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Die Positionen der Kandidaten

Die Anwärter auf das Präsidentenamt in den USA unterscheiden sich in ihrer Haltung zu einer Reihe von Sachfragen. Europa-Positionen

Beispiele für unterschiedliche Positionen sind etwa in der Außenpolitik der Umgang mit der Führung im Iran, innenpolitisch die Themen Waffenbesitz und Abtreibung, welche die Gesellschaft in den USA polarisieren.

IRAK:

Der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain stimmte 2002 im Senat dem Waffengang zu, kritisierte später aber Präsident George W. Bush wegen des Kriegsmanagements und forderte schon lange vor einer entsprechenden Entscheidung des Weißen Hauses eine Aufstockung der Truppen. Auf einen Zeitplan zum Abzug der Soldaten legt sich der Senator von Arizona nicht fest. Er sagte, US-Militär könne “vielleicht 100 Jahre” im Irak stationiert sein.

Der demokratische Kandidat für das Präsidentenamt, Barack Obama, lehnte den Krieg von Anfang an ab. Er sei nicht gegen jeden Krieg, aber gegen “dumme Kriege”, so der Senator aus Illinois. Der Waffengang im Irak habe die USA nicht sicherer gemacht. Hatte Obama zu Beginn des Wahlkampfs versprochen, als Präsident binnen 16 Monaten alle US-Kampfeinheiten abzuziehen, so nennt er inzwischen kein Datum mehr und nähert sich McCain an, wenn er für einen “verantwortungsvollen Abzug” in Absprache mit US-Militärs vor Ort plädiert. Stationiert bleiben sollen US-Einheiten für Anti-Terror-Einsätze.

AFGHANISTAN:

McCain wie Obama sind für eine Aufstockung der Truppen in Afghanistan. McCain will die Stärke der afghanischen Armee verdoppeln und die Kosten dafür aus einem internationalen Fonds zahlen. Er will die lokalen Stämme im Grenzgebiet zu Pakistan stärken, um den Terrorismus dort zu bekämpfen, und hart gegen das Drogengeschäft in dem Land am Hindukusch vorgehen.

Obama fordert vermehrte Unterstützung durch die NATO-Partner und hat sich auch für einen Vorstoß auf pakistanischem Boden unter bestimmten Voraussetzungen ausgesprochen. Gegen die Terror-Lager im Grenzgebiet müsse auch Pakistan vorgehen, sagte er einmal sinngemäß. Wenn Pakistan aber nicht handle oder handeln könne, dann “müssen wir klarmachen, dass wir hochrangige Terroristen wie (Osama) Bin Laden töten, wenn wir sie sichten”.

Den blühenden Drogenhandel will Obama mit Alternativen für die Opiumbauern angehen. Für den Aufbau des Landes schlägt er ein nichtmilitärisches Hilfspaket in Höhe von einer Milliarde Dollar (734 Mio. Euro) gegen Korruption vor. McCains Vize-Kandidat Biden hält Afghanistan für “zentral im Krieg gegen den Terror” und fordert mehr Aufbau-Hilfe für das Land.

IRAN und SYRIEN:

McCain lehnt einen Dialog mit dem Iran ohne Vorbedingungen ab. Die internationalen Gemeinschaft solle stärkeren Druck ausüben – auch auf Syrien, das die USA eines geheimen Atomprogramms mit Hilfe Nordkoreas verdächtigen.

Obama ist zu direkten Gesprächen mit der Führung in Teheran bereit und strebt eine “aggressive persönliche Diplomatie” an. Der Führung in Teheran müsste ebenso wie jener in Damaskus klargemacht werden, dass breitere Zusammenarbeit in ihrem Interesse liege. Obama ist aber auch für stärkeren wirtschaftlichen Druck auf Teheran und will das Existenzrecht Israels, das der Iran nicht anerkennt, vorbehaltlos verteidigen. Notfalls müsse eine Nuklearmacht Iran mit allen Mitteln verhindert werden.

TRANSATLANTISCHE BEZIEHUNGEN:

Beide wollen die transatlantischen Beziehungen verbessern. McCain hat viel Erfahrung auf dem transatlantischen Parkett und steht der neokonservativen Tradition des Unilateralismus entgegen, die unter Bush lange die Außenpolitik kennzeichnete. Er setzt auf eine Stärkung der Beziehungen zu Europa und steht für multinationale Konfliktlösungen.

