Weit und breit kein Schnee, dafür sommerliche Temperaturen auf Dornbirns Sonnenbalkon. Trotzdem steigt morgen in Kehlegg das traditionelle Schneefest. Burkhard Diem, Mesner in der kleinen Bergkirche hoch über Dornbirn, kennt ebenso wie die meisten eingesessenen Kehleggerinnen und Kehlegger den wahren Grund: Die Kirche trägt seit Menschengedenken den Namen Maria Schnee. Und der ist auf das sogenannte Schneewunder vom 5. August 358 in Rom zurückzuführen. An diesem Tag erschien die Jungfrau Maria in der Nacht einem kinderlosen Patrizierehepaar und versprach ihm Nachwuchs, wenn ihr zu Ehren eine Kirche an der Stelle erbaut werde, wo am kommenden Tag Schnee liege. Und tatsächlich war der Esquilinhügel am nächsten Morgen weiß von Schnee. Noch am selben Tag soll Papst Liberius, dem die Muttergottes ebenfalls erschienen war, die Kirche gegründet haben.
In Erinnerung an das Wunder feiert Kehlegg jedes Jahr das Schneefest, zugleich Patrozinium der vor rund 40 Jahren neu erbauten Bergkirche. Gemeinsam mit Kehlegger Frauen hat Burkhard Diem das Gotteshaus in den letzten Tagen auf Hochglanz gebracht. Eingeläutet wird das große Dorffest nicht von den Kirchenglocken, sondern mit drei Böllerschüssen um fünf Uhr früh, hofft der Mesner, dass niemand den Festtag verschläft. Erster Höhepunkt des Patroziniums ist das Hochamt um 9.15 Uhr mit dem Oberdorfer Pfarrer Werner Ludescher.
Anschließend trifft man sich im Feuerwehrhaus zum Frühschoppen. Und der kann bis in die Nachstunden dauern, erinnert sich der Obmann des Pfarrgemeinderates, Gerhard Prenner, an ausgiebige Schneefeste der vergangenen Jahre. Nach wie vor legt die Bevölkerung größten Wert darauf, dass die alte Tradition fortgesetzt wird, weiß Diem. Mit dem Fest bringen wir auch jene Leute, die erst vor relativ kurzer Zeit ins Dorf gezogen sind, mit den alteingesessenen Kehleggern zusammen, hat Diem auch die soziale Komponente im Auge. Immerhin ist die Parzelle auf rund 800 Metern Seehöhe bei den Ländlern als Wohnort sehr gefragt. Pro Jahr werden im Schnitt fünf neue Häuser gebaut, berichten Diem und Prenner von einem beachtlichen Zuzug. Die Zeiten, als nicht wenige Kehlegger aus beruflichen Gründen ins Tal zogen und das Schneefest nur noch in kleinem Rahmen gefeiert wurde, sind vorbei.