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Die neue Normalität? Unwetter und Hitze dominierten den Sommer

Österreich wurde heute von mehreren Unwettern heimgesucht.
Österreich wurde heute von mehreren Unwettern heimgesucht. ©APA/DANIEL SCHARINGER
Kaum ein Tag ist seit dem Beginn des meteorologischen Sommers am 1. Juni vergangen, in dem es das Wetter in und um Österreich nicht in die Schlagzeilen geschafft hätte. Nach Angaben der Experten der Österreichischen Unwetterzentrale war der Sommer bislang teils durch Trockenheit, teils durch unwetterträchtige Südwestlagen geprägt.

War der Frühling gefühlt und gemessen noch kühl und wechselhaft, so haben sich die Vorzeichen Anfang Juni rasch gedreht. Stabile Hochdruckgebiete, Zufuhr heißer Luftmassen aus Nordafrika unterbrochen von kurzen kühleren Phasen haben für alles gemeinsam gesorgt: Rekordverdächtige Hitze, Dürre und Waldbrandgefahr im Nordosten, schwere Hagelschläge entlang der Alpennordseite und im Südosten, Überschwemmungen und Vermurungen gleichwohl wie die blitzreichsten Wochen seit Beginn verlässlicher Messungen. „Das kann schon ein Vorgeschmack auf die neue Normalität beim Wetter in Mitteleuropa sein“ vermutet Manfred Spatzierer, Chefmeteorologe der österreichischen Unwetterzentrale.

„Nichts ist einfach beim Wetter, und auch so kann man diese Häufung an verschiedensten Arten von Unwettern nicht direkt auf den Klimawandel schieben“, so Spatzierer weiter. „Was wir im Sommer aber immer öfter beobachten, ist dass das Westwindband, das die ganze Nordhalbkugel umspannt und für wechselnd warmes und kühles Wetter sorgen sollte, deutlich schwächelt. Je stärker die Temperaturunterschiede zwischen Nordpol und Äquator sind, desto stärker ist das Westwindband. Erwärmt sich der Pol schneller als der Äquator, geht dem Band der Treibstoff abhanden, es mäandriert, Wellen lösen sich ab und es kommt an ungewöhnlichen Orten zu bislang ungewöhnlichen Strömungsverhältnissen, die sich oft über Wochen nur geringfügig ändern. So kann es auch sein, dass ungewöhnliche Hitze und vergleichsweise kühles Wetter auf engstem Raum nebeneinander liegen.“

„Während die Hitze Ostösterreich fest im Griff hat, ist der Sommer in der Schweiz hingegen bisher mehr oder weniger ausgefallen“. „Da es keine Zweifel an der schnelleren Erwärmung der Pole gibt, wird sich auch an dieser Charakteristik in den nächsten Jahren vermutlich kaum etwas ändern, mit dem Unterschied, dass immer andere Orte von besonders heißen und kühlen Wochen in Folge betroffen werden“, so Spatzierer weiter.

Zweigeteiltes Österreich

Die Zweiteilung Europas sieht man im kleinen auch in Österreich: War es von Unterkärnten bis ins östliche Flachland im Juni und Juli bislang 2,5 bis 3 Grad wärmer als im Schnitt der der 30 jährigen Klimanormalperiode von 1981 bis 2010, so bilanziert der Westen nur knapp überdurchschnittlich mit Abweichungen meist zwischen +1 und +1,5 Grad. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den Sonnenstunden und Regenmengen, so war der Sommer von Vorarlberg bis ins Mühl- und Waldviertel bislang deutlich zu nass, mancherorts wie im Mühlviertel wurde sogar schon das Sommersoll erreicht. Von Kärnten über die Oststeiermark bis ins östliche Weinviertel kam dagegen teils weniger als die Hälfte die üblichen Niederschlagsmenge zusammen. Bei der Sonnenscheindauer verzeichnen wir von Unterkärnten bis ins Weinviertel ein Plus von 30 bis 40 Prozent, während die Bilanz von Vorarlberg bis Oberkärnten ausgeglichen ausfällt.

1 Million Blitze

Besonders ist, dass nach dem vergleichsweise trockenen Juni die hohen Regenmengen im Juli fast ausnahmslos durch organisierte und schwere Gewitter zustande kamen. Gewitter sind das beherrschende Unwetterthema im Alpenraum 2021: Seit Sommerbeginn konnte UBIMET mit seinem eigenen Blitzmessnetz bereits mehr als 1 Million Entladungen feststellen, das sind bereits jetzt so viele wie durchschnittlich in einem ganzen Sommer.

Ungewöhnlich auch hier die Verteilung der Blitze: Zucken diese im Mittel am häufigsten in Kärnten und der Steiermark, so gab es die meisten Entladungen bisher in Oberösterreich, Niederösterreich und Wien. Vor allem Oberösterreich sticht mit 406.000 Entladungen deutlich heraus: Dieser Wert entspricht einem neuen Rekord, hier wurde der bislang blitzreichste Sommer aus dem Jahre 2012 übertroffen.

Festgefahrene Wetterlagen

„Wir werden immer öfter gefragt ob die Unwetter mehr und heftiger werden“, so Spatzierer. „Ehrlicherweise kann man diese Frage gar nicht so einfach beantworten, weil wiederum bei Wetter und Klima nichts durch einen einfachen Zusammenhang beschrieben werden kann. Was man vermutlich sagen kann ist, dass durch die Zunahme von festgefahrenen Wetterlagen die Serien von Unwetterlagen hintereinander immer länger werden können, unterbrochen von längeren Phasen ohne signifikant gefährliche Wettersituationen, insofern könnte dieser Seriensommer 2021 also wirklich ein belastbarer Vorgeschmack, auf das was da kommen möge, sein.

Was wir auch sehen, und das betrifft eher die Unwettersituationen in den Wintermonaten, ist dass die stärksten Windspitzen über Europa seit den 1970er Jahren kontinuierlich abgenommen haben. Auch das passt ins Bild des schwächeren Westwindbandes, da die großen atlantischen Orkane wiederum ihre Energie aus dem Temperaturunterschied zwischen Pol und Äquator beziehen.“

(APA/red)

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