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Diskriminierung: Europaratsexperten fordern Änderung des Kopftuchverbots an Österreichs Volksschulen

An Österreichs Volksschulen herrscht Kopftuchverbot.
An Österreichs Volksschulen herrscht Kopftuchverbot. ©Pixabay.com (Sujet)
Das Kopftuchverbot an Volksschulen in Österreich sorgt für Kritik vom Antidiskriminierungsausschuss des Europarats. "Um sicherzustellen, dass es den Neutralitätsgrundsatz respektiert, ein legitimes Ziel verfolgt und frei von jeglicher Form von Diskriminierung einer bestimmten Gruppe von Schülern ist" sollte das Gesetz überarbeitet werden, heißt es am Dienstag in einem Bericht des Experten-Gremiums.

In diesem Zusammenhang übte der Anti-Diskriminierungsausschuss des Europarats (ECRI) auch scharfe Kritik an den Politikern für den Umgang mit Muslimen in Österreich. "Es gibt einen hohen Grad an Islamophobie, und der öffentliche Diskurs ist immer fremdenfeindlicher geworden. Politische Reden haben äußerst spaltende und antagonistische Grundtöne angenommen, insbesondere in Bezug auf Muslime und Flüchtlinge", heißt es in dem Bericht.

"Anlass zur Sorge"

"Politische Führungskräfte aller Seiten müssen sich unmissverständlich gegen jede rassistische Hassrede aussprechen und auf die Äußerung solcher Hassrede mit einer eindeutigen Gegenbotschaft reagieren", forderten die Experten. "Alle politischen Parteien des Landes sollten Verhaltenskodizes verabschieden, die den Gebrauch von Hassrede verbieten und ihre Mitglieder und Anhänger aufrufen, sich dieser nicht zu bedienen."

"Anlass zur Sorge" sehen die Experten des Europarates auch durch weitere Mängel. Sowohl der Gleichbehandlungsanwaltschaft als auch der Gleichbehandlungskommission fehle es an ausreichend Personal und finanziellen Mitteln. Die Antidiskriminierungsgesetze seien aufgrund der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der österreichischen Bundesregierung und den Bundesländern weiterhin komplex und fragmentiert. Die Unterscheidung zwischen Gleichbehandlungsgesetz und Antidiskriminierungsgesetzen der einzelnen Bundesländer führe häufig zu Verwirrung und Rechtsunsicherheit.

In Österreich erfolge noch immer keine umfassende und systematische Erfassung von Daten zu Hassrede und hassmotivierter Gewalt, kritisierte das Gremium weiters. "Der Grad der Nichterfassung, insbesondere bei schutzbedürftigen Gruppen, ist ein Problem." Obwohl 2017 in den Staatsanwaltschaften entsprechende Sonderabteilungen eingerichtet wurden, hätten diese Einheiten noch nicht ihre Tätigkeit aufgenommen.

Zahlreiche Kritik

Besorgt zeigte sich der Europaratsauschuss auch zu Meldungen mutmaßlicher Praktiken eines ethnischen Profiling (Racial Profiling) durch die österreichische Polizei, insbesondere in Bezug auf Dunkelhäutige und Muslime, die nach wie vor stattfinden würden.

Auch zu Integrationsmaßnahmen ist der Bericht kritisch. Die gesetzliche Einrichtung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen im Juni 2019 habe ernste Fragen zur Bereitstellung kostenloser Rechtshilfe für Asylsuchende aufgeworfen, heißt es in dem Bericht. Österreich müsse sicherstellen, dass Asylsuchende durch eine vollständig unabhängige Einrichtung kostenlose Rechtsberatung und -hilfe erhalten.

Das Recht von intergeschlechtlichen Kindern auf körperliche Unversehrtheit und körperliche Selbstbestimmung sollte wirksam geschützt werden, forderte das Gremium weiters. Das bedeute etwa, dass medizinisch unnötige Operationen und andere Behandlungen zur "Normalisierung" des Geschlechts verboten werden, bis das Kind in der Lage ist, auf Grundlage des Selbstbestimmungsrechts und des Grundsatzes einer freien und informierten Einwilligung an der Entscheidung mitzuwirken.

Auch Fortschritte verzeichnet

Seit dem bisher letzten ECRI-Bericht 2015 seien in Österreich auch Fortschritte erzielt worden, heißt es in dem Report. Mehrere rechtliche Entwicklungen zur Förderung der Gleichstellung von LGBTI-Personen seien zu verzeichnen. 2018 sei eine dritte Geschlechterkategorie "divers/offen" und 2019 die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt worden.

Österreich habe auch mehrere Initiativen zur Unterdrückung von Hassrede ergriffen, indem es Gegendarstellungen entwickelt habe. Die Behörden hätten die Aufdeckung und Protokollierung von Hass im Internet verbessert und Hilfsangebote für Opfer dieser Vorfälle eingerichtet. 2016 sei der Straftatbestand des Cybermobbing eingeführt und 2018 eine Vereinbarung mit den sozialen Netzwerken über das Entfernen von Hassrede innerhalb von 24 Stunden getroffen worden. 2017 sei die Roma-Strategie überarbeitet worden, die Bekämpfung von Antiziganismus werde nun ausdrücklich als strategische Priorität anerkannt.

Raab: Kopftuch-Ideologie hat in Österreichs Schulen keinen Platz

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) weist die Kritik des Europarats am österreichischen Kopftuchverbot an Volksschulen zurück: Das Kopftuch bei Kindern sei kein religiöses, sondern ein ideologisches Symbol. "Es stigmatisiert die Mädchen bereits in sehr jungen Jahren und reduziert sie auf ihr Geschlecht. Das hat in Österreich keinen Platz", betonte Raab am Dienstag in einer Stellungnahme.

(APA/Red.)

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