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Diskussion in Wien: Was hat ein Papst der Welt noch zu sagen?

Der Hype um Papst Franziskus alias Jorge Mario Bergoglio ist ungebrochen
Der Hype um Papst Franziskus alias Jorge Mario Bergoglio ist ungebrochen ©dpa
Über eine Woche nach seiner Wahl zu Papst Franziskus ist der Hype um den Argentinier Jorge Mario Bergoglio nach wie vor ungebrochen. Dabei ist das Zugehörigkeitsgefühl zur katholischen Kirche in Europa am Schwinden. Bei einer Podiumsdiskussion in Wien diskutierten "Die Zeit"-Außenpolitik-Chef Jan Ross, Journalistin Sybille Hamann und Kabarettist Florian Scheuba am Mittwoch über den neuen Papst und den Hype um seine Person.
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Der Außenpolitik-Chef der deutschen Wochenzeitung “Die Zeit”, Jan Ross, seine Journalisten-Kollegin Sybille Hamann und der Kabarettist Florian Scheuba diskutierten am Mittwoch darüber, ob es sich nur um eine temporäre Medienblase handelt, die bald zerplatzen wird, oder ob der Papst der Welt von heute wirklich noch etwas zu sagen hat.

Neuer Papst ist “greifbare Person”

Einigkeit herrschte in einem Punkt: Das große Interesse für den Papst sei echt und habe viel mit der Greifbarkeit seiner Person zu tun. “So etwas kann man nicht inszenieren”, war sich Ross sicher. Einen Grund dafür sah Ross in der “ungehörigen Konzentration des Amtes auf eine Person und deren Sichtbarkeit.”

Hamann betonte: “Der Papst ist präsent und klar.” Es gebe so viele “weltbestimmende Vorgänge”, welche die Menschen nicht ganz verstehen würden und deren Auslöser man nicht kenne. Dazu bilde die Kirche ein Kontrastprogramm. Die Rituale seien zwar aus einer fremden Zeit, hätten aber eine seltsam “verkorkste archaische” Eindeutigkeit, so Hamann.

Sehnt sich Gesellschaft nach Autorität?

Für Ross ist das aber keine ausreichende Erklärung. Das bedeutendere Element sei die Sehnsucht nach Autorität in unserer Gesellschaft. Aber nicht die herkömmliche Autorität, die sich vor allem auf Macht und Geld stütze, sondern eine Autorität, die etwas anderes verkörpere. Die Kirche habe für genau das eine Sprache, so Ross. Die Botschaft, die verkündet wird, sei dabei nicht von den äußerlichen Vorgängen und der Person des Papstes zu trennen. “Die Einfachheit der Rolle ist toll. Die Globalisierung hat kein Gesicht, die Finanzkrise auch nicht. Beim Papst ist alles sehr klar”, stieß Scheuba in das gleiche Horn.

Für Ross hat der Papst eben deshalb eine wichtige Funktion in der Gesellschaft, weil er Dinge wie Liebe oder Güte direkt ansprechen könne, die sonst eher Tabu seien. Eigentlich sei der Papst aber nicht “so wichtig.” “Letztlich geht es in der Kirche um Jesus Christus und die Menschen.”

Das Papstamt müsse bloß das eigentliche Wichtige durchsichtig machen. Ross ist selbst evangelisch, sieht aber dennoch auch Vorteile des Papsttums: “Weil es die Abhängigkeit von der weltlichen Macht verhindert. Das kann vor allem in einer Auseinandersetzung mit diesseitigen Machthabern sehr nützlich sein.”

Zu den Aufgaben von Franziskus

Was kann der Papst aber nun wirklich für die säkulare Welt tun? Hamann meinte, die Religion habe vor allem die Pflicht Gegenpol zu ausbeuterischen ungerechten Strukturen in der Gesellschaft zu sein. Das sei aber nicht genuin katholisch sondern gelte für alle anderen Institutionen oder Weltanschauungen auch.

Auch für Florian Scheuba liegt eine Hauptaufgabe der Kirche darin, ungerechte Strukturen aufzudecken und zu benennen. Dabei seien die Sperrigkeit und das Nonkonformistische, das quer zu unserer normalen Lagerbildung stehe, von besonderer Wichtigkeit, ergänzte Ross. Diese Erfahrung sei der Beitrag einer Kirche zu einer pluralistischen Gesellschaft.

(apa/red)

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