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Minister kritisieren Berlin wegen Grenzschließung zu Tirol

Auch Europaministerin Edtstadler übt harte Kritik
Auch Europaministerin Edtstadler übt harte Kritik ©APA
Europaminister Karoline Edtstadler und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) haben am Donnerstag die deutschen Grenzschließungen zu Tirol kritisiert.

Nach ihrem Treffen mit Europa-Staatsminister Michael Roth in Berlin sagte Edtstadler, die deutsch-österreichische Zusammenarbeit müsse wieder intensiver werden. Ein Rückfall in die Muster der ersten chaotischen Grenzschließungen zu Beginn der Pandemie dürfe es nicht geben.

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Kontrolle oder Schließung?

Bei ihren Gesprächen habe sie in Berlin das Signal empfangen, dass auch Deutschland kein Interesse habe, die gute Nachbarschaft zu gefährden, so Edtstadler. Für chaotische Grenzschließungen habe Österreich kein Verständnis. Auch wenn Deutschland lieber von Grenzkontrollen spreche, aus österreichischer Sicht seien es dennoch Grenzschließungen, wenn etwa Pendler nicht mehr an ihren eigenen Arbeitsplatz gelangen, zurückgeschickt werden oder lange Umwege machen müssten. "Das waren de facto Grenzschließungen, die nicht tolerierbar sind", sagte Edtstadler. "Nach einem Jahr der Pandemie sollten wir so weit sein, dass wir uns besser abstimmen", betonte die Ministerin - und meinte damit offenbar weniger die Bundesebene, sondern die bayerische Staatskanzlei.

Auch Außenminister Schallenberg kritisierte am Donnerstag bei einer Videokonferenz mit seinen Amtskollegen aus Deutschland, Tschechien und der Slowakei erneut die deutschen Grenzschließungen zu Tirol. "Überbordende Maßnahmen sind Gift für die ohnehin schon angeschlagene Wirtschaft", erklärte er nach dem Gespräch auf Twitter. Im Kampf gegen Corona müsse der Schutz der Gesundheit Hand in Hand gehen mit dem Schutz der Wirtschaft, forderte der Außenminister.

Pragmatisch statt wirtschaftsfeindlich

Laut Außenministerium kritisierte Schallenberg bei dem Gespräch mit dem deutschen Außenminister Heiko Maas und den tschechischen und slowakischen Amtskollegen, Tomas Petricek und Ivan Korcok, erneut auch die Ungleichbehandlung mit der ostfranzösischen Region Moselle, wo ebenfalls vergleichsweise viele Fälle der Corona-Mutationen aufgetreten sind. Der Außenminister habe sich zugleich sehr erleichtert gezeigt, dass die erste angekündigte Maßnahme schon zurückgenommen worden sei und Pendler, Schüler und Güter nun wieder das deutsches Eck benützen könnten, so eine Sprecherin. Nun hoffe Österreich auch bei den anderen Punkten auf eine pragmatische Lösung, die nicht wirtschaftsfeindlich sei.

Maas sprach sich unterdessen am Donnerstag in Paris dafür aus, an den Grenzen zu Frankreich verschärfte Einreiseregeln wie an den Grenzen zu Tschechien und Tirol zu vermeiden. "Während die Grenzländer zu Österreich und zu Tschechien die Bundesregierung aufgefordert haben, die Grenzen zu schließen und zu kontrollieren, ist das bei den Bundesländern, die an der französischen Grenze liegen - Baden-Württemberg, das Saarland und Rheinland-Pfalz - komplett umgekehrt", sagte Maas am Donnerstag in Paris. "Dort ist man gegen diese Grenzschließungen", so Maas.

Maßnahmen nur, wenn Bundesländer mitziehen

Er hoffe nun, dass Deutschland aufgrund der Entwicklung in Frankreich und der Corona-Maßnahmen, die dort ergriffen worden seien, um entsprechende Maßnahmen an der Grenze zu Frankreich herumkommen werde, so Maas weiter. "Ich glaube, effektiv wird man solche Maßnahmen sowieso nur umsetzen, wenn die Bundesländer an der Grenze mitziehen." In den Bundesländern gebe es dazu aber keine Bereitschaft. Die Haltung der Länder sei für die Entscheidung in der Bundesregierung von ganz besonderer Bedeutung.

Beamte der deutschen Bundespolizei und der bayerischen Grenzpolizei kontrollieren seit dem Wochenende wegen der Corona-Situation an der Grenze zu Tschechien und Tirol den Verkehr - und schicken Einreisende zurück, wenn sie nicht unter Ausnahmeregelungen fallen. Im französischen Département Moselle an der deutschen Grenze hatten sich zuletzt die südafrikanische und die brasilianische Corona-Variante massiv ausgebreitet - die Situation hatte Deutschland alarmiert.

(APA)

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