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Die Wand - Trailer und Kritik zum Film

Die Protagonistin ist hermetisch von der Außenwelt abgeschnitten. Die Wand ist durchsichtig, doch undurchdringlich. Ob "Die Wand", Julian Roman Pölslers Verfilmung des bekannten Romans von Marlen Haushofer, dennoch sein Publikum erreichen wird, ist eine Frage, die sich erst im Herbst beantworten lassen wird. Dann startet die österreichisch-deutsche Produktion regulär in den Kinos. Alle Spielzeiten auf einen Blick

Heute, Sonntag, Abend, feierte der erste Kinofilm des erfolgreichen steirischen Fernsehfilmregisseurs (“Polt”, “Geliebter Johann Geliebte Anna” u.v.a.) in der Berlinale-Reihe “Panorama Special” seine Uraufführung.

Es ist ein ungewöhnliches Buch und ein ungewöhnlicher Film. 1963 erschienen, bot die Geschichte um eine Frau, die sich mitten in einer Gebirgslandschaft plötzlich mit einer unsichtbaren Wand vom Rest der offenbar von einer Katastrophe heimgesuchten Welt getrennt findet, vielfache Interpretationsmöglichkeiten. Pölsler entscheidet sich für keine spezielle. “Ich wollte mit der Verfilmung eine Plattform schaffen für diesen großartigen Text, den ich für einen der eindrucksvollsten der deutschsprachigen Literatur halte”, sagte er im APA-Interview.

“Die Wand”: Einsam im alpinen Paradies

Wie das Buch ist auch der Film eine Folge von Rückblenden, die von den aus dem Off gesprochenen Notizen der Frau ausgehen, und wie bei Haushofer steht der sich ständig wiederholende bäuerliche Alltag der Frau, die sich mit einem Hund, einer Katze und einer Kuh in ihrem Einsiedler-Dasein einrichtet, im Mittelpunkt. Martina Gedeck kommt damit als nahezu wortlose Protagonistin hervorragend zurecht – fast zu gut. Herkunft und Lebenssituation dieser Frau, die in städtischer Kleidung und mit großer Scheu vor Mensch und Tier mit einem befreundeten Ehepaar zu einer Jagdhütte gefahren war, lassen sich nur wenige Minuten zu Beginn des Filmes studieren. Schnell, allzu schnell findet sie sich mit den neuen Überlebens-Anforderungen zurecht. Verzweiflung, Entsetzen, Panik, Schmerz, Aufbegehren und andere Emotionen sind Mangelware.

Während Gedeck eine eindrucksvolle Performance von Verhärtung und Versteinerung abliefert – schließlich wurde “Die Wand” vielfach als Parabel für zunehmende Kommunikationslosigkeit der Gesellschaft und psychische Leiden des Einzelnen gesehen -, gelingt ihrem Filmpartner das Gegenteil: Der bayerische Gebirgsschweißhund Luchs, der vom Regisseur für diesen Film entdeckt und zu sich genommen wurde, wird zur wichtigsten emotionalen Bezugsperson der Frau und erobert mit vielfältigem Mienenspiel bald auch das Herz der Zuschauer.

Für die Darstellung der Wand entschied sich Pölsler für die reine Behauptung, unterstützt durch keinerlei optische Effekte (bis auf einen eindrucksvollen frontalen Auto-Crash gegen das Nichts), dafür mit einer akustische Grenzerfahrung durch ein ausgetüfteltes Sounddesign. Ungleich intensiver ist der Eindruck, den der gewählte Schauplatz dieses Drei-Millionen-Euro-Projektes der Wiener coop99 und der Münchner Starhaus hinterlässt: Die traumhaften Naturaufnahmen aus der Region des Hinteren Gosausees, die die Landschaft in allen Jahreszeiten von ihrer schönsten Seite zeigen, wirken mehr als Kulisse eines Tourismus-Werbefilms denn als Hintergrund eines Dramas um psychische Abgründe und unerklärliche Menschheitskatastrophen. Das hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck, der wohl auch für den ganzen Film gilt. Ein Alpen-Paradies als letztes Refugium? Der weibliche Robinson Crusoe hätte es schlimmer treffen können.

(APA)

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