Obama erwartet von den wichtigen Verbündeten wie Frankreich, Großbritannien und Deutschland mehr Engagement in der Welt, höhere Verteidigungsausgaben sowie vor allem ein stärkeres militärisches Engagement in Afghanistan.

ENERGIE und KLIMAWANDEL:

McCain will die USA bis 2025 von ausländischen Energielieferungen unabhängig machen. So ist er jetzt entgegen seiner früheren Haltung und wie Palin für Ölbohrungen vor der US-Küste. Palin befürwortet als Vorsitzende der Kommission für Öl und Gas in Alaska auch eine “ökologisch verantwortliche Nutzung” der Bodenschätze Alaskas, insbesondere neue Bohrungen nach Öl und Gas in geschützten Naturgebieten.

Anders als die Regierung Bush will McCain ein System zum Handel mit Emissionsrechten und argumentiert auch mit dem Klimaschutz, wenn er für den Bau von 45 neuen Atomkraftwerken eintritt. “Wir müssen handeln und ich gebe der Mehrheit der Experten recht, dass wir ab einem gewissen Zeitpunkt unser Klima nicht mehr retten können”, so McCain. Dass die USA das Kyoto-Protokoll zur Reduzierung der Treibhausgase nicht unterzeichnet haben, hält der Republikaner jedoch für richtig. Wenn China und Indien mit ins Boot geholt würden, müssten die USA “zu unseren Bedingungen” eine Verringerung der klimaschädlichen Gase erwägen. Alternative Energien befürwortet McCain zwar, laut “factcheck.org” plant er für Wind- oder Solarenergie aber keine Subventionen.

Auch Obama ist für eine Nutzung von Atomkraft, hat aber bisher keine deutliche Position zum Ausbau bezogen. Ursprünglich klar gegen Ölförderungen vor der US-Küste, hat er diese Haltung zuletzt aufgeweicht. Obama will in den USA bis 2050 den Ausstoß von Treibhausgasen auf 80 Prozent des Niveaus von 1990 drücken. “Unser eigenes Haus in Ordnung zu bringen ist der erste Schritt”, so Obama, der bindende und durchsetzbare Ziele zur Verringerung der Emissionen auf globaler Ebene anstrebt. Einbeziehen will er auch Russland, China und Indien.

ILLEGALE MIGRATION:

Bei diesem heißen Eisen der US-Innenpolitik gibt es zwischen den Kandidaten kaum Trennendes. Sowohl Obama als auch McCain wollen illegalen Immigranten einen Weg eröffnen, legalen Status zu erhalten. Allerdings müssten sie zuvor Englisch lernen und eine Geldstrafe zahlen. Beide haben einen Zaun an der Grenze zu Mexiko befürwortet.

WIRTSCHAFT und STEUERN:

McCain lehnt sich an die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik Bushs an und tritt für einen “schlanken” Staat ein. Er will die die unter Präsident Bush eingeführten Steuererleichterungen für Einkommen über 250.000 US-Dollar (175.476 Euro) im Jahr dauerhaft verankern und auch die Mittelschicht entlasten. Er gilt als vehementer Verfechter des Freihandels.

Obama will die Steuerentlastung für Reiche abschaffen und plant eine Anhebung der Kapitalsteuer. Zugleich strebt er eine Verringerung der Steuerlast für Familien, die Mittelschicht und Ältere an, die weniger als 50.000 Dollar jährlich verdienen. Er befürwortete außerdem ein Sofortpaket in Höhe von umgerechnet rund 32 Milliarden Euro zur Ankurbelung der angeschlagenen US-Wirtschaft. Die Vereinbarungen für die nordamerikanische Freihandelszone NAFTA möchte er zum Nutzen der US-Arbeitnehmer modifizieren.

ARMUT:

McCain möchte Sozialhilfeempfänger bei der Finanzierung von Wohnungen unterstützen. Auch plant er Zuschüsse für Fahrtkosten zur Arbeitsstelle. Die Zuständigkeit für die Verteilung von Geldern für die sozial Schwachen möchte er bei den Bundesstaaten belassen.

Wohlfahrtsprogramme nach europäischem Vorbild schließt Obama aus, auch wenn er die Familien stärken und den sozial Schwachen helfen will. In bescheidenem Umfang ist er für Umschulungs- und Beschäftigungsprogramme. In sozialen Brennpunkten möchte er Service-Netzwerke etablieren, in denen zum Beispiel Gewaltprävention und frühkindliche Bildung gefördert werden.

