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Die Polizeiaffäre und ihre Folgen

Polizeiaffären, Suspendierungen und Klagen beuteln die Wiener Polizei seit 2006. Außer Dienst gestellte Spitzenbeamte wie der suspendierte Leiter der kriminalpolizeilichen Abteilung, Ernst Geiger, und der ebenfalls suspendierte Landespolizeikommandant Roland Horngacher mussten das Feld räumen. Am Donnerstag wurde Oberst Frühwirth von seiner Aufgabe als Leiter der Kriminaldirektion 1 entbunden.

Zum Stolperstein dürften für den bisherigen KD1-Chef die Ermittlungen um die sogenannte Sauna-Affäre geworden sein, bei denen gegen Wolfgang B., Betreiber des als FKK-Sauna getarnten Bordells “Golden Time”, vorgegangen worden war. Zuletzt sorgte Mitte Dezember ein 75 Seiten starker Prüfbericht des Büros für Rechtsfragen und Datenschutz der BPD Wien für Aufsehen: Einseitige Ermittlungen ohne begründete Verdachtslage, die an vorgesetzten Behörden vorbei geführt worden sein sollen, werden der KD1 darin vorgeworfen.

Im Zuge der Sauna-Affäre kam unter anderem heraus, dass Geiger Wolfgang B. einen Razzia-Termin verraten haben soll. Der Leiter der kriminalpolizeilichen Abteilung wurde suspendiert, ein Gerichtsurteil gegen ihn später aber aufgehoben und an die erste Instanz zurückverwiesen. Im März wird erneut verhandelt. Wolfgang B. und fünf Mitangeklagte wurden Anfang Mai 2007 im Wiener Straflandesgericht von sämtlichen Anklagepunkten freigesprochen.

Die Ermittlungen in der Sauna-Affäre und damit auch Frühwirth gerieten bereits Anfang 2007 ins Zwielicht: Unter anderem nach dem Vorwurf fehlerhaft vorgegangen zu sein, verlor der KD1-Chef im Februar vorübergehend seine berufliche Position. Das Strafverfahren wurde allerdings eingestellt, die Suspendierung im Juni aufgehoben und Frühwirth rehabilitiert.

Die Ergebnisse des polizeilichen Prüfberichts Mitte Dezember kündigten für den Spitzenbeamten aber erneut unruhige Zeiten an. Den Verantwortlichen für die Ermittlungen in der Sauna-Affäre wird darin unter anderem vorgeworfen, eine Verdachtslage fingiert und Hausdurchsuchungen nicht gemeldet zu haben. Auch von Aktendivergenzen bei Polizei und Staatsanwaltschaft ist die Rede.

Frühwirth habe nicht gemeldet, dass mit Geiger sein unmittelbarer Fachvorgesetzter auf der Telefonüberwachung gegen den Sauna-Betreiber gelandet war, hieß es bei der Erörterung des Berichts in der Gerichtsverhandlung, in der Frühwirth mit einer Klage gegen Geiger wegen Kreditschädigung und übler Nachrede abblitzte. Der KD 1-Chef hätte seine Befangenheit deklarieren müssen.

Negativ beurteilte der Bericht auch die Rolle Horngachers, der im Zuge der Sauna-Affäre “Privatrecherchen unter Benützung des Oberst Frühwirth” getätigt haben soll. Der mittlerweile außer Dienst gestellte und in erster Instanz – allerdings nicht rechtskräftig – wegen Amtsmissbrauchs abgeurteilte Horngacher sowie der KD 1-Leiter hätten “gezielte Ermittlungen betreffend einen Dienstvorgesetzten veranlasst”. Gemeint ist damit der nach den Ermittlungen suspendierte Geiger.

Dem Urteil in seinem Strafprozess zufolge soll Horngacher im Zusammenhang mit einer Amtshandlung in einem Casino im Wiener Prater seine Stellung missbraucht haben. Auch das Abspielen geheimer Audio-Dateien vor einem Journalisten wurde so gewertet. Ein Schuldspruch zum Verrat von Amtsgeheimnissen bezog sich auf zwei Auskünfte – “Unbedenklichkeitsbescheinigungen” über potenzielle Geschäftspartner – die Horngacher verbotenerweise der BAWAG übermittelt haben soll. Vom Verdacht der Geschenkannahme – Reisegutscheine vom Ex-BAWAG-General Elsner – wurde Horngacher wegen Zweifeln freigesprochen.

Im Zuge der Verstrickungen im Rotlicht wurde auch ein Gruppenleiter der Kriminaldirektion 1 (KD 1) suspendiert, nachdem Fotos von ihm aufgetaucht waren, die ihn Seite an Seite mit Milieugrößen, bei der Hochzeit eines Rotlichtbosses zeigten. Er dürfte zumindest einen der mit ihm auf dem Foto Befindlichen als Informanten geführt haben.

Der selbe Beamte war auch Ermittlungsleiter in jenem Mordfall, bei dem vor dem Hernalser Cafe Cappuccino ein 32-Jähriger erschossen wurde. Doch der Prozess gegen einen 39-Jährigen platzte, weil der einzige Belastungszeuge vor Gericht sagte, er habe den Täter in Wahrheit nicht gesehen und sei von der Polizei instrumentalisiert worden. Die Rolle des “Vereins der Freunde der Wiener Polizei”, die im Horngacher-Prozess infrage gestellt wurde, geriet ebenfalls ins Zwielicht und wird derzeit vom Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) durchleuchtet.

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