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Ein Pfarrer mit Leib und Seele

Ludesch - Das ist mal eine Bilanz. 75 Lebensjahre, 50 Jahre davon steht er am Altar. Und Eugen Giselbrecht strahlt übers ganze Gesicht. Pfarrer sein, das bedeutet ihm alles.

„Die höchste Stufe in der kirchlichen Hierarchie, die erstrebenswert ist. Alles andere ist mehr Mühe als Würde.“

Und so kam es, dass dieser Mann mit der markanten Stimme in seiner Laufbahn zwar zwölf Jahre lang das Pastoralamt der Diözese Feldkirch geführt hat. „Aber gewünscht hab ich mir immer nur eine Pfarrei.“ Seit 13 Jahren betreut er nun die Menschen in Ludesch. „Von der Taufe bis zur Bahre, in allen Bereichen menschlichen Lebens.“

Wenn Eugen Giselbrecht vor sein Pfarrhaus tritt, sieht er hinauf auf den Hohen Frasen. „Da bin ich von hier aus raufmarschiert. In vier Stunden. Und dann in ein Gewitter geraten.“ Was man an Gipfeln reihum erspäht, hat er bestiegen. Sie werden ihm fehlen, wenn er in ein paar Jahren in Pension geht. Irgendwie glaubt man ihm das kaum. Aber er baut schon in Doren eine Wohnung aus. Dort will er hin, wenn er in den Ruhestand tritt. Weil dort alles begonnen hat.

Nach Bregenz geschickt

Wenn sich Schulleiter, Pfarrer und Eltern in diesem Kriegswinter 1942 nicht einig gewesen wären, dann wär ja alles anders gekommen. Aber die schickten den Buben aufs Gymnasium. Raus, nach Bregenz. Ihm war das gar nicht recht. Was macht schon so ein Wälderbub in der Stadt? Aber sie hatten recht. Er war begabt. Und die Bregenzer Priester weckten in ihm Berufswunsch und Berufung.

War es früher einfacher, Priester zu werden? „Aber ja.“ So begeistert erzählt Giselbrecht von der „kolossalen Aufbruchstimmung“ der Nachkriegsjahre, dass man fast neidisch wird. 14 Tage Ferien auf der Biberacher Hütte haben sich ihm eingebrannt wie anderen eine Weltreise. Die Familie, die Gemeinde, alle haben den Seminaristen getragen. Es galt nicht automatisch als komisch, wer den weißen Kragen umband.

Eugen Giselbrecht zählt noch zu jener Generation, die in der „alten Kirche“ von Pius XII. aufwuchs, um dann mit Begeisterung den Aufbruch unter Johannes XXIII. mitzuerleben.

Eben hat er die Bilanz des Konzils von Weihbischof Helmut Krätzl gelesen. „Ich hab sie förmlich gefressen.“ Den Buchtitel „Im Sprung gehemmt“ empfindet Giselbrecht genauso. Die Kirche ist heute so mutlos geworden. Ängstlich. Sie klammert sich an alte Riten. Man öffnet nicht mehr. Man verschließt. Aber das wird sich ändern. Giselbrecht glaubt fest daran, dass es „bewährte Männer“ mit Familie als Priester geben wird.

Vielleicht wird er das nicht mehr erleben. Aber vielleicht sitzt er dann noch in Doren und hilft aus, „wenn man mich braucht“. Und für alle Neuzugänge, die gern wissen würden, wie das geht, echte Seelsorge, wäre er dann wohl ein ausgezeichneter Gesprächspartner.

ZUR PERSON

Eugen Giselbrecht
Beruf: Priester
Geboren: 15. Mai 1932 in Doren
Ausbildung: Matura 1952, Theologiestudium in Innsbruck
Laufbahn: Priesterweihe 1957 in Bludenz, Kaplan in Zams und Thüringen, Pfarrer in Lustenau, zwölf Jahre Pastoralamtsleiter

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