GESUNDHEIT:

McCain will, dass sich künftig jeder Amerikaner eine Krankenversicherung leisten kann. Rund 47 Millionen der rund 300 Millionen US-Bürger haben keinen Versicherungsschutz. Statt einer Versicherungspflicht möchte er aber vorrangig das teure US-Gesundheitswesen billiger machen und die Preise privater Krankenversicherungen drücken. Der Republikaner strebt darüber hinaus an, Pharma- und Versicherungskonzerne einer schärferen staatlichen Prüfungen zu unterziehen. Derzeit zahlen Amerikaner für 30 der gängigsten Medikamente fast das Doppelte wie etwa Franzosen.

Obama möchte staatliche Mittel einsetzen, um jedem Bürger den Zugang zu einer Krankenversicherung zu ermöglichen. Er will ein nationales Gesundheitsprogramm, das allen Arbeitnehmern eine Versicherung garantiert. Für Kinder hat er eine Versicherungspflicht vorgesehen.

ABTREIBUNG:

Obama steht zur historischen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes der USA im Fall “Roe vs. Wade” von 1973, wonach Abtreibung in die Privatsphäre der Frau falle und in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten keinesfalls von Staat reguliert werden dürfe. “Ich unterstütze Abtreibungen, weil ich nicht glaube, dass Frauen, die abtreiben, dies leichtfertig tun”, so der Demokrat. Beim Thema Spätabtreibungen vollzog er jüngst einen Kurswechsel: Selbst eine drohende geistige Behinderung des Kindes dürfe kein Grund für eine Abtreibung bei fortgeschrittener Schwangerschaft sein. Vize Joe Biden befürwortet die grundsätzliche Wahlfreiheit der Frau, ist aber gegen Spätabtreibungen und die öffentliche Finanzierung von Abtreibungen.

McCain hält die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen für falsch: “Ich glaube, ‘Roe vs. Wade’ war eine sehr schlechte Entscheidung.” Er befürwortet das Finanzierungsverbot für Gruppen, die Abtreibungen vornehmen. Seine Vize-Kandidatin Sarah Palin ist in allen Fällen gegen Abtreibung, auch bei Vergewaltigung und Inzest. Einzige Ausnahme: Wenn das Leben der Mutter gefährdet ist. Palin ist selbst betroffen: Ihr jüngster Sohn hat das Down-Syndrom.

HOMOSEXUELLE:

Beide Kandidaten lehnen die Homo-Ehe ab, sind gleichzeitig aber auch gegen ein in der Verfassung verankertes Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen. Obama möchte die Entscheidung in dieser Frage den US-Staaten überlassen und fordert wie sein Running Mate Biden zur Akzeptanz von eingetragenen Lebenspartnerschaften auf.

McCains Vize Palin meinte, “die Ehe soll zwischen Mann und Frau sein”, lehnte als Gouverneurin von Alaska jedoch ein Gesetz als verfassungswidrig ab, das dem gleichgeschlechtlichen Partner von öffentlich Bediensteten in dem Staat Gesundheitsleistungen vorenthalten hätte.

WAFFEN:

McCain unterzeichnete heuer als einer von 55 Senatoren einen Brief an das US-Höchstgericht, in dem dieser aufgerufen wird, das strikte Waffengesetz in Washington D.C. als “per se verfassungswidrig” zu erklären. “Ich bin sehr für den zweiten Verfassungszusatz und glaube, er muss bewahrt werden – das heißt, keine Reglementierung von Waffenbesitz”, sagte er im Vorjahr. Denn diese bewirke bei Kriminellen nichts – und unbescholtene Bürger dürften nicht für die Taten Krimineller bestraft werden. 2005 war McCain dagegen, dass Waffenhersteller belangt werden können, wenn jemand mit deren Waffen Straftaten begeht. Palin ist seit ihrer Jugend Mitglied der Waffenlobby NRA (“National Rifle Association”).

Obama befürwortet zwar grundsätzlich das verfassungsmäßig verbriefte Recht der Amerikaner auf Waffenbesitz. Allerdings spricht er sich für strengere Kontrollen und manche Regulierungen aus. Die Waffenlobby behauptet in einem aktuellen TV-Spot, Obama wolle Waffen verbieten, die bei der Jagd im Einsatz seien, und die Steuern auf Waffen anheben. Beides weisen dessen Berater laut einem auf www.nra.com veröffentlichten Brief an die TV-Sender zurück.

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