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„Eine Bildsprache, die uns fremd geworden ist“

Das Miseria Christi Kreuz, soll zum Nachdenken anregen
Das Miseria Christi Kreuz, soll zum Nachdenken anregen ©Gerty Lang
Eine zeitgemäße Interpretation des Gedankens der Wegkreuze.
Wegkreuz

 

 

Dornbirn. Die Verbindung von Allerheiligen und Allerseelen machen den Novemberbeginn zu einem Fest der Auferstehung: zu einem Osterfest am Beginn der dunklen Jahreszeit. Schon früh begann die Kirche “alle Heiligen” an einem einzigen Festtag zu feiern. Gedacht wird aber auch aller “verstorbenen Brüder und Schwestern, die schon zur Vollendung gelangt sind”, wie es im Messbuch heißt. So ist auch der Zusammenhang mit dem Fest “Allerseelen” gegeben, dem Gedenktag aller verstorbenen Gläubigen. Aber: Allerseelen ist kein Trauertag! Sondern Ausdruck der Verbundenheit mit den Verstorbenen und der Hoffnung auf Auferstehung. So machen sich gerade an diesen Tagen viele Menschen auf, um ihre verstorbenen Liebsten auf dem Friedhof zu besuchen, ihnen zu gedenken und die Gräber zu schmücken. Auf ihrem Weg dorthin kommen sie an so manchem Wegkreuz vorbei, halten inne. Wegkreuze sind meist reizvoll und originell gestaltet. Ein ganz besonderes Kreuz ist das „Arma Christi Kreuz“, welches im Westallgäu, Oberschwaben und Italien weit verbreitet ist. Die Waffen Christi? Nichts anderes bedeutet der Begriff Arma Christi. Wer das Rätsel lösen will, kommt nicht umhin, sich mit dem christlichen Volksglauben zu befassen. Ein Arma-Christi-Kreuz, auch Waffen-Christi-Kreuz oder Passionskreuz, bezeichnet in der Kunstgeschichte bzw. christlichen Ikonografie eine spezielle Form des Andachtsbildes. Lateinisch „arma“ bedeutet Waffen oder Wappen und steht für die Leidenswerkzeuge bei der Kreuzigung. Beim Arma-Christi-Kreuz handelt sich um ein Kreuz, bei dem statt des Korpus oder zusätzlich zu diesem, Gegenstände abgebildet sind, die sich auf die Leidensgeschichte Christi beziehen. Künstler Prof. Gerhard Winkler hat sich mit der Thematik des Arma Christi Kreuzes beschäftigt und schafft eine neue Interpretation, welche er als „Miseria Christi Kreuz“ bezeichnet. Es soll uns das „Elend“, in dem wir leben, vor Augen führen. „Das Kreuz sollte eine Höhe von 4 – 5 Meter haben. Die Ausführung ist aus Metall und bemalt“, erklärt der akad. Maler und zeigt ein kleines Modell, welches er bereits gefertigt hat. Das Kreuz ähnelt einem Scherenschnitt. Die Grundidee dieses Werkes war, dass sich eine starke Erosion in unserer Gesellschaft durchsetzt. „Es ist der Verlust der Gerechtigkeit, die Zerstörung der Hoffnung, das Wollen von Geld und Macht“, erklärt Prof. Winkler. Das stellt man mit einer zerbrochenen Waage, einem gespaltenen Herz, einer kaputten Hand, einem zerbrochenen Anker oder Münzen dar. Das Wollen von Krieg, die Zerstörung von Menschlichkeit und Gemeinschaften, die Diffamierung durch die Sprache, der Verlust des Gefühls von Barmherzigkeit, das alles sind Dinge, die unsere heutige Gesellschaft widerspiegeln. Genau das, sollte im Kreuz zu sehen sein, um die Menschen aufzurütteln. Denn die Plausibilität von Aussagen geht ebenfalls verloren. Das Kreuz könnte ein Blickfang oder eine orientierende Landmarke sein. Genauso aber ein Ruhe- und Treffpunkt für Besinnung. Eine Auszeit, abseits vom hektischen Alltag, in der die Zeit einen Augenblick stehen bleibt. 

 

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