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Einsame Wölfe: Der "Albtraum" für Terrorbekämpfer

In Großbritannien ist die Terrorbekämpfung eine Frage der nationalen Ehre
In Großbritannien ist die Terrorbekämpfung eine Frage der nationalen Ehre ©EPA (Themenbild)
"Terrorverdächtige festgenommen!" - Die Eilmeldung flimmert über die Kanäle der britischen Nachrichtensender beinahe im Tagesrhythmus. Jede Woche werden in Großbritannien mutmaßliche Terrorverdächtige festgenommen - und zu einem guten Teil wenig später wieder freigelassen. Der Inselstaat tut deutlich mehr als viele andere, um ein zweites Attentat wie 2005 auf die Londoner U-Bahn zu verhindern.

Während Kritiker die Grenze zur Paranoia überschritten sehen, ist es für die Befürworter der harten Hand eine Frage der “Nationalen Sicherheit”.

Wenn die Privatsphäre dem Schutz zum Opfer fällt

Großbritannien gibt viel, um im Kampf gegen den Terror Sieger zu bleiben. Das ganze Land ist mit Millionen von Überwachungskameras übersät. Der Schutz privater Daten und der Privatsphäre ist praktisch geopfert: Die Polizei braucht für das Anzapfen von Telefonen und Computern nicht einmal einen richterlichen Beschluss. Was der Abhördienst GCHQ sonst noch so macht, darüber hatte Whistleblower Edward Snowden einen ersten Eindruck vermittelt.

“Die meisten einsame Wölfe sind gar nicht so einsam”

Doch hilft das alles, um “Einsame Wölfe” zu bekämpfen, Terroristen, die ohne Anbindung an ein Netzwerk wie Al-Kaida operieren? “Ja”, sagt Professor Peter Neumann, Leiter des Zentrums für Studien zu Radikalisierung und politischer Gewalt am renommierten Londoner King’s College. “Die meisten einsamen Wölfe sind gar nicht so einsam”, betont er. In den meisten Fällen gebe es in sozialen Netzwerken, auf Telefonen oder Computern irgendwelche Spuren. “Viele von ihnen sind polizeibekannt”, sagt Neumann.

Quote mental kranker Täter auffallend hoch

Und die Quote mental kranker Täter sei bei ihnen auffallend höher als bei anderen Terroristen. Polizei und Geheimdienste schauen sich gerade sehr genau eine Studie an, die der australische Soziologe Ramon Spaaij im Auftrag des US-Justizministeriums vorgelegt hat. Er kommt zu dem Schluss, dass psychische Krankheit bei “Einsamen Wölfen” bisher deutlich unterschätzt worden sei, auch wenn es bei weitem nicht die einzige Ursache für Ausbrüche von Gewalt sei. Der australische Forscher spricht von einem “tödlichen Cocktail” aus Ideologie und mentaler Krankheit.

Bereits auf dem Radar der Sicherheitsbehörden

So auch beim Geiselnehmer von Sydney – er war bereits wegen schwerwiegender Delikte angeklagt, galt zuletzt als fanatisiert und psychisch belastet. So auch bei den Tätern, die am 22. Mai 2013 den britischen Soldaten Lee Rigby auf offener Straße und mit bestialischer Brutalität niedermetzelten. In beiden Fällen waren die späteren Täter bereits zuvor auf dem Radar der Sicherheitsbehörden. In beiden Fällen kamen sie zu spät.

Fehlerquote besonders hoch

Die britischen Behörden wissen, dass sie sich den Einsamen Wölfen mehr und mehr zu widmen haben. Der Chef der Londoner Polizeibehörde Scotland Yard, Bernard Hogan-Howe, machte jüngst in der BBC die Schwierigkeiten deutlich. “Wir haben eine sehr kurze Zeitspanne zum Zugriff”, sagte er. Und das führt zum nächsten Problem. “Die Fehlerquote ist bei einsamen Wölfen besonders hoch”, sagt Professor Neumann.

“Sie sind extrem schwer zu stoppen”

Die Kunst der Ermittler bestehe darin, zum richtigen Zeitpunkt zuzuschlagen. Reagiert die Polizei zu früh, trifft man womöglich die Falschen oder hat nicht genug Beweise. Wartet man zu lange, ist die Tat bereits begangen. Der niederländische Terrorexperte Edwin Bakker, Leiter des Zentrums für Terrorismus und Terrorbekämpfung an der Universität Leiden, bezeichnet die Einsamen Wölfe als “Albtraum” für die Terrorbekämpfer. “Sie sind extrem schwer zu stoppen.” (APA/dpa/red)

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