Wo ich eigentlich hin wolle, fragt mich der Busfahrer. Als ich Backpackers Paradise antwortete, bremst er unerwartet. Da müsse ich hier aussteigen, sagt er und zeigt auf einen von der Straße abzweigenden Weg. Dort hinten am Mangobaum findest du Nathalies Gasthaus, ruft er mir nach. Zwei Minuten später stehe ich in einem kleinen Orangenhain. Im Schatten der Bäume grasen zwei Pferde zwischen Zelten und Bungalows. Aus einer der Hütten tritt eine junge Frau auf mich zu. Mit unverkennbar französischem Akzent stellt sie sich als Nathalie vor.
Von Genf nach Sarteneja
Nathalie wurde in Genf geboren. Nach Belize kam die Schweizerin während ihres Studiums. Schlangen galt ihr Interesse, von denen es im Land zahlreiche gibt. Im nahe Sarteneja gelegenen Shipstern Nature Reserve hat die angehende Biologin ihre Diplomarbeit geschrieben. Und dann ist Nathalie geblieben. Sarteneja wollte sie nicht mehr gehen lassen.
Das kleine Fischerdorf liegt im hohen Norden, an der Bahía de Chetumal. Bis nach Mexiko ist es nur ein Katzensprung. Die Nähe zum großen Nachbarn ist auch der Grund, warum viele hier Spanisch ihre Muttersprache nennen.
Backpackers Paradise
Das Leben verläuft ruhig in Sarteneja. Am Tag sieht man kaum Menschen auf seinen sonnendurchfluteten Straßen. Erst gegen Abend, wenn die Hitze des Tages verfliegt, erwacht das Leben im Ort. Dann drehen die Jugendlichen mit dem Rad eine Runde durchs Dorf oder treffen sich zum Fußball.
Gut fünf Minuten vom Ort entfernt betreiben Nathalie und Edward das Backpackers Paradise. Bis zum Strand sind es von hier keine zehn Minuten. Und das Shipstern Nature Reserve erreicht man mit dem Rad in weniger als einer halben Stunde.
Aber auch im Gasthaus selbst lässt sich der Tag gut verbringen. Hängematten laden zum Verweilen unter Mango- und Orangenbäumen ein, deren Früchte essen darf, wer Lust dazu verspürt. Man muss nur die Hand nach ihnen auszustrecken und sie ernten. Wie im Paradies!
Der traditionelle Bootsbau, für welchen der Ort berühmt ist, war Grund für Edward, nach Sarteneja zu kommen. Nachdem er beim Untergang seines Segelbootes Ende 2007 alles verloren hatte, wollte der Franko-Kanadier hier ein neues Leben beginnen. Bäume pflanzen, ein Boot aus Holz bauen und wieder segeln!, hatte er sich vorgenommen.
Durch den Tropenwald
Über die Begeisterung für Edwards Segelleidenschaft habe ich den eigentlichen Grund für meinen Abstecher nach Sarteneja beinahe vergessen. Die einzigartige Landschaft zwischen Dschungel und Meer wollte ich kennenlernen. Als ich gegen elf Uhr im Besucherzentrum des Shipstern Nature Reserve eintreffe, ist es bereits zu spät, um noch auf Tierbeobachtung zu gehen. Das ist das erste, was mir Urs nach der Begrüßung erklärt. Um Tiere zu sehen, sagt er, musst du früh am Morgen kommen. Allerdings, fügt der junge Schweizer nach kurzer Pause hinzu, könnte ich ihn auf einem Streifzug durch den Tropenwald begleiten. Der diplomierte Zoologe arbeitet an einer Dokumentation über das Shipstern. Diese soll der Akquise von Spendengeldern zur finanziellen Unterstützung des Reservates dienen.
Fast zwei Stunden sind wir unterwegs. Zwei Stunden, in denen Urs nicht müde wird, auf die stets wechselnde Vegetation hinzuweisen. Dafür ist der schwankende Grundwasserspiegel verantwortlich, erläutert er. Je höher dieser liegt, desto lichter wird der Wald. Wie um das zu bestätigen, stehen wir plötzlich am Rand einer feuchten, mit knorrigen Mangroven bewachsenen Savanne.
Shipstern Nature Reserve
Das Beste kommt erst zum Schluss, heißt es so schön. Und so ist es auch bei dem Ausflug ins Shipstern Nature Reserve. Kurz vor Rückkehr ins Besucherzentrum besteigen wir einen über 30 Meter hohen Beobachtungsturm. Von seiner weit über die Baumkronen hinausragenden Plattform bietet sich ein atemberaubender Blick auf den schier unendlich erscheinenden Urwald.
Zu Mittag wieder im Backpackers Paradise zu sein ist ein Fest. Denn Nathalie ist nicht nur Naturliebhaberin, sondern auch eine exzellente Köchin. Ihre Crepes sind berühmt in Sarteneja.
