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Dringlicher Antrag: SPÖ will Hacklerregelung retten

Antragsteller ist Rainer Wimmer.
Antragsteller ist Rainer Wimmer. ©APA/ERWIN SCHERIAU
Die SPÖ läuft gegen die Reform der Hacklerregelung Sturm und hat in der heutigen Sitzung einen "Dringlichen Antrag" zur Rettung des privilegierten Pensionstyps eingebracht.
Statt Hacklerregelung nun Frühstarterbonus
ÖVP will Reform bei Hacklerregelung

Kommenden Freitag wird der Nationalrat der "Hacklerregelung" wieder Abschläge hinzufügen. Dagegen läuft die SPÖ Sturm und hat in der heutigen Sitzung einen "Dringlichen Antrag" zur Rettung dieses privilegierten Pensionstyps für Langzeitversicherte eingebracht.

Nicht nur das, die SPÖ will gar noch eine Ausweitung auf weitere Beziehergruppen und dass Heer und Zivildienst für die "Hacklerregelung" als Beitragszeiten anerkannt werden.

Nationalrat: "Hacklerregelung"-Rettung für SPÖ "dringlich"

Antragsteller Rainer Wimmer nimmt Regierungschef Sebastian Kurz (ÖVP) persönlich in die Ziehung: "Ein Bundeskanzler, der sich noch nie am freien Arbeitsmarkt beweisen musste, fordert die Kürzung der Pensionsleistung von Menschen, die mindestens 45 Jahre lang in das Pensionssystem eingezahlt haben", empört sich der Chef der sozialdemokratischen Gewerkschafter in der schriftlichen Begründung.

Die Abschläge von 4,2 Prozent, die bis heuer schon galten, seien sozialpolitisch nicht gerechtfertigt, findet Wimmer. Jemand der tatsächlich 45 Arbeitsjahre lang seine Beiträge in das Pensionssystem abgeführt habe, solle bei Inanspruchnahme seiner Pension, keine Abzüge haben. Dabei handle es sich doch um jene Leistungsträger, die der ÖVP immer so am Herzen lägen.

Das Argument der Koalition, dass Frauen von der "Hacklerregelung" nicht profitieren, lässt Wimmer nicht gelten. Denn die würden diese Pensionsform bald in Anspruch nehmen können, dann nämlich, wenn das Pensionsalter ab 2024 an jenes der Männer angeglichen werde. Derzeit liegt es noch bei 60 Jahren und die abschlagsfreie Langzeitversichertenpension gibt es erst ab 62.

Behandelt wird der "Dringliche Antrag" ab 15 Uhr.

Kurz kurz und bündig

Nicht viel Federlesens hat Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit der Beantwortung des "Dringlichen Antrags" der SPÖ zur "Hacklerregelung" gemacht. So sehr sich davor FSG-Chef Rainer Wimmer mit teils wilden Angriffen ins Zeug geworden hatte, so kurz und bündig begründete der VP-Obmann, warum man bei der Langzeitversicherten-Pension wieder Abschläge einführe: "Was ungerecht ist, das gehört repariert."

Wimmer, Chef der Facharbeiter-starken Gewerkschaft pro-ge, griff die Regierung vehement an. Kurz fragte er etwa: "Warum jagen sie die Arbeitnehmer wie Hasen?" VP-Arbeitnehmer-Obmann August Wöginger ist für ihn der Bock, der zum Gärtner gemacht wurde: "Du hast die Arbeitnehmer nicht nur einmal bodenlos verraten."

Was Wimmer so in Rage brachte, ist, dass durch die Wiedereinführung der Abschläge sehr viel Geld für die Betroffenen verloren gehe: "4.500 Euro im Jahr, Jahr für Jahr, lebenslang." Dies sei eine Pensionskürzung, die schäbig sei: "Wir werden Widerstand leisten."

Arbeitnehmer werde das Geld aus der Tasche genommen

Der FSG-Vorsitzende trug dann diverse Aussagen von VP-Arbeitnehmervertretern vor, die sich ebenfalls für den Erhalt der abschlagsfreien Variante eingesetzt hätten. Kurz dagegen mache die Schaumweinsteuer billiger: "Schampus trinken wird billiger gemacht und auf der anderen Seite nehmen sie den Arbeitnehmern das Geld aus der Tasche." In die Pflicht nahm Wimmer auch die Grünen, die ja früher ebenfalls Forderungen für die Arbeitnehmer vertreten hätten.

Die SPÖ-Reihen bejubelten den reschen Vortrag ihres Parteifreunds frenetisch, was Kurz freilich eher belustigte. Beinahe hätte er selbst applaudiert, meinte der Kanzler, habe die Rede doch "wirklich Unterhaltungswert" gehabt. Inhaltlich betonte der VP-Chef, dass unter seiner Kanzlerschaft die Steuerlast vor allem für kleine Einkommen massiv gesenkt worden sei und es höhere Inflationsanpassungen vor allem für Bezieher niedriger Pensionen als bei Kanzlern vor ihm gegeben habe.

