Nach zwölf Stunden und fast 120 Kilometern in den Beinen hatte sich der Lustenauer nicht nur ein Bier verdient, sondern den Ultramarathon in Dornbirn gewonnen. Und das bereits zum zweiten Mal. Warum er sich eine solche Tortur antut? „Die Frage stellt man sich spätestens nach den ersten drei Stunden selbst auch“, sagt der 45-Jährige lachend. Und? „Es ist der Reiz, hin und wieder an seine Grenzen zu gehen“, kommt die Antwort postwendend.
Ins Loch gestolpert
Dabei wollte Walter Scheffknecht heuer gar nicht mitmachen. „Zwölf Stunden sind nun einmal lang“, sinniert er im Rückblick und dreht das Bierglas gedankenverloren in der Hand. Am Samstagabend, kurz vor Nennungsschluss, hat er sich dann doch noch bei dem von der Freien Montessorischule in Altach organisierten Nachtlauf angemeldet. Die Frau sei die treibende Kraft gewesen, erzählt der Zollbeamte. Ihr Argument, er könne ja jederzeit aufhören, überzeugte ihn schließlich.
Aber so optimal wie im letzten Jahr, als er es auf 130 Kilometer brachte, lief es diesmal nicht. Nach knapp sechs Stunden stolperte der Hobbyläufer in ein Loch. Die große Sinnkrise machte sich breit. “ Ich war nahe daran, aufzugeben“ , gesteht Scheffknecht. Eine Massage brachte ihn dann jedoch wieder auf die Füße. “ War wohl nur eine Kopfsache“ , murmelt er. Jedenfalls ging es weiter. Auch dank einiger “ Beißer“ , die ihr Zugpferd nicht so einfach gehen lassen wollten. Gleich zu Beginn hatten sich die Schnellsten zusammengerottet und das Tempo bestimmt. Auch Walter Scheffknecht ließ sich mitziehen. Was ihm, wie gesagt, nicht sonderlich gut bekam – dem Tempobolzen übrigens auch nicht – und was er nie wieder tun würde. Im Gegensatz zu seinem Mitläufer raffte sich der Lustenauer aber noch einmal auf und beendete das Rennen als Sieger.
Laufschuhe statt Rad
Quälen, schinden, mühen: Dennoch mag Walter Scheffknecht den Nachtlauf. Obwohl er bei seinem ersten Antreten “ dem Tod nahe war“ . Aber die familiäre Atmosphäre und die Begeisterung, mit der jeder Teilnehmer bedacht wird, egal ob er zehn oder hundert Runden läuft, entschädigen für vieles. Der drahtige Mann atmet tief durch und nimmt einen großen Schluck aus seinem Glas. “ Das Bier schmeckt traumhaft“ , schwärmt Scheffknecht, der über das Rennradfahren zum Laufen gekommen ist. Auf drei großen Touren erlebte er drei Unfälle, in die Motorradfahrer verwickelt gewesen waren, die ihn erst kurz vorher überholt hatten. “ Es hätte auch mich erwischen können“ , sagte er sich und sattelte um. Im Herbst 1999 verkaufte er das Rad, legte sich Laufschuhe zu und ging bereits ein halbes Jahr später beim Wien-Marathon an den Start. Inzwischen hat der Hobbyläufer jede Menge an Kilometern in den Beinen. Jene des Nachtlaufes werden wohl nicht die letzten gewesen sein. Oder? Walter Scheffknecht schmunzelt. Letztes Jahr wollte er bei diesem Ultramarathon auch nicht teilnehmen. Er ging an den Start. Das gleiche Spiel heuer: Also: “ Sag niemals nie“ , meint er kryptisch.
ZUR PERSON
- Walter Scheffknecht
- Geboren: 30. Dezember 1961 in Lustenau
- Wohnort: Lustenau, verheiratet, 1 Sohn
- Beruf: Zollbeamter
- Hobbys: Laufen, Fußball