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Dortmund-Anschlag: Islamist als Verdächtiger festgenommen

Ermittlungen sind voll im Gange
Ermittlungen sind voll im Gange ©APA
Nach dem Anschlag auf einen Spielerbus des deutschen Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund verdichten sich die Anzeichen für einen islamistischen Hintergrund.
Vorarlberger in Dortmund
Bekennerschreiben werden geprüft
Rührende Reaktion der Monaco-Fans
Bombenattacke in Dortmund

Wegen des Anschlags sei ein Islamist als Tatverdächtiger vorläufig festgenommen worden, teilte die deutsche Bundesanwaltschaft am Mittwoch in Karlsruhe mit. Es sei von einem terroristischen Hintergrund auszugehen.

Insgesamt gebe es zwei Verdächtige, sagte die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Frauke Köhler. Zuvor hatte der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger gesagt, dass in alle Richtungen ermittelt werde. Das aufgefundene Bekennerschreiben sei sehr merkwürdig. Es könne “sowohl echt sein als auch der Versuch, eine falsche Spur zu legen”, sagte Jäger.

Daher könne es ein rechtsextremistischer Anschlag gewesen sein, ein linksextremistischer oder ein islamistischer. Die Täter hätten “eine größtmögliche Öffentlichkeit” erzielen wollen. Man müsse davon ausgehen, dass die Täter weitere Anschläge ankündigen werden. Der Hintergrund des Dortmunder Anschlags sei “völlig offen, liegt im Dunkeln”, fügte Jäger hinzu.Der SPD-Politiker betonte, die Sicherheitsvorkehrungen seien verstärkt und die Zahl der Einsatzkräfte nochmals erhöht worden. Um die Arbeit der Polizei zu erleichtern, sollten die Fans zum Wiederholungsspiel am Abend keine Rucksäcke mitbringen.

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Drei Sprengsätze detoniert

Am Dienstagabend waren nach der Abfahrt des Mannschaftsbusses vom Hotel im Süden Dortmunds zur später abgesagten Champions-League-Begegnung gegen den AS Monaco drei Sprengsätze detoniert. Dabei wurden ein BVB-Spieler und ein Polizist verletzt. Im Umfeld des Tatorts fanden Ermittler ein Bekennerschreiben. Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen an sich gezogen.

Das angebliche Antifa-Bekennerschreiben zum Sprengstoff-Anschlag in Dortmund ist wohl eine Fälschung. “Wir halten das Schreiben für einen Nazifake”, teilten die Betreiber des Internetportals Indymedia der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch in Berlin mit.

“Weder Inhalt noch Sprache deuten auf einen linken Hintergrund hin, deshalb haben wir es bereits sehr kurz nach der Veröffentlichung gelöscht”, hieß es weiter. Schon im September 2016 war auf dem Portal im Zusammenhang mit den in Dresden explodierten Sprengsätzen vor den Einheitsfeiern zum 3. Oktober ein gefälschtes Bekennerschreiben aus der rechten Szene veröffentlicht worden.

Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen

Nach dem Sprengstoffanschlag auf den Mannschaftsbus des deutschen Fußball-Clubs Borussia Dortmund (BVB) hat die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Ermittlungen übernommen. Sie will um 14.00 Uhr über den Ermittlungsstand informieren. Laut einem “Welt”-Bericht wurde das Bundeskriminalamt (BKA) mit der Ermittlungsarbeit beauftragt. Die Polizei geht von einem gezielten Angriff auf das BVB-Team aus.

In dem in der Nähe des Tatorts gefundenen Bekennerschreiben gibt es Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund der Tat. Nach dpa-Informationen aus Sicherheitskreisen vom Mittwoch wird in dem in deutscher Sprache verfassten, einseitigen Schreiben auf den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten und den Einsatz deutscher Tornado-Kampfflugzeuge in Syrien Bezug genommen. Zunächst hatten “Süddeutsche Zeitung”, NDR und WDR über die Details berichtet.

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Gleichzeitig wurde aber von den zuständigen Behörden intensiv darauf hingewiesen, dass ein islamistischer Hintergrund des Anschlags mit drei Sprengsätzen weiterhin nicht geklärt sei. Es seien weitere Überprüfungen notwendig.

