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Dionne Warwick in Wien

Dionne Warwick, APA
Dionne Warwick, APA
Soulpop-Diva Dionne Warwick in der Wiener Staatsoper: Statt wilder Ekstase ein gesittetes Publikum, das auf den Plätzen haften blieb.

Nach Konzerten von Juliette Greco, Brian Wilson oder Paul Anka umschmeichelte das Jazz Fest Wien am Freitagabend mit einem weiteren großen Namen jene Generation, die ansonsten nicht zu den begehrtesten Zielgruppen gehört: Soulpop-Diva Dionne Warwick entführte diejenigen in ihre Jugend, die in den 70ern jung waren und in den 80ern den Soundtrack für Familienglück und Eigenheim brauchten. Und wie die heurigen Jazz Fest-Konzerte in der (am Freitagabend ausverkauften) Staatsoper zuvor war auch Warwicks Darbietung ein Abend der gemischten Gefühle.

Dass es kein ausgelassener Abend an der Grenze zur Ekstase werden würde, erkannte man schon daran, wie streng Warwicks wie ein Büroschreck gekleidete Pianistin und Bandchefin mit ihrer schwarzen Handtasche auf die Bühne marschierte. Mit harter Hand führte sie die Band durch die weichen Sounds, die folgen sollten – ein scharfer Kontrast zur Lockerheit, die Warwick selbst auf die Bühne brachte. „Wir wollen, dass ihr eine tolle Zeit habt“, schmeichelte fünffache Grammy-Gewinnerin zu Beginn. Und ging daran, mit soften Songs von Burt Bacharach und Co. Wohlfühlstimmung zu verbreiten.

Doch, ach, so ganz wollte das nicht gelingen – da half auch kein noch so faserschmeichlerischer, Conga-klappernder, auf jedes Kreuzfahrtschiff passender Easy-Soul.

Man könne ruhig tanzen und mitsingen, stupste Warwick das Publikum sanft an. Ziemlich vergebens. Auch unsanftere Anregungen, wie – unter dem bösen Blick der Pianistin – der zweimalige Songabbruch bei nicht ausreichender Mitsingleistung des Publikums, verführten die Konzertgeher nicht gerade zu Stühle zerschlagender, die Staatsoper zerlegender Ekstase.

Man saß brav da, sang (bei der zweiten Chance) brav „What the World Needs Now Is Love“ mit, schunkelte brav zu „That’s What Friends Are For“ und klatschte nach jedem Song. Doch „Heartbreaker“ sehen anders aus – auch wenn Warwick nicht nur diesen Song mitreißend und souverän absolvierte. Auch die einzelnen Liebesbekundungen aus dem Publikum klangen sehr brav.

„Wenn ihr dazu nicht irgendwas bewegt, dann seid ihr tot“, lächelte Warwick überaus freundlich, bevor sie dann in jenes „mythische Land“ entführte, das ihr mittlerweile am nächsten steht, und brasilianische Klänge anstimmte. Und da ahnte man: Warwick ist wohl noch nie zuvor bei einer Opernaufführung in Wien gewesen, sonst wäre sie nicht mit diesem riskanten Satz vorgeprescht. Denn der Eindruck unzähliger Opernabende bestätigte sich: Bei so manchem im Publikum regte sich gar nichts mehr.

Ob Warwick daraufhin ihre gute Laune verloren hat, der Vertrag Warwicks mit dem Jazz Fest lediglich auf 70 Minuten angelegt war oder es die Pianistin befohlen hatte – man weiß es nicht, jedenfalls verabschiedete sich Warwick dann nach einem doch überraschend knappen Konzert von der Bühne. „Hoffentlich sehen wir uns das nächste Mal“, rief Warwick noch. Ihre Pianistin ging als letzte von der Bühne, Handtasche unter dem einen, Noten unter dem anderen Arm. Und dann:
Ein kurzer Ausbruch aus der Strenge, gar ein Winken ins Publikum. Jubel. Dennoch keine Zugabe.

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