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Eine tödliche Kommunikationspanne

Fall Calipari: Die an der Erschießung des italienischen Geheimdienstagenten Nicola Calipari im Irak beteiligten US-Soldaten trifft nach einem am Samstag veröffentlichten Untersuchungsbericht keine Schuld.

Der Tod Caliparis wird als „tragischer Unfall“ bezeichnet, der jedoch „keine Strafen“ gegen die Soldaten nach sich ziehen werde. Die Nachrichtenagentur AFP gibt Auszüge des 42 Seiten langen Berichts der US-Ermittler wieder:

Gegen 19.30 Uhr am 4. März 2005 patrouillieren sieben Soldaten einer US-Kompanie an der Straße zum Flughafen von Bagdad. Die Route gilt als eine der gefährlichsten der irakischen Hauptstadt. Der Auftrag der Soldaten ist demnach, die Straße für US-Botschafter John Negroponte mit einer Sperre zu sichern. Negroponte will zu einem Militärstützpunkt am Flughafen fahren.

Gegen 20.30 Uhr bittet der Hauptmann des Trupps demnach über Funk, die Sperre aufheben zu dürfen. Der unbewegliche Posten sei ein leichtes Ziel. Er solle die Stellung halten, bis Negropontes Konvoi vorbeigefahren sei, lautet die Antwort. Zur selben Zeit übernehmen die am Nachmittag eingetroffenen Agenten Nicola Calipari und Andrea Carpani die aus der Geiselhaft freigekommene Journalistin Giuliana Sgrena im Bagdader Viertel Mansur und brechen zum Flughafen auf.

Gegen 20.50 Uhr fährt der Wagen mit Carpani am Steuer mit hoher Geschwindigkeit auf den US-Posten am Flughafen zu. Laut Carpani, der ständig mit einem weiteren italienischen Agenten am Flughafen Kontakt hält, fahren sie zwischen “70 und 80 Stundenkilometer“ schnell, wie es in dem Bericht heißt.

Die US-Soldaten richten daraufhin ihre Scheinwerfer auf den Wagen. Das Auto passiert den Ermittlern zufolge die Alarmlinie in Richtung der Soldaten, ohne abzubremsen. Ein Soldat fordert durch Rufen den Fahrer zum Anhalten auf. Als daraufhin keine Reaktion erfolgt sei, habe ein Soldat „zwei oder vier Mal Warnschüsse in Richtung Auto, ins Gras zu seiner Rechten“ abgegeben. Als der Wagen dem Bericht zufolge mit unverminderter Geschwindigkeit weiterfährt, gibt der Soldat im Geschützturm des gepanzerten Patrouillenfahrzeugs „eine Salve auf die Beifahrerseite und auf den Motor“ ab, um ihn zu stoppen.

Carpani bremst den Angaben zufolge und gibt per Telefon dem Kollegen am Flughafen durch: „Wir werden angegriffen“, offenbar ohne zu wissen, von wem. Nachdem die Soldaten das Feuer eingestellt haben, steigt Carpani laut dem Bericht mit erhobenen Händen aus und gibt sich als Diplomat zu erkennen. Der schwerverletzte Calipari stirbt trotz Erster Hilfe nach „wenigen Minuten“. Dem Bericht zufolge war die US-Armee über die Geheimmission der Italiener bis zu dem tödlichen Vorfall nicht informiert. Die fehlende Abstimmung sei eine „gewollte Entscheidung der Italiener“ gewesen, die den Einsatz als „Geheimdienstmission und nationale Angelegenheit“ betrachtet hätten.

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