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Einmalig: Raffael-Ausstellung in der Wiener Albertina

Kunstliebhaber freuen sich auf den Start der Raffael-Ausstellung in der Wiener Albertina.
Kunstliebhaber freuen sich auf den Start der Raffael-Ausstellung in der Wiener Albertina. ©APA
Morgen eröffnet die neue Raffael-Ausstellung in der Wiener Albertina. Kunstfreunde sind angesichts der einmaligen Gelegenheit schon ganz aus dem Häuschen.

Die chronologisch angelegte Ausstellung, laut Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder nach Van Gogh und Michelangelo die dritt-teuerste in der Geschichte des Hauses, bietet die unglaubliche Fülle von 130 Zeichnungen und 18 Gemälden. Verantwortlich dafür sei, so Schröder heute bei einer Presseführung, die “überwältigende Bereitschaft” von unzähligen hochkarätigen Leihgebern, zum Gelingen der Schau beizutragen, sowie der Umstand, dass mit dem Ashmolean Museum in Oxford, das mit rund 100 Raffael-Zeichnungen über den größten diesbezüglichen Bestand verfügt, ein “wunderbarer Kooperationspartner” gefunden wurde. Aus Oxford, wo die Ausstellung “Raphael: The Drawings” Anfang September zu Ende ging, kommen etwas weniger als 40 Zeichnungen, in etwa genauso viele wie aus der Albertina, wo der Gesamtbestand 50 Blätter beträgt.

Raffael: Feinste Feder-, Rötel- und Kreidezeichnungen.

Schon Oxford bewarb seine Zeichnungs-Schau als “once-in-a-lifetime exhibition”. Welche Superlative soll man nun also gebrauchen, wenn Gemälde aus aller Welt hinzukommen und belegen, wie die bereits an sich spektakulären Zeichnungen Form und Farbe gewannen? “Jede Zeichnung Raffaels führt ein Doppelleben”, so Schröder. “Jede Zeichnung ist ein Kunstwerk sui generis. Auf der anderen Seite ist die Zeichnung für Raffael nur ein Durchgangsstadium.” Und so war es der Ehrgeiz des Kurators Achim Gnann, alle bedeutenden Projekte dieses mit nur 37 Jahren gestorbenen Genies der italienischen Hochrenaissance (1483-1520) aus allen seinen Schaffensperioden nach Möglichkeit in allen seinen Entstehungsphasen zu dokumentieren. Ein hoher Anspruch, den man in mehrjähriger Arbeit einlösen konnte.

Natürlich schmerzt es den Wiener Ausstellungsbesucher etwa, wenn ausgerechnet die “Madonna im Grünen” zwar mit je einer schönen Entwurfszeichnung aus dem Ashmolean und der Albertina vertreten ist, darunter aber nur ein kleiner Print des im Kunsthistorischen Museum hängenden Originals angebracht ist. Eine Leihgabe wurde aus konservatorischen Gründen verweigert. “Das KHM bewegt das Gemälde gar nicht”, erklärt Schröder. “Ich verstehe das völlig.”

Bei den vielen Fresken arbeitet Ausstellungsarchitekt Martin Kohlbauer, von dem auch das noble, mit Rot und Blau arbeitende Farbkonzept der überwältigenden Schau stammt, mit geschickt platzierten Blow-ups von Schwarz-Weiß-Fotos der Original-Orte, während er etwa die von Raffael und seiner Schule ausgemalten päpstlichen Gemächer des Vatikan-Palastes als kleines Modell zeigt.

Euphorie über Raffael-Ausstellung in der Wiener Albertina

Immer neue Anläufe unternimmt die bis 7. Jänner laufende und von einem umfangreichen Katalog begleitete Schau, tatsächlich alle Entwicklungsstadien von der raschen Skizze über Figuren- und Detailstudien, Gesamt- und Kompositionsstudien, bis hin zum “Modello” und dem endgültigen Gemälde zu dokumentieren. Einer der seltenen erhaltenen letzten Kartons (ein Pferdekopf für die “Vertreibung des Heliodor”) zeigt die hohe Expressivität und Plastizität, die ein Kunstwerk schon vor seiner Übertragung auf das endgültige Trägermaterial hatte.

Bei Raffaels Stich des “Bethlehemitischen Kindermords” ist es gelungen, die Entwurfsfolge nahezu lückenlos zu dokumentieren. Die Dramatik im Ausdruck und der Körperbewegung selbst kleinster Vorzeichnungen besticht immer wieder. Jede von Raffaels Figuren führe ein autonomes Eigenleben, erläutert Gnann.

Ein solches Eigenleben führt auch das Jesuskind, das auf den unzähligen zusammengetragenen Madonnen-Bildnissen in immer neuen Variationen zu sehen ist. Immer wieder erscheint es selbstvergessen spielend – fast ein Tabubruch für die damalige Zeit. Exemplarisch ist das Gelingen der Ausstellung an der “Madonna dell’ Impannata” aus dem Palazzo Pitti zu sehen: In Sichtweite des faszinierenden Porträts seines damaligen Auftraggebers, des Mäzens Bindo Altoviti, ist nicht nur das extra für die Ausstellung restaurierte und in überraschendem Farbglanz erstrahlende großformatige Gemälde, sondern auch die geschlossene Serie aller erhaltenen Vorzeichnungen ausgestellt. “So haben Sie dieses Bild in Florenz noch nie gesehen”, strahlt auch Schröder.

Auch fünf “neue” Raffaels präsentiert die Ausstellung. In intensiven Vergleichsstudien hat Gnann manche Raffael-Zuschreibung von einst, die durch kritische Kollegen in den vergangenen Jahrzehnten zurückgenommen wurde, erneut als Original des Meisters erkannt. Es sei eben eine laufende Diskussion, sagt Gnann. Die Ausstellung liefert für ihre Weiterführung viele gute neue Argumente. Dem Publikum liefert sie aber eine Jahrhundertchance, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Und ein anschließender Spaziergang in die Gemäldegalerie des KHM, zu der im Saal III hängenden “Madonna im Grünen”, kann auch nicht schaden.

(APA/Red)

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