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Diskriminierung von homosexuellem Wiener Ex-Polizist

Das Bundesverwaltungsgericht beschäftigte sich mit dem Fall eines homosexuellen Ex-Polizisten der von seinem ehemaligen Arbeitgeber diskriminiert wurde.
Das Bundesverwaltungsgericht beschäftigte sich mit dem Fall eines homosexuellen Ex-Polizisten der von seinem ehemaligen Arbeitgeber diskriminiert wurde. ©APA/HELMUT FOHRINGER (Sujet)
Ein ehemaliger Polizist aus Wien, der homosexuell ist, wurde über einen langen Zeitraum aufgrund seiner sexuellen Orientierung und seines Geschlechts diskriminiert. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat kürzlich festgestellt (Geschäftszahl W221 2240276-1), dass ihm Unrecht widerfahren ist. Als Entschädigung für dieses Unrecht erhielt der 82-jährige Mann nach einem langwierigen Rechtsstreit eine Zahlung in Höhe von 20.000 Euro. Für seinen Anwalt Helmut Graupner ist dieser Betrag jedoch nicht angemessen.

Der damalige Revierinspektor war 1974 nach stets einvernehmlichem Sex mit Männern wegen gleichgeschlechtlicher Unzucht mit Personen unter 18 Jahren (§ 209 StGB) zu drei Monaten Kerker verurteilt und in weiterer Folge aus dem Polizeidienst entlassen worden. Seine Ruhegenussansprüche wurden um 25 Prozent gekürzt. Bereits 2009 verlangte Graupner unter Verweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie die Nachzahlung der Differenz zur regulären Pension und eine Entschädigung für die erlittene Diskriminierung des Ex-Polizisten. Das wurde von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVAEB) mangels angeblicher Rechtsgrundlage abgelehnt, worauf sich Graupner bis zum Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und schließlich zum Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) durchkämpfte, der 2019 entschied, dass der strafweise Pensionsabzug als eine verbotene Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung anzusehen und der Betroffene zu entschädigen ist.

Diskriminierung von homosexuellem Wiener Ex-Polizist beschäftigt Bundesverwaltungsgericht

Seit Sommer 2020 erhält der Mann die volle Pension aus seiner Zeit als Polizeibeamter, die zu Unrecht gekürzten Beiträge bekam er nachträglich ausbezahlt - allerdings erst für die Jahre ab 2003. Hinsichtlich der davor gekappten Beiträge war Verjährung eingetreten.

Entschädigung für die Diskriminierung des schwulen Ex-Polizisten verweigert

Was die Diskriminierung des schwulen Ex-Polizisten betrifft, verweigerte die BVAEB eine Entschädigung und wurde dabei vom BVwG zunächst bestätigt. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hob diese Entscheidung jedoch als willkürlich auf, der Fall ging zurück ans BVwG, wo nun mit Erkenntnis vom 29. August 2023 Folgendes festgehalten wurde: "Es steht fest, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner sexuellen Orientierung und seines Geschlechts diskriminiert wurde, was eine Demütigung des Beschwerdeführers darstellte. Er erlitt insofern eine persönliche Beeinträchtigung, als er seiner Arbeit im Polizeidienst nicht mehr nachkommen und im Polizeidienst keine Karriere machen konnte, öffentlich geoutet wurde und sich seine Kollegen, Freunde und Bekannten von ihm abwandten. Seine Familie und sein Partner standen jedoch hinter ihm."

82-Jährigem wurde eine Entschädigung von 20.000 Euro zugebilligt

Das BVwG billigte dem 82-Jährigen eine Entschädigung von 20.000 Euro zu, wobei im schriftlichen Erkenntnis auf die "extrem lange Dauer der Diskriminierung", das Vorliegen einer Mehrfachdiskriminierung sowie "den im beruflichen und privaten Umfeld bewirkten Ansehensverlust" verwiesen wird. Darüber hinaus sei die Höhe der Entschädigung "hinreichend abschreckend und präventiv, sodass damit ähnlich gelagerte Fälle zukünftig verhindert werden sollen und den europarechtlichen Vorgaben Genüge getan wird".

Ex-Polizist und Anwalt begehrten eine Entschädigung von 100.000 Euro

Der Ex-Polizist und sein Rechtsvertreter hatten allerdings eine Entschädigung in Höhe von 100.000 Euro begehrt. Daher sei die Entscheidung des BVwG "nach über 14 Jahren Justizkampf ein weiterer Tiefschlag in die Magengrube", so Rechtsanwalt Graupner in der aktuellen Ausgabe der Online-Zeitschrift "Ius amandi". 20.000 Euro zahle die Republik Österreich als Rechtsträger der BVAEB "mit einem müden Lächeln aus der Portokasse". Graupner, der den Ex-Polizisten seit 2009 vertritt, will daher in dieser Sache wieder den VwGH und den VfGH bemühen. Sein Mandant habe "immer noch keine gerechte Entschädigung erhalten".

Anwalt: Mandant habe "immer noch keine gerechte Entschädigung erhalten"

Der umstrittene § 209 StGB ist seit August 2002 außer Kraft, nachdem der VfGH die homophobe Sonderstrafbestimmung als verfassungswidrig aufgehoben hatte. Dessen ungeachtet ist laut Anwalt Graupner für den 82 Jahre alten Ex-Polizisten die infolge seiner strafrechtlichen Verurteilung ergangene Disziplinarstrafe weiter aufrecht. Die Disziplinarkommission der Polizei hatte dem Mann seinerzeit eine "abwegige Neigung" bescheinigt und festgestellt, dieser habe "eine der denkbar schwersten Pflichtverletzungen" begangen. Es stehe außer Frage, "dass Homosexuelle in den Reihen der Sicherheitsexekutive für diese an sich schon eine arge Belastung darstellen", befand seinerzeit die Disziplinarbehörde.

(APA/Red)

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