AA

Drnovsek muss in die Stichwahl

Ministerpräsident Janez Drnovsek hat bei den slowenischen Präsidentenwahlen am Sonntag die meisten Stimmen gewonnen, muss sich aber einer Stichwahl stellen.

Der Liberaldemokrat Drnovsek kommt nach der Auszählung von 82 Prozent der Stimmen auf 44,46 Prozent und verfehlte damit die für den Wahlsieg notwendige absolute Mehrheit deutlich. Die von der konservativen Opposition unterstützte Oberstaatsanwältin Barbara Brezigar übertraf dagegen mit 31,19 Prozent der Stimmen die Erwartungen. Einen Überraschungserfolg konnte auch der Chef der Slowenischen Nationalpartei (SNS), Zmago Jelincic mit 8,69 Prozent der Stimmen erreichen.

Drnovsek sagte in einer ersten Reaktion, er freue sich über die „hohe Unterstützung“. Das Resultat vom Sonntag sei eine „reale Grundlage“ für einen Sieg in der Stichwahl am 1. Dezember. Brezigar sagte, sie wolle in der Stichwahl die „Stimmen aller, die sich heute anders entschieden haben“ erlangen. Sie wolle „die Menschen verbinden“ und sich für mehr „Mitgefühl und Zusammenarbeit“ einsetzen. Der deklarierte EU- und NATO-Gegner Jelincic bezeichnete es als sein Erfolgsrezept, „Standpunkte zu haben“, was ihn von Drnovsek und Brezigar unterschieden habe.

Der seit mehr als zehn Jahren regierende Drnovsek hatte vor der Wahl als haushoher Favorit gegolten und war in Umfragen bei bis zu 50 Prozent der Stimmen gelegen, während Brezigar höchstens 30 Prozent gegeben wurden. Außerdem konnte Drnovsek auf eine indirekte Wahlempfehlung des äußerst populären amtierenden Staatspräsidenten Milan Kucan bauen, der diesmal nicht mehr kandidieren durfte. Bei den Präsidentenwahlen in den Jahren 1992 und 1997 hatte sich der als „Vater“ der slowenischen Unabhängigkeit geltende Ex-Kommunist jeweils im ersten Wahlgang klar durchgesetzt.

Insgesamt waren neun Kandidaten bei der Präsidentenwahl angetreten. Mit 7,33 Prozent der Stimmen kam der von der konservativen Regierungspartei SLS (Slowenische Volkspartei) unterstützte ehemalige Notenbankgouverneur France Arhar auf den vierten Platz, gefolgt von Ex-Parlamentspräsident France Bucar (3,03 Prozent), der in der Stichwahl Brezigar unterstützen will. Alle anderen Kandidaten erreichten weniger als zwei Prozent.

Drnovsek hatte im Wahlkampf seine als Ministerpräsident und zuvor als vorletzter jugoslawischer Staatspräsident erworbenen staatsmännischen Erfahrungen hervorgestrichen, die „kaum ein anderer Politiker auf der Welt“ besitze. Dem hielt die von vielen als „Leichtgewicht“ abgetane Brezigar ihre politische Unverbrauchtheit entgegen. Es sei „an der Zeit, dass auch neue Leute in die Politik kommen“, so Brezigar. Bis auf sechs Monate als Justizministerin in der konservativen Übergangsregierung im Jahr 2000 war sie bisher nicht politisch tätig gewesen.

Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der Republikswahlkommission bei 67,72 Prozent, das waren etwas weniger als im Jahr 1997 (68,29 Prozent). Insgesamt waren 1,6 Millionen Bürger wahlberechtigt.

Bei den gleichzeitig stattgefundenen Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen war am Abend noch kein landesweiter Trend erkennbar, da zunächst die Stimmzettel für die Präsidentenwahl ausgezählt wurden. Erste Ergebnissen zeigten aber, dass die linksgerichteten Bürgermeister der drei größten Städte des Landes, Laibach, Marburg und Koper, in die Stichwahl gehen müssen. Die Kommunalwahl galt als wichtiger Stimmungstest für die Mitte-Links-Regierung zur Hälfte der Legislaturperiode und kurz vor dem Abschluss der EU-Beitrittsverhandlungen. Beobachter hatten mit Gewinnen der konservativen Opposition gerechnet, die „auf dem flachen Land“ traditionell stark ist.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Drnovsek muss in die Stichwahl
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.