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Die Tribute von Panem

Brot und Spiele galten schon in der Antike als geeignete Mittel der Obrigkeit, die Untertanen in Schach zu halten. Das ist auch in Panem, dem vom römischen Sprichwort "Panem et circenses" abgeleiteten postapokalyptischen Überbleibsel von Nordamerika, nicht anders. Alle Spielzeiten auf einen Blick

Im Kapitol, dem reichen und exaltierten Zentrum des Landes, werden jährlich die sogenannten Hungerspiele abgehalten, für die je zwei Jugendliche aus den zwölf armen Peripheriebezirken in eine Naturarena geschickt werden – und aus denen nur einer lebend herauskommt. Die makabren Gladiatorenkämpfe werden als riesige Realityshow im ganzen Land übertragen, um das unzufriedene Volk zu unter- und vor allem auch ruhig zu halten. Mit dieser vorrevolutionären Ausgangskonstellation lockt der Blockbuster “Die Tribute von Panem” ab Donnerstag ins Kino.

Die Geschichte von “Die Tribute von Panem”

Im Zentrum der dystopischen Science-Fiction-Fantasie aus der Feder der US-Autorin Suzanne Collins steht die toughe 16-jährige Katniss Everdeen (Jennifer Lawrence), die sich freiwillig als Vertreterin des zwölften Distrikts meldet, nachdem das Los eigentlich auf ihre kleine Schwester gefallen wäre. Als männliches Tribut wird der feingeistige und heimlich verliebte Peeta (Josh Hutcherson) ausgewählt. Angeleitet werden die beiden fortan von ihrem zynischen Mentor Haymitch (Woody Harrelson), gestylt vom sympathischen Cinna (Lenny Kravitz) und der Öffentlichkeit schmackhaft gemacht von Caesar (Stanley Tucci) als aalglattem Moderator der Show. Dass sich nur einer der beiden Tribute grundsätzlich retten könnte, macht die Situation für die Heldin und ihren neuen Kompagnon in der grausamen und pervertierten Umgebung nicht leichter.

In den USA ist die Panem-Trilogie von Collins ein riesiger Bestseller, hierzulande ist die Jugendbuchreihe noch vergleichsweise unbekannt. Dennoch wird ein Hype ähnlich wie bei der “Twilight”- oder “Harry Potter”-Saga nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern fast erwartet. Auch bei den “Hunger Games”, wie das Buch im Original heißt, stehen eigentlich drei Jugendliche im Mittelpunkt – doch Liam Hemsworth hat im ersten Teil als Freund, der zu Hause um Katniss bangt, nicht allzu viel zu melden. Überhaupt bleibt die Liebesgeschichte angenehm im Hintergrund oder wird wenn, dann als Mittel zum Zweck für die Fernsehübertragung genutzt. Je populärer die Kandidaten sind, desto größer ist die Chance, dass Sponsoren ihnen Nahrung oder Medizin zukommen lassen. In der Arena geht es nicht um Liebe, sondern ausschließlich ums Überleben.

Gary Ross’ Inszenierung

Das System wird in Gary Ross’ Inszenierung überdeutlich gezeichnet: Auf der einen Seite die Slums wie zu Zeiten der Industrialisierung, grau in grau und mit ausgehungerten Gestalten, die an Bilder aus Konzentrationslagern denken lassen. Auf der anderen Seite das faschistisch-monumentale Regierungsviertel, das sich Albert Speer nicht imposanter hätte vorstellen können, mit einer extrovertierten Elite in bunten Kostümen und manierierten Masken wie aus einem Musikvideo der 1980er Jahre. Der Kontrast wird zusätzlich mit den blutigen Bildern aus den Hungerspielen angereichert, die an eine Mischung aus der Stephen-King-Adaption “Running Man” und der “Truman Show” erinnern. Dass der Spagat zwischen Teenieromanze und erwachsenengerechter Spannung so gut gelungen ist, muss man Ross absolut zugutehalten.

Ansonsten lebt der medienkritische Film mit der antitotalitären Botschaft nicht zuletzt von seiner Hauptdarstellerin Jennifer Lawrence, die ihre beiden Schauspielpartner zu Schönlingen degradiert und mit Verve und Frechheit eine große Performance abliefert. Lawrence, für ihre Darstellung einer Außenseiterin in “Winter’s Bone” für den Oscar nominiert, lernte für den Film Bogenschießen und Yoga, musste kämpfen und laufen und auf Bäume klettern. Und sie beweist bei all der Action auch immer wieder Köpfchen und Unabhängigkeit. Im Gegensatz zur schmachtenden Bella aus “Twilight” ist Katniss ein richtig gutes Role Model in einem richtig guten Film. Fans werden hoffen, dass die Zahlen an den Kinokassen auch stimmen – nur dann sollen nämlich auch der zweite und dritte Teil der Reihe verfilmt werden. Möge das Glück stets mit ihnen sein.

(APA)
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