Als Zeithorizont für die Einigung auf eine Regierung peilt der Bürgermeister den Abend des 3. November an: “Das absolute Limit sind die Budgetverhandlungen und der Budgetgemeinderat.” Dieser soll Ende November stattfinden: “Bis dahin sind wir fertig.”
Beim Themenbereich Bildung wäre es mit der ÖVP schwierig geworden, bei den Grünen werde es nun bei der Stadtentwicklung und Verkehr komplexer. Am Ende gelte jedoch: “Man wird sich über Straßen leichter einigen können als über Bildung.” Die Grünen hätten sich einfach als stabiler Faktor erwiesen: “Vor der Wahl war das ja anders mit den entsprechenden Zerfallsprozessen in den Bezirken, die wir natürlich auch nicht vergessen.” Letztlich sei die Entscheidung der SPÖ jedoch einstimmig erfolgt: “Am Ende des Tages war für die Freunde – und zwar für alle Freunde – klar: Ja, wir wollen dem Vorschlag des Vorsitzenden folgen.”
In der Verhandlungszeit sollen sich nun acht Gesprächsgruppen treffen, die von je einem Vertreter der Parteien selbstverantwortlich geführt werden und die weitere Personen beiziehen können. “Jeder ist verantwortlich und erfahren genug zu wissen, dass 50er-Gruppen nicht rasch zu einem gewünschten Abschluss kommen”, zeigte sich Häupl zuversichtlich, dass der Verhandlungspartner nicht allzu viel Personen dazubitten werde. Er selbst wolle die beiden Gruppen “Internationales Wien – Wien in Europa” und “Sicherheit” führen.
Wie groß eine künftige Stadtregierung sein werde und über personelle Besetzungen wollte Häupl zu diesem Zeitpunkt noch nicht sprechen, was auch für eine etwaige Beteiligung des grünen Vorzugsstimmenkaisers Alexander Van der Bellen gelte: “Koalitionen werden zwischen Parteien abgeschlossen, nicht zwischen Personen.”
Einen kleinen Seitenhieb auf die Grünen bezüglich der Anzahl etwaiger Stadträte konnte sich Häupl jedoch nicht verkneifen: “Das legt der Herr D’Hondt fest und nicht ich.” Und nach dem D’Hondt’schen Verteilungsschlüssel würde die ÖVP zwei, die Grünen hingegen nur einen Stadtrat erhalten: “Eine Mathematik, dass die Grünen zwei Stadträte bekommen, die gibt es nicht.”
Zugleich setzt Häupl auf Kontinuität: “Bei Wirtschaftsfragen werden wir natürlich die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer in bewährter Zusammenarbeit fortführen.” Insofern erwarte er sich auch keine Auswirkungen seiner Entscheidung auf den Bund: “Ich kann in Rot-Grün keine Gefährdung der Stabilität der österreichischen Bundesregierung sehen.”
Die Entscheidung gegen Koalitionsgespräche mit der ÖVP habe auch nichts mit der kurz vor der Wahl erfolgten Abschiebung zweier Kinder in den Kosovo zu tun: “Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich mich nicht von Befindlichkeiten leiten lasse.” Natürlich habe er mit der Aktion unter der Ägide von Innenministerin Maria Fekter (V) keine Freude gehabt, was aber keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Verhandlungen gehabt habe: “Es haben keine Einzelfaktoren gewirkt, sondern sicherlich ein Gesamtbild, das viele Freunde nicht nur in den Wahlen, sondern auch nach den Wahlen gewonnen haben.”
Überdies seien die “Sondierungsgespräche” von Beginn an offen geführt worden: “So gesehen kann man von einem Scheitern mit der ÖVP nicht sprechen.” Die Gerüchte, wonach die ÖVP angeboten habe, für eine Koalition Parteichefin Christine Marek fallen zu lassen, verwarf Häupl: An ihn sei dieses “unkeusche” Ansinnen nie herangetragen worden. Dies wäre auch kein Zeichen für Stabilität einer Partei gewesen: “Man nimmt den Verrat, aber nicht den Verräter.”