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"Die Präsidentinnen": Erfolfreiche Aufführung im Volkstheater

Glamour statt Gestank: "Die Präsidentinnen" im Volkstheater Wien
Glamour statt Gestank: "Die Präsidentinnen" im Volkstheater Wien ©APA
Mit der Uraufführung seines Stückes "Die Präsidentinnen" im Wiener Künstlerhaus-Theater begann 1990 die kurze, kometengleiche Theaterkarriere des Grazers Werner Schwab. 20 Jahre nach seinem Tod treten "Die Präsidentinnen" nun im Wiener Volkstheater zur Wiederwahl an.

Die gestrige Premiere bot trotz Engagements des jungen Nestroy-Gewinners Milos Lolic als Regisseur keinen überzeugenden Wahlkampf. Für das in einer mit religiösem Devotionalienkitsch vollgestopften “kleinstbürgerlichen Wohnküche” spielende Fäkaliendrama ist die Bühne des Volkstheaters viel zu groß. Lolic, 1979 in Belgrad geboren und 2012 für seine “Magic Afternoon”-Inszenierung im Schwarzen Salon des Volkstheaters mit dem Nachwuchs-“Nestroy” ausgezeichnet, bläst daher das deftige Kammerspiel zur glitzernden Show auf und macht aus den Mindestpensionistinnen drei Sprachkünstlerinnen.

“Die Präsidentinnen” in Wien

Singend schlendern sie in weißen Frotteebademänteln durch das Publikum zu ihrem Auftritt, schminken sich anschließend umständlich auf der Showtreppe vor einem großen Foto des Zuschauerraums (Bühne: Hyun Chu), um schließlich in Abendkleidern (Kostüme: Nina Ball) ihren gemeinsamen Traum von Lebensglück in Form eines außer Rand und Band geratenden Dorffestes als furiose Sprach-Performance mit Stand-Mikro zu gestalten. Dabei geraten die drei Freundinnen aneinander. Ob ihre Traummänner nun der bigotte Fleischer Wottila, der fesche Musikant Freddy oder der Herr Pfarrer sind – jede neidet der anderen ihre Liebessehnsucht, und sei sie auch noch so unerfüllt.

Was von Schwab als klatschende Ohrfeige in das Gesicht des Publikums gedacht war, als den Gestank von Gulasch, Leberkäse und Exkrementen verbreitender Affront, der seine Berechtigung und Spannung aus der Diskrepanz zwischen sozialer Unterprivilegiertheit und sprachlicher Übersteigerung erhielt, verliert als 100-minütige Hochkulturveranstaltung an Dringlichkeit und Schärfe.

Interessantes Experiment im Volkstheater

Dabei gelingt Katja Kolm als gottesfürchtige Erna und Claudia Sabitzer als sich vor allem um ihren Dackel Lydi sorgende Grete die Gratwanderung zwischen Sein und Schein am Besten, während Martina Stilp sich vergeblich darum bemüht, ihrer Kloverstopfungen in Handarbeit beseitigenden Mariedl (“Mariedl macht’s auch ohne”, ohne Gummihandschuhe nämlich) Glaubwürdigkeit zu verleihen.

Letztlich sind “Die Präsidentinnen” in dieser Umsetzung ein formal durchaus interessantes Experiment, das ehrenwert gescheitert ist. In den Rang des modernen Klassikers hat es das Stück (noch) nicht geschafft.

Im Sommer tritt Lolic im Wettbewerb des “Young Directors Project” der Salzburger Festspiel an. Dort steht, in Koproduktion mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus, Ernst Tollers expressionistisches Weltkriegsdrama “Hinkemann” auf dem Programm

(APA)

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