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Eine Sache des Charakters

Egon Bereuter wurde für seinen 100. Einsatz als FIFA-Assistent durch den ÖFB ausgezeichnet. Im "VN"-Interview nimmt er zum Wettskandal in Deutschland Stellung. Der Referee sieht die Fans und den Fußball als Verlierer.

VN: In Deutschland entwickelt sich der Manipulationsskandal um Schiedsrichter Hoyzer zum Kriminalfall. Wie geht es dir dabei.
Egon Bereuter: “Ich bin echt schockiert, mache mir viel Gedanken. Der Fußball und der Fan, der im Stadion steht und dafür Geld ausgibt, sind die Verlierer.”

VN: FIFA-Referee Markus Merk dachte an Rücktritt. Schon darüber nachgedacht?
Bereuter: “Nein, habe ich nicht. Das Business Fußball wird sich weiterdrehen.”

VN: Ist ein Szenario wie in Deutschland auch in Österreich möglich?
Bereuter: “Ich würde nie behaupten, dass es das bei uns nicht gibt und würde mich nicht trauen, für andere die Hand ins Feuer zu legen. Schwarze Schafe gibt es überall. Mit einer Form von Beeinflussung hat sich jeder von uns, selbst im täglichen Leben, auseinander zu setzen. Am Ende ist es eine Charaktersache, wie man ihr entgegentritt.”

VN: Hand aufs Herz, hast du noch nie gewettet?
Bereuter: “Für mich ist Wetten und Wetten nicht dasselbe. Fußball interessiert mich ja auch als Fan, und da ist es doch nichts Schlimmes, einen Toto- oder tipp3-Schein auszufüllen. Aber nie hohe Beträge oder bei Spielen für die ich eingeteilt war.”

VN: Gibt es seitens des ÖFB Richtlinien?
Bereuter: “Es ist klar geregelt, dass Schiedsrichter nicht auf Spiele, an denen sie teilnehmen, wetten dürfen.”

VN: Das Beispiel in Deutschland zeigt, dass die Hemmschwelle sehr niedrig ist.
Bereuter: “Heute ist alles wettbar. Ob der erste Einwurf, die erste Auswechslung oder auch der erste Eckball in einem Spiel. Dinge, die leicht zu beeinflussen sind, wenn man will. Ob vom Schiedsrichter, vom Trainer oder vom Spieler. Angeblich sollen sogar Vereine sich durch hohe Wetteinsätze entschuldet haben. Mit Wetten gegen sich selbst und mit dem Risiko des Ligaabstiegs. Für mich unvorstellbar, aber der UEFA liegen Verdachtsmomente gegen zwei Klubs in Europa vor.”

VN: Was bedeutet der Manipulationsskandal in Deutschland für Österreich?
Bereuter:
“In erster Linie kratzt er am Image der Schiedsrichter, denn ich befürchte, dies ist nur die Spitze des Eisbergs. Wir haben in den letzten Jahren so viel Energie und Arbeit aufgewendet, um endlich auch als Sportler akzeptiert zu werden. Jetzt wird es wohl die nächsten Wochen heißen: Ja klar, der Schiedsrichter… Mir tut es ehrlich leid für alle ehrlichen Schiedsrichter, die versuchen, einen guten Job zu machen.”

VN: Gibt es auch Lehren daraus?
Bereuter: “In Zukunft wird mit Sicherheit viel sensibler mit dem Thema Wetten umgegangen. Zugleich eine Chance, den Fußballsport wieder sauberer zu machen.”

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