mock-Stiftung oder beim Alois-Mock-Institut" sowie bei der "Erwin-Pröll-Stiftung" abzustellen. "Es ist dann im Sinne von Mag. Sobotka erledigt worden."

Kurz-Anwalt: "Von Schmid aufgestellten Behauptungen falsch"

Kurz' Anwalt Werner Suppan wies die Vorwürfe in einer knappen schriftlichen Stellungnahme zurück: "Die von Schmid aufgestellten Behauptungen sind falsch." Schmid hoffe, "indem er alle anderen anpatzt und beschuldigt, den Kronzeugenstatus erwirken zu können", meinte der Anwalt. "Seine Beschuldigungen sind falsch und das wird auch noch bewiesen werden", glaubt Suppan.

(APA/Red)

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