"Hacklerregelung" sei in vielen Punkten ungerecht

Die "Hacklerregelung" jedoch sei ungerecht gegenüber jungen Menschen, gegenüber jenen, die noch vor kurzem mit Abschlägen in Pension gegangen seien und gegenüber Frauen, hätten doch Männer mit ohnehin hohen Pensionen noch etwas dazu bekommen. Daher gehöre diese abschlagsfreie Regelung beendet. Dafür gebe es den Früheinsteiger-Bonus und damit würden sich die Pensionen für die erhöhen, die schon lange gearbeitet und einen überproportionalen Anteil geleistet hätten. Dies sei ein Schritt für mehr Gerechtigkeit, von dem Männer und Frauen gleichermaßen profitieren würden.

Debatte laut und angriffig

Lautstark, mit vielen empörten Zwischenrufen und teils ziemlich angriffig fiel Dienstagnachmittag die Debatte über den Dringlichen Antrag der SPÖ auf Beibehaltung der "Hacklerregelung" aus. Die Klubobleute von ÖVP und Grünen traten an, um den von der Regierung stattdessen vorgesehenen Früharbeiter-Bonus zu rühmen - während SPÖ und FPÖ ihnen vorwarfen, Politik gegen die Arbeiter zu machen.

"Still und heimlich" hätte Türkis-Grün das versucht, ohne Begutachtung und ohne Debatte im Sozialausschuss - aber die SPÖ werde dafür sorgen, "dass die Menschen wissen, wer ihnen diese Pension gestohlen hat", antwortete der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried auf die Ausführungen des Kanzlers. Ex-Sozialminister Alois Stöger sah die Frauen bei der abschlagsfreien Frühpension für Langzeitversicherte nicht benachteiligt, auch wenn diese erst ab dem 60. Lebensjahr gewährt wird. Denn: "Frauen gehen mit 60 abschlagsfrei in Pension."

Abschaffung der Hacklerregelung sei "Schweinerei"

"Die Hacklerregelung abzuschaffen ist eine Schweinerei", sah der Freiheitliche Peter Wurm "typische" ÖVP- und Grün-Politik: Die Arbeiter zählten nicht zu deren Wählerklientel, "das interessiert euch nicht". Mit dem Frühstarterbonus bekämen die Betroffenen 60 Euro, aber 300 Euro nehme ihnen die Regierung weg.

Zum empörten Gegenangriff trat - nach den harschen Vorhaltungen von FSG-Chef Rainer Wimmer - ÖVP-Klub- und Arbeitnehmerobmann August Wöginger ans Rednerpult. "Diese Auftritte zeigen den Zustand dieser Sozialdemokratie", es sei "unfassbar wie tief diese Partei gesunken ist". Die Regierung führe die Pensionsregelung auf das Niveau zurück, das die ÖVP gemeinsam mit der SPÖ und deren Sozialminister Rudolf Hundstorfer - der habe "die Sozialpolitik noch verstanden" - 2010 mit dem Bonus-Malus-System beschlossen habe.

Auch Frauen sollen profitieren

Von der Hacklerregelung hätten vor allem Männer (nur eine Frau bisher) mit hoher Pension (von mehr als 2.800 Euro) profitiert - und zwar nicht die "Hackler in der Metallindustrie", sondern vorwiegend Angestellte. Sie verstehe also nicht, wie man diese Regelung verteidigen kann, sah die Grüne Klubchefin Sigrid Maurer den Frühstarterbonus als "gute faire Lösung" im Sinn feministischer Politik.

"In Wirklichkeit eine Regelung für die oberen 10.000 im Pensionssystem" ist die abschlagsfreie Frühpension aus Sicht von NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker - der die Abschaffung deshalb begrüßt. Ihm missfällt aber auch der Frühstarterbonus: Denn die Hacklerpension sei eigentlich nicht finanziert, und mit dem Ersatz werde nicht vorhandenes Geld umverteilt.

Abgelehnt

Von der Regierungsmehrheit - plus NEOS - abgelehnt wurden Dienstagnachmittag im Nationalrat die Anträge, die auf eine Rettung der "Hacklerpension" abzielen. Die SPÖ hatte dazu einen Dringlichen Antrag eingebracht, die FPÖ in der Debatte darüber einen Entschließungsantrag. Am Freitag werden ÖVP und Grüne die Wiedereinführung der Abschläge von 4,2 Prozent bei Pensionsantritt ab 62 nach 45 Beitragsjahren und den neuen Frühstarterbonus beschließen.

(APA/Red)

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