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Einigung hilft Palästinensern nicht

Die Idee klang so gut, dass es selbst Ariel Sharon anfangs schwer fiel, sie völlig zu ignorieren. Doch Sharon nimmt den arabischen Friedensvorschlag ohnehin nicht ernst.

Das islamische Königreich Saudiarabien, das konservativste Land der arabischen Welt, bot dem jüdischen Staat Sicherheitsgarantien und „normale Beziehungen“ zu seinen arabischen Nachbarn an, also im Prinzip alles, was sich die Israelis seit mehr als fünfzig Jahren wünschen. Der Preis, den sie dafür zahlen sollten, erschien zumindest den Arabern nicht zu hoch: Der Rückzug auf die Vorkriegsgrenzen von 1967, die Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates mit der Hauptstadt Ostjerusalem und eine faire Lösung für die palästinensischen Flüchtlinge von 1948.

Doch dann kamen die radikalen arabischen Staaten unter Führung Syriens und schossen die saudische Friedenstaube ab, bevor sie überhaupt nach Israel fliegen konnte. Sie sorgten dafür, dass die Arabische Liga in ihrer Abschlusserklärung in Beirut nicht nur den Friedensvorschlag präsentierte, sondern zugleich zum Abbruch aller Kontakte mit Israel und zu einer Wiederbelebung des arabischen Wirtschaftsboykotts gegen Israel aufrief. Die so genannten gemäßigten Staaten – Ägypten, Jordanien und Katar – schickten nur die zweite Garnitur in die libanesische Hauptstadt, weil sich noch vor Beginn abzeichnete, dass der Gipfel von den Vertretern eines kompromisslosen Kurses gegenüber Israel dominiert werden würde. Beinahe wäre der Gipfel, der vom schlimmsten palästinensischen Selbstmordattentat der letzten Monate in der israelischen Küstenstadt Netanya überschattet wurde, bereits nach wenigen Stunden geplatzt.

Die Palästinenser, deren Rechte in Beirut eigentlich im Mittelpunkt stehen sollten, verließen unter Protest den Saal, weil der libanesische Staatspräsident Emile Lahoud die Übertragung einer Rede von Präsident Yasser Arafat aus Ramallah verhinderte. Arabische Diplomaten erklärten später hinter vorgehaltener Hand, diese „Provokation“ sei von Syrien geplant worden. „Hätte es wirklich sein müssen, dass die Araber ihre internen Konflikte in Beirut vor der ganzen Welt breittreten?“, fragt der Chefredakteur der arabischen Tageszeitung „Al Hayat“, George Semaan, in einem Kommentar.

Zwar kehrten die Palästinenser am Donnerstag nach mehreren nächtlichen Vermittlungssitzungen zum Gipfel zurück und Arafat forderte die streitenden arabischen Brüder in Beirut auf, sich doch bitte um der Sache willen zusammenzuraufen. Doch wirklich helfen konnten die Araber Arafat nicht, der in Ramallah festsitzt und am Donnerstag auf einen israelischen Vergeltungsschlag wartete.

Auch hat der israelische Ministerpräsident bereits klar gemacht, dass er den arabischen Friedensvorschlag ohnehin nicht ernst nimmt. „Was wollen sie denn jetzt machen – Sharon hat doch schon gesagt, dass ein Rückzug aus den 1967 besetzten Gebieten in seinen Augen die Zerstörung Israels bedeuten würde?“ fragte ein Journalist nach dem Ende des Gipfels in Beirut. „Unser Ansprechpartner ist nicht Sharon“, gab ihm der libanesische Außenminister Mahmoud Hammoud zur Antwort. Damit drückte er aus, was nicht nur die Monarchen, Staatschefs und Minister in Beirut denken, sondern auch die meisten Menschen in den arabischen Staaten. Sie alle hoffen, dass die Ära Sharon bald zu Ende gehen wird wie eine Krankheit oder ein schlechter Traum.

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