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"Eine Entscheidung mit Symbolwert": Geburtsort von Hitler benennt NS-belastete Straßen um

Hitlers Geburtshaus in Braunau wird derzeit umgebaut. Nun sollen auch zwei NS-belastete Straßen umbenannt werden. Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ), zeigt sich über die Abstimmung des Braunauer Gemeinderats erfreut.
Hitlers Geburtshaus in Braunau wird derzeit umgebaut. Nun sollen auch zwei NS-belastete Straßen umbenannt werden. Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ), zeigt sich über die Abstimmung des Braunauer Gemeinderats erfreut. ©APA
Am Mittwochabend hat der Gemeinderat in Braunau (Oberösterreich) mit 28 gegen neun Stimmen beschlossen, die Josef-Reiter-Straße und die Franz-Resl-Straße umzubenennen. 

Das teilte das Mauthausen Komitee Österreich in einer Presseaussendung mit.

Die Stadt Braunau, Geburtsort von Diktator Adolf Hitler, wird die Namen der nach dem völkischen "Tondichter" Josef Reiter sowie der nach dem Linzer Unterhaltungskünstler und NS-Protagonisten Franz Resl benannten Straßen ändern. Der Gemeinderat hat sich in der Sitzung Mittwochabend mit 28 Ja- und neun Nein-Stimmen dafür ausgesprochen. Auf Antrag der ÖVP wurde geheim über diesen ersten Tagesordnungspunkt abgestimmt.

"Muss annehmen, dass die Gegenstimmen vor allem aus der FPÖ gekommen sind"

Mernyi weist auf ein Detail der Gemeinderatsentscheidung hin: "Die Abstimmung war geheim, aber da sich ÖVP, SPÖ und Grüne für die Umbenennungen ausgesprochen haben, muss man annehmen, dass die neun Gegenstimmen vor allem aus der FPÖ gekommen sind. Sie wollen 2025 noch immer an fanatischen Nationalsozialisten und Judenhassern festhalten. Gut, dass diese verfassungswidrige und demokratiefeindliche Einstellung so klar in der Minderheit geblieben ist."

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Wissenschaftler erforschte Rolle von vier Straßennamensgebern im Nationalsozialismus

Im Auftrag der Stadt Braunau hatte der Historiker und Leiter des Gedenkorts Schloss Hartheim, Florian Schwanninger, bereits vergangenes Jahr die Rolle von vier Straßennamensgebern in der Zeit des Nationalsozialismus sowie auch deren mögliche illegale nationalsozialistische Betätigung vor dem "Anschluss" Österreichs im März 1938 wissenschaftlich erforscht.

Außer der Josef-Reiter- und der Franz-Resl-Straße waren das noch die Eduard-Kriechbaum-Stiege, benannt nach dem "Gauheimatpfleger" Kriechbaum, sowie die Dr.-Wilhelm-Scheuba-Gasse, benannt nach einem Arzt aus Steyr und Mitglied des NS-Fliegerkorps. Schwanninger stufte Reiter, Kriechbaum und Resl in die Kategorie 1 ("sehr belastet") ein und Scheuba in Kategorie 2 ("belastet").

Beibehaltung der Straßennamen soll verfassungswidrig sein

Seit Vorliegen des Berichts konnte sich der Gemeinderat bisher nicht auf Namensänderungen einigen. Druck in Richtung Umbenennung kam dann noch Anfang der Woche durch ein vom Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) in Auftrag gegebenes Gutachten des Verfassungsexperten Markus Vasek. Der Professor der Johannes Kepler Universität kam zu dem Ergebnis, dass Straßennamen, die - wie in Braunau - schwer belastete Nationalsozialisten würdigen, entfernt werden müssten. Ihre Beibehaltung würde gegen Artikel 9 des Staatsvertrages verstoßen und wäre damit verfassungswidrig.

"Wird österreichweit wirken"

"Das Rechtsgutachten des Verfassungsexperten Markus Vašek haben wir wegen Braunau in Auftrag gegeben", so Netzwerk-Sprecher Robert Eiter. "Aber seine Erkenntnis, dass Artikel 9 des Staatsvertrages auch zur Entfernung NS-belasteter Straßennamen verpflichtet, wird österreichweit wirken. Wir freuen uns, dass sich Heinz Mayer, seit Jahrzehnten eine Koryphäe des Verfassungsrechts, ebenfalls in diesem Sinne zu Wort gemeldet hat."

Vorschlag: Straßen sollen nach Widerstandskämpferinnen benannt werden

"Eine Entscheidung mit Symbolwert! Wir haben uns sehr dafür eingesetzt. Den vielen Persönlichkeiten und Organisationen, von denen wir unterstützt worden sind, danken wir!", sagt Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ).

Neue Namen für die Straßen wurden noch nicht festgelegt. "Wir schlagen vor, statt Josef Reiter künftig die Braunauer Antifaschistin Dr. Lea Olczak zu würdigen und statt Franz Resl die katholische Widerstandskämpferin Maria Stromberger", erklärt Robert Eiter, Sprecher des OÖ. Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus. "Im September steht dann noch die Umbenennung der Dr.-Kriechbaum-Stiege an, für die wir uns den Namen des Holocaust-Opfers Charlotte Taitl wünschen."

Die Entscheidung zur Namensänderung der als historisch schwer belastetet eingestuften Eduard-Kriechbaum-Stiege steht noch aus. Schwanninger habe nachträglich von den Erben Kriechbaums noch Unterlagen erhalten, die er in seinem Bericht berücksichtigen wolle, hieß es vom Stadtamt Braunau.

(APA/VOL.AT)

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