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Diskussion um City-Maut in Wien: Einführung rechtlich unzulässig

Die City-Maut, die von Maria Vassilakou thematisiert wird, führt zu Diskussionen in der Politik.
Die City-Maut, die von Maria Vassilakou thematisiert wird, führt zu Diskussionen in der Politik. ©Georg Hochmuth
Die Bekanntgabe der neuen City-Maut führt bereits zu zahlreichen Debatten. Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou plant die City-Maut für Wien. Dies würde rund 300.000 Pendler betreffen.
City-Maut soll Verkehrsanstieg verhindern

Künftig sollen, laut Maria Vassilakou, die Pendler an der Stadtgrenze nach Wien zur Kasse gebeten werden. Damit sind nicht alle einverstanden. Auch das Finanzministerium zeigt kein Verständnis dafür und versichert in schriftlicher Form, dass die Einführung “in mehrfacher Hinsicht rechtlicht unzulässig” sei. Es würde eine “Ungleichbehandlung von Wienern und Niederösterreichern” bedeuten.

Nun meldet sich auch der Automobilklub ARBÖ Präsident Dr. Peter Reza zu Wort: „Sollte die Vizebürgermeisterin diese absurde Forderung nicht umgehend zurücknehmen, ist sie rücktrittsreif. Denn eine derartige Idee und der damit verbundene finanzielle Anschlag auf 300.000 Pendlerinnen und Pendler disqualifiziert sich von selbst, insbesondere weil keine Alternativen wie ausreichend viele Park & Ride-Anlagen zur Verfügung stehen. Maria Vassilakou hatte in den vergangenen acht Jahren genug Gelegenheiten gehabt, für einen ausreichenden Ausbau der günstigen Stellplätze am Stadtrand zu sorgen und damit den Umstieg auf die Öffentlichen Verkehrsmittel für Pendler zu erleichtern. Jetzt 300.000 Arbeitnehmer für diese Versäumnisse bezahlen zu lassen, ist eine besondere Unverfrorenheit“.

Volksbefragung 2010 zeigte deutliches Ergebnis

„Dass ihr dabei angeblich besonders der 22. Bezirk am Herzen liegt, kann höchstens als weitere Provokation verstanden werden. Rund zehn Jahre lang hat Maria Vassilakou zudem den so dringend benötigten Lobautunnel, der eine echte Entlastung der Donaustadt bringt, mit allen erdenklichen Mitteln blockiert. Erst jetzt, wo das Bundesverwaltungsgericht diese Blockade beendet hat, rudert die Vizebürgermeisterin verzweifelt zurück“, ärgert sich der ARBÖ Präsident, „Autofahren ist schon jetzt teuer genug. Eine weitere Belastungswelle, noch dazu eine die arbeitenden Menschen trifft, ist nicht zu akzeptieren”, so Dr. Peter Reza. Auch der ÖAMTC ist dagegen.

Bereits 2010 hatte es eine Volksbefragung zu der City-Maut gegeben, bei der sich 77% der Wiener dagegen entschieden. „Gilt dieses Ergebnis jetzt nicht mehr oder stellen sich die Grünen ganz bewusst gegen die Bevölkerung?“, fragt sich Peter Rezar.

ÖVP und FPÖ äußern Bedenken

“Darüber hinaus sind Mauten mit Ermächtigung im Finanzausgleichsgesetz zulässig”, betonte man seitens des ÖVP-Ministeriums. Vor allem aus politischer Sicht gibt es Zweifler. Auch Verkehrsminister Norbert Hofer äußert seine Bedenken. “Ich lehne den Plan ab, muss aber auch zur Kenntnis nehmen, dass es sich dabei um eine Entscheidung der Wiener Stadtregierung handelt.”

“Wenn die Stadt Wien durch die Einführung der City-Maut Einnahmen lukriert, die dem Vernehmen nach für den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel verwendet werden sollen, dann müssen wir ernsthaft darüber nachdenken, diese bestehende Vereinbarung abzuändern, um so Geldmittel freizubekommen, mit denen wir anderen Ballungsräumen beim Öffi-Ausbau unter die Arme greifen können”, kündigt Verkehrsminister Norbert Hofer an.

Wien hat bereits hohe Steuerbeiträge

Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) fordert, dass zuerst das Projekt Lobautunnel stattfinden muss. “Das Land Wien muss zuerst seine Hausaufgaben machen. Dazu zählen eine vernünftige Öffi-Offensive, die Abstimmung mit der ganzen Ost-Region, also mit den Anbindungen nach Niederösterreich und ins Burgenland, sowie mit dem Twin City Bratislava”.