Promis auf “Todesliste des IS”

Das am Dienstag in der Nähe des beschädigten Busses aufgefundene Schreiben mit islamistischem Hintergrund beginnt laut übereinstimmenden Medienberichten mit den Worten “Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen”. Es werde behauptet, dass die deutschen Kampfflugzeuge daran beteiligt seien, Muslime im “Kalifat” des sogenannten Islamischen Staates (IS) zu ermorden.

Weiter heiße es, ab sofort stünden Sportler und andere Prominente “in Deutschland und anderen Kreuzfahrer-Nationen” auf einer “Todesliste des Islamischen Staates”. Die Drohung gegen Sportler, Schauspieler und andere Prominente solle so lange gelten, bis die deutschen Kampfflugzeuge aus dem Kriegsgebiet abgezogen und die US-Luftwaffenbasis in Ramstein geschlossen sei.

Bei dem Anschlag am Dienstagabend im Vorfeld des dann kurzfristig abgesagten Viertelfinal-Hinspiels in der Champions League gegen AS Monaco, das am (heutigen) Mittwochabend (18.45 Uhr) nachgetragen werden soll, waren der Dortmunder Profi Marc Bartra aus Spanien schwer an Hand und Arm sowie ein Polizist verletzt worden.

“Die Hintergründe dieses feigen Anschlages müssen jetzt konsequent aufgeklärt werden”, twitterte der deutsche Justizminister Heiko Maas.

Erhöhte Sicherheitsvorkehrung vor Bayern-Spiel

Die Polizei kündigte an, mit einem Großaufgebot beim Nachholspiel in der Champions League gegen Monaco am Abend für Sicherheit sorgen zu wollen. “Wir werden heute natürlich mit starken Kräften hier vor Ort sein im Stadion, werden aber auch versuchen, unser Möglichstes tun, natürlich die Mannschaften zu schützen”, sagte Nina Vogt, Sprecherin der Dortmunder Polizei im ZDF. “Wir stehen da mit beiden Vereinen und auch mit allen Sicherheitsbehörden in sehr engen Kontakt.”

Der Angriff auf den Mannschaftsbus von Dortmund beschäftigte auch die Münchner Polizei. Das Sicherheitskonzept vor dem Bayern-Heimspiel im Champions-League-Viertelfinale gegen Real Madrid wurde deshalb noch einmal geprüft. Zur Bewertung der Lage stünden die Beamten auch in Kontakt mit der Dortmunder Polizei, sagte ein Sprecher am Mittwochvormittag. Er betonte aber gleichzeitig: “Wir haben keinerlei Gefährdungshinweise für München und das Spiel.” Trainer Carlo Ancelotti und sein Team, dem auch ÖFB-Star David Alaba angehört, fühlen mit den BVB-Kollegen und Marc Bartra.

Große Solidarität und Hilfsbereitschaft gab es auch unter den Fans: Nach der Verlegung des Champions-League-Spiels boten Dortmunder unter #bedforawayfans Schlafplätze an. Anhänger des AS Monaco suchten auf demselben Weg nach Unterkünften. In der Nacht wurden in den sozialen Netzwerken Fotos von BVB- und Monaco-Fans gepostet, die gemeinsam am Tisch saßen und aßen. Die beiden Fußballclubs informierten per Twitter über die Aktion.

Lob für Dortmund-Fans

Die Dortmunder Polizei lobte das Verhalten der Zehntausenden Fußballfans, die bereits im Stadion saßen, nach der kurzfristigen Absage. “Das ist gestern mit sehr viel Ruhe abgelaufen, und das hat uns natürlich als Polizei und sicherlich auch dem Verein sehr geholfen”, sagte Polizeisprecherin Vogt. “Ich glaube, da können wir alle sagen, dass wir auf die Reaktionen gestern nur stolz sein können”, betonte sie.

Unterdessen wollen Trainer Thomas Tuchel und die Vereinsspitze das geschockte Team für das Champions-League-Spiel am Mittwochabend gegen Monaco wieder aufrichten. Im Gespräch mit der “Bild”-Zeitung sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: “Der Verein ist ohnehin unfassbar geschlossen. Aber wir müssen die Mannschaft in einen spielfähigen Zustand versetzen. Das ist eine Herkulesaufgabe.”

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