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Ein alternativer Gedächtnisort

"Russendenkmal" &copy APA
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Das Wiener Russendenkmal ist ein alternativer gedächtnisort - Russischer Botschafter Ossadthschij präsentierte Buch über das Denkmal - Kranzniederlegung am Schwarzenbergplatz.

„Bei der Befreiung Österreichs sind 27.000 Soldaten der Roten Armee gefallen. Wir werden das nie vergessen und immer dankbar sein.“ Stanislaw Ossadtschij, Botschafter der Russischen Föderation in Österreich, wies am Montag in Wien auf die Opfer der Roten Armee im Frühjahr 1945 hin. Ihnen zu Ehren wurde schon im August 1945 ein Denkmal am Schwarzenbergplatz enthüllt. Das Buch „Das Wiener Russendenkmal“ (Turia+Kant) beleuchtet nun erstmals die Entstehung, Architektur und politische Bedeutung des Bauwerks. Ossadtschij präsentierte den Sammelband in der russischen Botschaft.

Zwiespältiger Platz

Das im Volksmund „nicht ganz korrekt genannte Russendenkmal“ (Ossadtschij) hat im österreichischen Gedächtnis einen zwiespältigen Platz. Co-Herausgeber Matthias Marschik meinte, in Österreich habe der Sieg der Roten Armee bis heute einen „negativen Beigeschmack“. Es werde zu oft vergessen, dass er die „Voraussetzung für die Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik“ gewesen sei. Das Denkmal stehe heute auch gegen diese “österreichische Erzählung.”

Nicht umsonst war das Russenkmal „das erste Bauwerk der Zweiten Republik“, wie Co-Herausgeber Georg Spitaler erklärte. Seine Entstehungsgeschichte überrascht so vor allem wegen der Geschwindigkeit. Wie Erich Klein schreibt, wurde das Bauwerk bereits im Februar 1945, nach der siegreichen Schlacht am Balaton, konzipiert. Wenige Tage nach der Befreiung Wiens suchte die Rote Armee bereits Maurer, Modellierer sowie Tischler für die Errichtung. Schon am 19. August 1945 wurde es im Beisein von Vertretern der provisorischen österreichischen Regierung und Delegationen der westlichen Alliierten feierlich eröffnet.

Heikler Standort

Das Modell des Rotarmisten auf dem 20 Meter hohen Sockel stammt vom Bildhauer Michail Intisarjan. In Bronze gegossen wurde der 12 Meter große Soldat mit der abgelegten Lanze und dem aufgestellten Schild in einer Gießerei in Erdberg. Das rasanten Tempo der Errichtung sollte den westlichen Alliierten ein Beispiel für die sowjetische Leistungsfähigkeit geben. Als Standort wurde der Schwarzenbergplatz gewählt, der genau an der späteren britisch-sowjetischen Zonengrenze lag. In unmittelbarer Nähe befand sich zudem der Alliierte Rat (Haus der Industrie).

Immer wieder tauchten Forderungen auf, das Denkmal zu entfernen, so nach dem Abzug der sowjetischen Truppen 1955 oder nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Letztlich habe aber immer die Vernunft gesiegt, wie Ossadtschij in seinem Nachwort schreibt. Geholfen hat dabei sicher, dass Österreich durch den Staatsvertrag (Art. 19) verpflichtet ist, alle Gräber und Denkmäler der Alliierten Truppen zu erhalten.

Erinnerung “ohne Getöse”

So blieb der Ort des Denkmales auch im Jubiläumsjahr 2005 ein „erratischer Ort“, wie der Politologe Thomas König in seinem Beitrag schreibt. Der Platz entziehe sich dem nationalen Gedenken in Österreich, er lasse sich nicht ins „Wir“ einordnen und sei somit ein „Ort für ein Gedenken ohne Staat und Regierung und ganz ohne Getöse“.

Im Anschluss an die Buchpräsentation legte der sowjetische Botschafter gemeinsam mit Veteranen der Roten Armee am Denkmal einen Kranz zur Erinnerung an die gefallenen Rotarmisten nieder“.

  • Service:: Matthias Marschik/Georg Spitaler (Hg.): Das Wiener Russendenkmal. Architektur, Geschichte, Konflikte. Turia+Kant, Wien, ISBN 3-85132-428-5, 158 Seiten, 20 Euro
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