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Eine erst auf den zweiten Blick spannende Wahl

Nach einem öffentlich kaum wahrgenommenen Wahlkampf stellen sich am Sonntag Heinz Fischer, Barbara Rosenkranz (FPÖ) und Rudolf Gehring (CPÖ) der Wahl für das höchste Amt im Staat. Am Ausgang gibt es keinen Zweifel: Bundespräsident Heinz Fischer wird weitere sechs Jahre in der Hofburg amtieren. Spannend ist diese Wahl nur auf den zweiten Blick.
Rennen um Hofburg
Wahlkampf-Endspurt
Porträt: Heinz Fischer
Porträt: Barbara Rosenkranz
Porträt: Rudolf Gehring
Rosenkranz rückt erneut ins Nazi-Licht
So ist es zwar nicht die Frage, wer die Wahl gewinnt – aber doch, wie hoch Fischer sie gewinnt und wie die FPÖ-Kandidatin Rosenkranz abschneidet. Ebenfalls interessant ist, wie viele der 6,355.620 Wahlberechtigten ihr Wahlrecht überhaupt ausüben – und wie viele weiß wählen werden.

Mit 52,39 Prozent ging Fischer 2004 aus dem Duell gegen die ÖVP-Kandidatin Benita Ferrero-Waldner (47,61 Prozent) hervor. Sein Wiederwahlergebnis wird gewiss deutlich besser ausfallen. Die Frage ist, ob er das beste Ergebnis der bisher elf Volkswahlen seit 1951 überbieten kann. Auf 79,87 Prozent hat der von der SPÖ nominierte Rudolf Kirchschläger 1980 – ebenfalls ohne ÖVP-Mitbewerber – die Latte gelegt.

In den Umfragen rangierte Fischer zuletzt um die 80 Prozent. Er selbst nannte keine Zahl – aber als Wahlziel die absolute Mehrheit in allen neun Bundesländern. Auch das wird heuer nicht die Frage sein. 2004 entschieden sich noch vier Länder für Ferrero-Waldner: Ihr Geburtsland Salzburg, die beiden tiefschwarzen Länder Tirol und Vorarlberg und Kärnten, dessen LH Jörg Haider (damals F) die Wahl der ÖVP-Kandidatin empfahl.

Das Kärntner Ergebnis wird auch heuer recht interessant – und zwar im Hinblick Rosenkranz. Denn dort haben sich die Orangen ja wieder mit den Bundes-Blauen zusammengetan. Das Abschneiden der FPÖ-Kandidatin kann zeigen, was die Kärntner davon halten. Wobei freilich selbst die Bundespartei ihre Kandidatin eher zurückhaltend unterstützte.

Mit umstrittenen Aussagen über die Gaskammern und das Verbotsgesetz hat sie es sich gleich nach ihrer Nominierung offenbar nicht nur mit der “Kronen Zeitung”, sondern auch mit potenziellen Wählern verdorben. Mittels Notariatsakt und ständig wiederholten Beteuerungen – garniert mit Angriffen auf die Medien – versuchte sie zwar, das Blatt zu wenden. Aber auf die Umfragewerte vom März – von deutlich über 20 Prozent – kam sie zuletzt nicht mehr.

Im Bereich des Möglichen scheint das von Rosenkranz formulierte Wahlziel: Die 16,96 Prozent des bisher besten FPÖ-Kandidaten Willfried Gredler (ebenfalls aus 1980) zu überbieten. Unerreichbar scheint hingegen die Latte, die ihr Parteichef Heinz-Christian Strache legte: 35 Prozent nannte er möglich – doppelt so viel wie die 17,54 Prozent der FPÖ bei der Nationalratswahl 2008. Unrealistisch ist auch die Parole des dritten Bewerbers, Rudolf Gehring von der Christlichen Partei Österreichs, in die Stichwahl mit Fischer zu kommen.

Schwer einschätzbar ist, wie sich die ÖVP-Wähler verhalten, denen ihre Partei heuer (wie schon 1980) kein Angebot machte. Zu einer Wahlempfehlung für Fischer – wie sie die Grünen als Protest gegen Rosenkranz letztlich abgaben – rang sich die ÖVP nicht durch, auch wenn Fischer heuer als “Unabhängiger” antrat. Ein paar frühere ÖVP-Größen (z.B. Heinrich Neisser) schlossen sich zwar seinem Unterstützungskomitee an, einige lobten ihn – aber viele gingen auf Distanz. Und manche, wie Klubobmann Karlheinz Kopf, legten den VP-Anhängern Weißwählen nahe.

Somit wird heuer auch die Zahl der ungültigen Stimmen spannend. Die bisher meisten “Ungültigen” (7,29 Prozent der abgegebenen Stimmen) gab es ebenfalls bei der Wiederwahl Kirchschlägers 1980. Damals war – bei allgemeiner Wahlpflicht – die Wahlbeteiligung aber noch hoch, sodass insgesamt (Nichtwähler und ungültige Stimmen) “nur” 15,05 Prozent der Wahlberechtigten nicht mitentschieden. 2004 war dieser Anteil – mit 31,42 Prozent – bereits doppelt so groß, da mittlerweile die Wahlbeteiligung stark abnahm. 91,63 Prozent hatte sie 1980 betragen, gerade noch 71,60 Prozent waren es vor sechs Jahren. Für heuer befürchten die Meinungsforscher einen weiteren Einbruch.

Nicht am Wahltag beantwortet wird eine weitere Frage dieser Wahl, und zwar jene nach den innenpolitischen Auswirkungen. Mancher in der SPÖ erhofft (und mancher in der ÖVP befürchtet wohl) einen positiven Impuls für die Sozialdemokratie nach einer Serie von Wahlverlusten – den sie für die anstehenden Landtagswahlen im Burgenland, der Steiermark und Wien gut brauchen könnte. Auf “Schwung” vor allem für die Wien-Wahl hatte anfangs auch die FPÖ gehofft. Bei den Grünen wiederum läuft die Diskussion, warum man diese Möglichkeit der Profilierung ausgelassen hat.

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