Der Straßenverkehr hat bereits hohe Steuerbeiträge (MÖSt, NoVA, Kfz-Steuer, motorbezogene VersSt). Der größte Teil davon geht an Länder und Gemeinden. Bereits 2016 erhielten Bundesländer Ertragsanteile in Höhe von 1,4 Milliarden Euro und Gemeinden 820 Millionen Euro. “In dem Vorschlag wird offensichtlich vergessen, dass in Wien ansässige Firmen für ihre einpendelnden Mitarbeiter Steuer zahlen”, so Klacska. Er warnt auch vor einer Überteuerung der Dienstleistungen.

Kritik aus dem Burgenland

Auch aus dem Burgenland kommt starke Kritik. Präsident der Wirtschaftskammer Burgenland äußert sich zu dem Vorhaben sehr negativ. “Die Einführung der City-Maut ist ein populistischer Schnellschuss einer planlosen Politikerin. Die hunderten burgenländischen Unternehmer, deren Mitarbeiter, aber auch die vielen Pendler, dürfen nicht für die Finanzprobleme der Wiener zur Kasse gebeten werden.”

“Vielleicht sollte man versuchen die Parkraumbewirtschaftung in Wien effizienter zu gestalten”, rät Präsident Nemeth: “Die tausenden Wiener die am Wochenende zur Erholung ins Burgenland kommen, würden schön schauen, wenn wir eine Maut für die Einreise verlangen würden!”

Ludwig gegenüber Grünen-Forderung skeptisch

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) steht einer Citymaut für Einpendler distanziert gegenüber. “Ich sehe das kritisch, weil Pendler nicht den Eindruck gewinnen sollen, dass wir sie nicht wollen”, sagte Ludwig am Dienstagnachmittag nach seiner Angelobung als Landeshauptmann in der Hofburg. Statt einer “unsichtbaren Mauer” solle man Umsteige-Anreize schaffen.

Ludwig sagte, er lehne nicht generell etwas ab, nur weil es von einer anderen Partei komme. Der Stadtchef nannte aber drei Gründe für seine Skepsis. Erstens habe eine Mehrheit der Wiener eine Citymaut im Zuge der Volksbefragung 2010 abgelehnt. Zweitens habe Wien ein gutes System der Parkraumbewirtschaftung und drittens sei ihm ein gutes Verhältnis in der gesamten Ostregion – also ein gutes Einvernehmen mit Niederösterreich und Burgenland – sehr wichtig.

“Anstatt alternativlose Autofahrer zusätzlich zu belasten, sollte man sich lieber um den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel oder die Fertigstellung des Lobau-Tunnels kümmern”, übte auch der Verkehrssprecher der ÖVP im Nationalrat, Andreas Ottenschläger, Kritik.

Meinungen zu City-Maut sehr unterschiedlich

Angetan zeigte sich dagegen der Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Rund 200.000 Personen fahren laut VCÖ zwischen 5.00 und 9.00 Uhr in der Früh aus dem Umland nach Wien. Rund zwei Drittel davon kommen mit dem Auto, ein Drittel nutzt den öffentlichen Verkehr. Eine AK-Studie aus dem Jahr 2016 habe gezeigt, dass die Anzahl der Bahnpendler aus dem Umland nach Wien verdoppelt werden könne, hieß es in einer Aussendung des VCÖ. Um das Potenzial zu nutzen, reiche eine weitere Verbesserung des Bahnangebots nicht aus. Es brauche auch Lenkungsmaßnahmen wie die nun diskutierte Citymaut, glaubt VCÖ-Mitarbeiter Markus Gansterer.

Kritik an Vassilakous Forderung kam auch von der Wirtschaftskammer. Der Verkehr leiste bereits jetzt durch die direkt dem Straßenverkehr zuordenbaren Steuern “enorme Budgetbeiträge”, betonte Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr.

Wiens ehemaliger Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) ist von der Idee ebenfalls wenig angetan. “Ich habe nie etwas davon gehalten”, sagte er am Rande einer Pressekonferenz des Städtebundes am Dienstag. Eine solche Maßnahme sei zudem für die Innenstädte, nirgends auf der Welt gebe es derartiges für den gesamten städtischen Raum. Mit dem Parkpickerl gebe “es bereits eine Schikane, die für die Niederösterreicher, die in Wien arbeiten, das Leben massiv erschwert”, kritisierte auch Niederösterreichs SPÖ-Landesparteichef Franz Schnabl den Vorstoß.

(Red.)

 

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