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"Dobry den" & "God bless you all"

Pressburg im Bush-Rausch: 10.000 Menschen sind gekommen, um die erste Rede eines US-Präsidenten in der Slowakei zu hören. In eisiger Kälte und bei Schneefall haben sie ausgeharrt.

Für George W. Bush wurde die letzte Station seiner Europa-Reise fast zum Heimspiel. Völlig entspannt und breit lächelnd trat der US-Präsident am Donnerstagmittag vor mehrere tausend Slowaken, um ihnen für ihren Beitrag zur Verbreitung von Freiheit und Demokratie in der Welt zu danken. Mit dem slowakischen „Dobry Den“ (Guten Tag) brach er das Eis. Danach war ihm der Beifall auf dem Hviesdolslav-Platz im Zentrum Pressburgs sicher.

Von feindseligen Demonstranten war auf dem Platz nicht viel zu sehen. Ganze 50 Kritiker, die auf Transparenten „Adolf Bush“ und „Wladimir Lenin Putin“ anprangerten, wurden am Rand der Veranstaltung von mehreren hundert Polizisten „abgeschirmt“. Das slowakische Fernsehen zeigte sie nicht, US-amerikanische Sicherheitsleute versuchten, Pressefotografen daran zu hindern, die Proteste zu fotografieren. Nichts sollte offenbar die Harmonie des „historischen“ Augenblicks stören, den die eindeutig pro-amerikanische Regierung der Slowakei so sehr ersehnte.

Und so konnte Bush erstmals in Europa vor einem großen Publikum seine Vision von der Ausbreitung von Demokratie und Freiheit fast ungestört vortragen. Die schrillen Pfiffe der Demonstranten waren bei der Live-Übertragung des staatlichen slowakischen Fernsehens nicht zu hören. Die Regierung hatte bereits Anfang Februar striktere Grenzkontrollen angeordnet, um die Einreise von Demonstranten aus den Nachbarländern zu verhindern.

Offizielle Kritik brauchte Bush in Pressburg ohnehin nicht zu befürchten. Die slowakische Regierung steht, wie kaum eine andere in Europa, hinter den USA, auch hinter dem US-Feldzug gegen Saddam Hussein. Ministerpräsident Mikulas Dzurinda schickte immerhin mehr als 150 Soldaten in den Irak. Er darf sich seither als führender Vertreter des „Neuen Europas“ betrachten – ein Begriff den US- Verteidigungsminister Donald Rumsfeld auf dem Höhepunkt der Krise um Washingtons Irak-Feldzug prägte. Auch bei seinen äußerst radikalen Sozialreformen sind die USA für Bratislava ein Vorbild.

Kein Wunder, dass Bush die kleine Slowakei immer wieder als großes Vorbild im Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit auch für andere Staaten darstellte: Für Georgien etwa, für die Ukraine, „und jetzt auch für den Irak. Die purpurne Revolution der späten 80er Jahre in der Slowakei setze sich nun im Mittleren Osten fort. „Jeder Slowake kann stolz auf diese Errungenschaften sein; und das amerikanische Volk ist stolz, Sie als Verbündete zu haben“, rief der Präsident den Slowaken und dem Rest der Welt entgegen.

Dass Bushs Besuch in Pressburg nicht ganz zum „Heimspiel“ wurde, lag nicht zuletzt an seinem als „schwierig“ bezeichneten Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, auf dessen Tagesordnung fast ausschließlich kontroverse Themen standen. War es eine Vorahnung, dass die Slowaken beiden Staatschefs Nachbildungen eines Schwerts aus dem achten Jahrhundert als Gastgeschenk überreichten? In der Slowakei genießt Putin nach wie vor ein hohes Ansehen. Nach einer Umfrage der Tageszeitung „Sme“ vom Mittwoch sieht die Mehrheit in ihm und nicht in Bush einen Garanten für die Stabilität der Demokratie.