Alte Maya-Zentren sind im ganzen Land verteilt
Mayas. Bereits um 2000 v. Chr. war Belize von den Maya besiedelt, deren Nachfahren heute noch im Land leben. Bedeutende archäologische Funde aus jener Periode wurden in Cuello (Orange Walk District) entdeckt. Während der klassischen Zeit der Maya-Zivilisation entstanden kulturelle Zentren in Altun Ha, Xunantunich, Cahal Pech, Lamanai, Lubaantun, El Pilar und Caracol.
1970 wurde das relativ kleine Belmopan die Hauptstadt des Landes. Der Ort wurde auf Urwaldrodungen an den Ausläufern des Maya Mountains errichtet und liegt im geografischen Mittelpunkt des Landes. Die etwa 14.000 Einwohner sind zumeist Beamte die Stadt befindet sich noch in der ersten Phase eines 20-jährigen Entwicklungsplans.
Unglaubliche Artenvielfalt unter Schutz
Pflanzen. Die Artenvielfalt in Belizes Flora ist überwältigend. Es gibt mehrere Tausend Pflanzenarten, darunter über 200 Orchideen und über 500 verschiedene Hölzer. Die Vegetation ist tropischer Regenwald, vereinzelte Kiefernsavannen und Sumpfland und hat fast durchgehend eine von Mangroven bewachsene Küste. Rund 50 Prozent der Fläche Belizes stehen unter Naturschutz.
Mahagoni-Setzlinge als Basis der Bootsbauer
Naturschutz. Das Backpackers ist jedoch mehr als ein Ort, an dem Großstadtflüchtlinge fernab der ausgetretenen Touristenpfade entspannen können. Von ihm gehen eine Reihe von Initiativen zur nachhaltigen Entwicklung der Region aus. So haben Nathalie und Edward auf ihrem Gelände eine Baumschule gegründet. Die hier aufgezogenen Mahagoni- Setzlinge sollen auf Farmen rund um Sarteneja angepflanzt werden. Damit wollen die beiden nicht nur eine Lebensgrundlage für die Bauern schaffen, sondern auch die Holzversorgung der im Ort ansässigen Bootsbauern sichern. Denn der Bedarf an Mahagoni ist groß in Sarteneja, auf dessen Werften noch Fischerboote nach altem Vorbild aus Holz gebaut werden.
Diplomarbeit über die Schlangen
Schlangen. Die Genferin Nathalie kam als Schlangenforscherin nach Belize. Im Shipstern Nature Reserve hat die angehende Biologin ihre Diplomarbeit geschrieben und ist geblieben.
Die Cayes und das Blue Hole
Tauchen. Die Cayes sind ein paradiesisches Inselatoll und bilden das nach dem Great Barrier Reef das zweitgrößte Riff der Erde. Das Gebiet gilt als eines der besten Tauchreviere der Erde.
REISEINFOS
Anreise: Belize wird von allen großen deutschen Flughäfen sowie von Wien und Zürich ab 900 Euro angeflogen. Günstiger kann es sein, nach Cancun in Mexiko zu fliegen. Von dort fährt man vier Stunden im Bus bis Chetumal an der Grenze zu Belize und eine weitere halbe Stunde bis Corozal. Von Belize City fahren vier Mal am Tag Busse nach Sarteneja. Die Fahrt dauert gute vier Stunden. Sarteneja kann auch von Corozal oder San Pedro mit dem Boot erreicht werden.
Lage: Sarteneja liegt im äußersten Nordosten Belizes, am Südufer der Bahía de Chetumal.
Einreise: Für eine Reise nach Belize von bis zu 30 Tagen wird kein Visum, aber ein bis zu sechs Monate gültiger Reisepass benötigt. Wer über Mexiko einreist, muss an der Grenze eine Gebühr von umgerechnet 20 US-Dollar entrichten. Reisende, die von Mexiko kommen, sollten darauf achten, dass sie ihre mexikanische Touristenkarte nicht abgeben, ansonsten sind bei der Wiedereinreise nach Mexiko erneut 20 Dollar fällig. Bei Ausreise aus Belize ist eine Gebühr von BZD 37,5 (etwa 19 US-Dollar) zu entrichten.
Klima: Das Klima Belizes ist tropisch. Die Temperatur beträgt im Jahresmittel 25,9 Grad Celsius. Die Gegend um Sarteneja ist vergleichsweise trocken. Der meiste Regen fällt zwischen Juni und Oktober.
Sprache: Landessprache ist Englisch. Vor allem im Norden des Landes wird oft Spanisch gesprochen.
WEITERE INFORMATIONEN:
Honorargeneralkonsulat Belize,
Büro Deutschland, Breitscheidstr. 10,
70174 Stuttgart,
Tel. +49 711 90710920,
Sarteneja: www.sarteneja.net
Shipstern Nature Reserve: www.shipstern.org
Backpackers Paradise: www.backpackers.bluegreenbelize.com