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Ein Poesiealbum der Generationen

©VN/ Klaus Hartinger
Dornbirn - Das Haus von Doris Fußenegger (40) ist wie ein Album - alle Generationen haben sich verewigt. Die Dornbirnerin hat sie bei der Renovierung wiederentdeckt.
Bilder

“Was wollt ihr trinken”, ruft Doris Fußenegger aus der Küche. Mineralwasser, Multivitaminsaft oder vielleicht ein Gläschen Wein? Letzteres unterstreicht sie mit einem Lachen. Denn Gäste werden im rund 250 Jahre alten Haus in Dornbirn-Hatlerdorf üblicherweise im Gewölbekeller empfangen. Dort befi ndet sich, wie könnte es auch anders sein, eine entsprechende Auswahl erlesener Tropfen. Und nicht nur das: Alle Fundstücke, die das Haus bei der Renovierung preisgab, präsentiert die 40-Jährige im Untergeschoss. Von Großmutters Waschbrett angefangen, über die Hausglocke von anno dazumal bis hin zur einstigen Hausnummern-Tafel in Kurrentschrift. Ein richtiges kleines Museum. Für Fußenegger ist der Keller, in dem auch mit 290 Jahren der älteste Balken im ganzen Haus gefunden wurde, das Herzstück. “Darum habe ich bewusst das Haus um den Gewölbekeller gebaut”, verrät die Lehrerin und gibt zu: “Das bedeutete, dass ich auch einige Kompromisse eingehen musste.” Dabei fiel ihr das Versetzen der Stiege ins Wohnzimmer am schwersten. “Hier hat sich schon immer das Leben abgespielt”, erzählt sie, “hier haben wir mit den Großeltern Weihnachten gefeiert und hier soll auch die Türe für meine Gäste offen sein.” Kurzum hat sich die Bauherrin entschlossen, die Stiege als Möbel in den Raum zu integrieren, indem sie eine Glasscheibe als Trennwand wählte.

Doris Fußenegger hat in die Sanierung sehr viel Eigenleistung eingebracht. In mühevoller Kleinarbeit hat die geschickte Handwerkerin das Täfer beseitigt und Schicht für Schicht alte Tapeten abgekratzt, bis die Original-Holzbalken wieder zum Vorschein kamen. “Dabei entdeckte ich sogar Zeitungen mit Abbildungen von Kaiserin Maria Theresia”, erzählt Fußenegger. Großen Wert legte die Musik- und Religionspädagogin darauf, das Historische zu erhalten und es mit Modernem und Praktischem zu kombinieren. Daraus ergibt sich eine einzigartige Spannung, die den Räumen eine ganz besondere Atmosphäre verleiht. So entstand ein weiteres Highlight direkt unterm Dach. Ein luftiges Schmuckstück, als Sinnbild für die gelungene Verschmelzung der Jahrhunderte. Da nicht alle Dachbalken erhalten werden konnten, wurde die Konstruktion mit neuen ergänzt. Ein Wechselspiel der Generation, das auch für die Zimmerer eine Herausforderung darstellte. “Sie haben alle Lehrlinge mitgeschickt, damit sie eine richtige Zimmererarbeit sehen”, so Fußenegger, die sich unterm Giebel ihr Arbeitszimmer eingerichtet hat.

Doris Fußenegger teilt das Haus mit ihrem Bruder. Während sie sich für eine Renovierung entschied, wählte Klemens Fußenegger und seine Familie den Neubau. Allerdings an das bestehende Alte angepasst. Das heißt, der Stadelcharakter blieb erhalten. Ob die Sanierung günstiger war als der Neubau? So viel verrät die Hausherrin. Die Kosten sind letztlich gleichhoch. Auf ein witziges Detail triff t man noch im Badezimmer. Wie alle alten Häuser sind auch bei Doris Fußenegger die Räume sehr niedrig. Zwar wurde durch das Anheben der Decke an Höhe gewonnen. Mehr als eine Raumhöhe von zwei Metern waren jedoch nicht drin. “Das reicht jedoch für ein komfortables Wohnen”, entschied sie sich. Einzig der Duschkopf musste zwischen den Holzbalken befestigt werden. Sonst kann die Regenwasser- Brause ihre tolle Wirkung nicht voll entfalten. Letztlich kommt es auch beim Bauen auf die Fantasie an.


DATEN & FAKTEN

Einfamilienhaus Badgasse, Dornbirn, Doris Fußenegger

Wohnfläche: 130 m2

Grundstück: nicht bekannt, da sich auch das Elternhaus auf dem Grundstück befindet.

Architektur: Hanno Schluge, Dornbirn

Planung: sechs Monate

Bauzeit: ein Jahr

Einzug: Rosenmontag 2008

Energie: Fernwärme – die Heizkörper sind in die Außenwände integriert und gegen gleichmäßig Wärme ab. Vergleichbar mit einem Kachelofen.

Konstruktion: Das 250 Jahre alte Wohnhaus mit Stadel wird heute von zwei Familien bewohnt. Doris Fußenegger hat das Wohnhaus komplett renoviert. Ihr Bruder Klemens Fußenegger hat sich für einen Neubau mit Stadelcharakter entschieden.

 

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