Wegen des Neins bei Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden stehen die Chancen für ein Inkrafttreten des Vertragswerks, das die Union bürgernäher, effizienter und transparenter machen soll, aber schlecht. Es folgt eine Dokumentation der Eckpunkte des Vertragswerks.
RATSPRÄSIDENT: Die Staats- und Regierungschefs wählen für zweieinhalb Jahre einen ständigen Gipfelpräsidenten. Er darf gleichzeitig kein nationales Amt ausüben.
AUSSENMINISTER: Die Staats- und Regierungschefs nominieren einen Außenminister für Europa, zuständig auch für die Sicherheitspolitik. Erster Außenminister soll der derzeitige EU-Außenbeauftragte Javier Solana werden.
EU-KOMMISSION: Zuletzt im Jahr 2009 sollen alle Mitgliedstaaten noch jeweils einen Kommissar nach Brüssel schicken. Ab 2014 wird die Zahl auf zwei Drittel der Zahl der Länder verringert und ein Rotationssystem eingeführt.
EU-PARLAMENT: Die Abgeordneten erhalten in zusätzlichen Bereichen ein Mitbestimmungsrecht, etwa in der sensiblen Justiz- und Innenpolitik. Ab 2009 werden auch die kleinsten Staaten mit mindestens sechs Abgeordneten vertreten sein. Maximal darf jedes Land dann 96 Abgeordnete nach Straßburg schicken – Deutschland muss dabei auf drei Mandate verzichten.
VOLKSBEGEHREN: Wenn eine Million EU-Bürger es verlangt, muss die EU-Kommission einen inhaltlich der Forderung entsprechenden Gesetzesentwurf ausarbeiten.
DOPPELTE MEHRHEIT: Ab 2009 müssen die meisten Beschlüsse der EU-Minister mit qualifizierter Mehrheit gefasst werden. Dafür sind 55 Prozent der Staaten (das sind 15 von dann voraussichtlich 27 Ländern) nötig, die gleichzeitig 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Eine blockierende Minderheit muss aus mindestens vier Staaten bestehen. Bei Mehrheitsbeschlüssen ohne Vorschlag der EU-Kommission oder des künftigen EU-Außenministers gelten höhere Schwellen von 72 Prozent der Staaten mit mindestens 65 Prozent der Bevölkerung.
AUSTRITTSKLAUSEL: Erstmals in der EU-Geschichte wird festgelegt, dass ein Mitgliedstaat aus der EU austreten kann, wenn er das wünscht.
STABILITÄTSPAKT: Die Kompetenzen der EU-Kommission gegenüber Defizitsündern werden nicht ausgeweitet. Der Vorschlag der Behörde über die Feststellung eines übermäßigen Defizits kann vom Ministerrat nur einstimmig abgeblockt werden. Für Sanktionen gegen Mitgliedstaaten soll die Kommission aber nur Empfehlungen geben können, die mit der besonders qualifizierten Mehrheit angenommen werden müssen. Das gesamte Regelwerk und vor allem dessen Auslegung steht derzeit aber schon wieder auf dem Prüfstand.
GOTTESBEZUG: Einen ausdrücklichen Gottesbezug oder einen Verweis auf das christliche oder jüdisch-christliche Erbe Europas gibt es in der Verfassung nicht. Stattdessen wird auf das kulturelle, religiöse und humanistische Erbe Europas verwiesen.