In dem 72-minütigen Film, der auch schon auf der Diagonale zu sehen war, spricht die junge Wiener Regisseurin Anna Katharina Wohlgenannt mit Menschen, die im Februar 1984 dem Solidaritätsaufruf der sandinistischen Revolutionsbewegung in Nicaragua folgten und in den Süden des Landes reisten, um mitten im Urwald ein Gemeindezentrum zu bauen. Anders als der Titel sagt, wird sehr viel geredet, zumindest im Film – und das wird mitunter anstrengend, auch wenn das Thema Potenzial hat. Am Freitag (8.) startet die Doku in den österreichischen Kinos.
1979 hatte die sandinistische Revolution die Somoza-Diktatur besiegt. Doch sie gerät Ende 1983 ins Wanken: Die USA will einen Guerillakrieg der Contrags gegen die sandinistische Regierung unterstützen, sich einmischen. Ein “Hilferuf” der Regierung folgt, die Sandinisten wenden sich an die internationale Solidarität. Und 50 Österreicher reisen als Arbeitsbrigade “Februar ’34”, in Anlehnung an den österreichischen Bürgerkrieg 1934, nach Nicaragua. Spontan, furchtlos, gemeinschaftlich. “Die Motivation war die, Nicaragua in einer schwierigen Zeit zu unterstützen, Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit herzustellen und die US-Invasion zu verhindern”, erzählt eine Protagonistin. “Wir wollten etwas tun.”
Zwei Teilnehmer der Brigade, Helmut Stockhammer und Ilse Stockhammer-Wagner, halten in ihrem privaten Film “Sandino Vive” die Geschehnisse fest, dokumentieren den Bau des Zentrums. Katharina Wohlgenannt stützte ihre Recherche und Interviews auf diese Aufnahmen, verbindet sie mit Gesprächsausschnitten. Sie hat die Teilnehmer von damals ausfindig gemacht, immerhin 14 konnte sie für ihren Film gewinnen. Sie fragt nach Beweggründen, Folgen und Gedanken der Brigadeteilnehmer. Interessant dabei ist vor allem die Zusammensetzung der Brigade: Mitglieder der katholischen Jugend stürzten sich ebenso ins Abenteuer wie Alternative, Gewerkschafter und “Hardliner mit altkommunistischen Gedanken”, wie eine Protagonistin sagt. Einige von ihnen haben ihre damalige politische Einstellung in die Gegenwart übertragen, sie adaptiert. Andere haben sie komplett abgelegt, sehen ihren Aktionismus damals als “Ausleben in der Jugend”.
So unterschiedlich die einzelnen Protagonisten sind, sie alle sind sich heute darüber einig, dass bei ihrer damaligen Entscheidung, nach Nicaragua zu reisen, vor allem Naivität mitgespielt hat. Einige gehen äußerst kritisch an die Ereignisse von damals heran; so erzählt eine Protagonistin, dass “das ständige Anstoßen auf die Revolution” immer “eine bisserl zweischneidige Sache” war. “Wir dachten, wir wissen wie die Welt läuft und müssen es den armen Menschen erklären”, erzählt eine Andere. Sie seien mit der Einstellung hingereist, man könne instinktiv zwischen Gut und Böse unterscheiden – “dabei war das alles viel komplexer”. Kritische Einblicke wie dieser sind interessante Momente, die jedoch schnell verfliegen.
Es wird sehr viel geredet in “Einmal mehr als nur reden“. Einige Fragen bleiben trotzdem offen: Wie sich das Leben der ehemaligen Brigadeteilnehmer nach ihrer Rückkehr gestaltet hat, wird kaum behandelt, nur zwei Protagonistinnen erzählen von ihrem politischen Engagement, das auf die ungewöhnliche Erfahrung folgte. Eine Rekonstruktion der damaligen Ereignisse darf man sich bei diesem Film nicht erwarten, zu widersprüchlich sind die Eindrücke; die einzelnen Erinnerungsfetzen schaffen kein Gesamtbild. Die Filmaufnahmen von einst sind sehr spärlich eingesetzt, die Protagonisten selbst werden während des Films nicht vorgestellt, erst im Abspann lernen wir sie kennen. Ein Umstand, der bei 14 Teilnehmern durchaus verwirren kann.