Aaron Fleischmann (Zohar Strauss), vierfacher Vater und eigentlich respektiertes Mitglied seiner Gemeinde in Jerusalem, hat soeben die Fleischerei seines gestorbenen Vaters wiedereröffnet. Per Aushang sucht er eine Aushilfe. Der Regen treibt den geheimnisvollen 22-jährigen Ezri (Ran Danker) in den Laden. Er ist auf der Suche nach einem Studienplatz. Der Fleischer bietet dem verloren wirkenden Mann übergangsweise Arbeit an sowie einen Schlafplatz im Hinterzimmer des Ladens.
Schon früh ist eine erotische Spannung in den Blicken der beiden Männer zu beobachten. Nach kurzer Zeit schafft es Ezri, Aaron zu einem Tauchbad vor den Toren Jerusalems zu überreden. Bei einem Sabbath-Essen lernt Ezri außerdem Aarons Frau Rivka (Tinkerbell) und die Kinder kennen. Die Ehefrau spürt schon bald, dass ihr Mann sie nicht so liebt wie er “sollte”, dafür aber den jungen Mann.
Der Familienvater will seine Gefühle für den Studenten zunächst als eine “Herausforderung Gottes” begreifen, doch schon kurz danach geben die beiden Männer ihrem Begehren nach, und zwar in der Kühlkammer der Fleischerei – eine Szene, die vielleicht ein bisschen zu symbolträchtig die keusche, kalte Gesellschaft und die darin aufflackernde, warme Leidenschaft darstellt. Eines Tages hängen Zettel mit der Aufschrift “Sünder in der Nachbarschaft” in den Straßen und die Drohungen gegen die Männer nehmen zu.
Die existenzielle Not der Hauptfigur wird in vielen Szenen des israelisch-französisch-deutschen Films vermittelt, den das ZDF mitproduzierte. Den meisten Mitteleuropäern dürfte die gezeigte Enge einer Gesellschaft voller Tabus heutzutage sehr fremd sein. Vor ein paar Jahren oder Jahrzehnten wäre das, zum Beispiel in streng katholischen Gegenden, sicher noch anders gewesen. Die Konsequenzen jedenfalls sind tragisch. Jungregisseur Tabakman erschafft mit monochromen Bildern und wenigen Worten eine Atmosphäre, die den Zuschauer fast ersticken lässt. Es ist sein erster abendfüllender Spielfilm, der 2009 in Cannes (“Un Certain Regard”) gefeiert wurde. Die Botschaft ist einfach: eine Gesellschaft, die mit strenger Moral die Körperlichkeit unterdrückt, ist nicht wahrhaftig menschlich.
“Dieser Film könnte zur Entwicklung der orthodoxen Welt beitragen”, meint Regisseur Tabakman. “So wie die gläubigen Menschen heute leben, war es in Jerusalem schon immer. Das ist eine Reaktion auf die Angst vor dem Verlust der Tradition. Aber es geht doch eigentlich um Menschen, nicht um Sünden.” Er glaube fest daran, dass man Menschen auch ohne Gewalt von Ignoranz abbringen und überzeugen könne, sich zu ändern – “nur durch das Zeigen ‘So was existiert!’ Und wenn jemand zum ersten Mal sagt: ‘Ja, ich weiß, das existiert’, dann haben wir gewonnen!”