Bushs Rede galt “eher Irakern, als Slowaken”

Hinter ihm, auf dem Nationaltheater, stehen Scharfschützen in Stellung. Links und rechts neben ihm schützen ihn kugelsichere Panzerglaswände. Vor ihm die Masse mit slowakischen und amerikanischen Fähnchen ausgestattet, die Bushs Vorredner, den slowakischen Premier Mikulas Dzurinda nicht so freundlich begrüßt haben.

Bush, der immer wieder lächelt und winkt, erinnert daran, dass genau dieser Ort, auf dem er jetzt steht, einen historischen Platz darstellt. In der Zeit des Kommunismus, vor 17 Jahren, hätten sich hier tausende Slowaken versammelt, um für Glaubensfreiheit zu beten und zu singen. Die Slowakei habe die Tyrannei gekannt. Mittlerweile habe sie eine erfolgreiche Demokratie und freie Marktwirtschaft erreicht. Hinzu kämen der NATO- und EU-Beitritt im Vorjahr. „Jeder Slowake kann stolz auf diesen Erfolg sein“, betont Bush. „Und die amerikanischen Bürger sind stolz, die Slowaken unsere Verbündete, Brüder und Freunde nennen zu können.“ Das Engagement Preßburgs im Kosovo, in der Ukraine und im Irak zeige, wie ein kleines Land „Freiheit verbreiten kann“.

Bush zieht daraufhin einen gewagten Vergleich zwischen der Wende und dem Irak nach den Wahlen. Als er die irakischen Kinder auf den Straßen tanzen habe sehen, habe ihn das an die samtene Revolution erinnert. „Das ist das 1989 für das irakische Volk.“ Das irakische Volk habe bei den Wahlen seinen Mut, in einer freien Welt zu leben, demonstriert. „Die selbe Bestimmtheit sahen wir in Kiew, in Tiflis und auf diesem Platz vor 17 Jahren hier.“

Die Slowakei solle ihre Lektion weitergeben, sagt Bush. Und die Lektion sei, dass Freiheit ein Wert ist und nicht selbstverständlich. „Das Böse ist real und muss bekämpft werden.“ Damit man zu Hause in Freiheit leben könne, müsse man diese im Ausland verbreiten. „Ich danke für Ihren Beitrag“, sagt er zu der Menge. „Dekuji and may God bless you all.“ Die Menschen jubeln.

Doch Sarka, eine junge Lehrerin ist weniger begeistert: „Die Rede war eher an die Iraker adressiert, als an die Slowaken“, bemängelt sie. Stolz ist hingegen Ludovik, ein Anwalt: „Bush hat deutlich gesagt, die Slowaken sind ein verlässlicher Partner. Das hat mir gefallen.“ Anders sieht dies ein Bahnschaffner. „So wichtig ist der nicht“, sagt er und deutet auf eine Zeitung, von der Bush herunterlächelt. „In Bratislava sind die Straßen gesperrt, die Geschäfte zu. In Mainz durften die Leute nicht einmal die Wohnungen verlassen. Die haben alle einen Vogel.“

Bush nannte Gespräch mit Putin „sehr konstruktiv“

US-Präsident George W. Bush hat das Gipfeltreffen mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin am Donnerstag in Preßburg als „sehr konstruktiv“ bezeichnet. Bush sagte nach der rund dreistündigen Unterredung, Putin und er stimmten darin überein, dass der Iran und Nordkorea keine Atomwaffen haben sollten.

Gleichzeitig erinnerte Bush Putin an die Bedeutung der Demokratie für die Stärke eines Landes. Bush sagte, dass jede Demokratie auch die Geschichte und Kultur eines Landes reflektiere. Er habe aber „konstruktiv und freundschaftlich“ an die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit und einer lebendigen Opposition in der Demokratie erinnert, so Bush.

Das Gipfeltreffen in der slowakischen Hauptstadt bildete den Abschluss der Europareise des amerikanischen Präsidenten, die ihn auch zur NATO und der Europäischen Union nach Brüssel und zu einem Treffen mit dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder nach Mainz geführt hat.

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