“Neoliberalismus war gestern, soziale Gerechtigkeit könnte morgen sein”, sagte Sommer in einer Grundsatzrede auf dem DGB-Kongress heutein Berlin. Dabei bezog er sich auf das Finanz- und Wirtschaftssystem ebenso wie auf das Sozialsystem und den öffentlichen Dienst.
Angesichts der Folgen der weltweiten Finanzkrise und der sozialen Einschnitte aus den vergangenen Jahren rief Sommer die Gewerkschaften zum Einsatz für “eine neue Ordnung in den Köpfen, eine neue Ordnung im System” auf.
Sommer wandte sich dabei insbesondere gegen Kürzungen und Einsparungen in Bereichen Familie, Kinder, Bildung und Forschung, wie sie der hessische Ministerpräsident Roland Koch gefordert hatte. “Ohne zusätzliche massive Investitionen in Beton und Köpfe wird es nicht gehen”, sagte Sommer auch mit Blick auf die Einsparerfordernisse im Bundesbudget. “Bildung ist kein Gedöns”, sondern sei entscheidend für die Zukunft Deutschlands, sagte er.
In seiner gut einstündigen Grundsatzrede warnte Sommer vor dem Ende der sozialen Marktwirtschaft. “Der soziale Teil der Marktwirtschaft deutscher Prägung, der historische Kompromiss zwischen Kapital und Arbeit wird systematisch, Stück für Stück demontiert”, sagte er. Zugleich schloss er Unruhen nicht aus: “Denn wenn sich diese Gesellschaft immer weiter spaltet, dann laufen wir Gefahr, mitten in eine Gesellschafts- und Staatskrise hineinzuschlittern – und deren Folgen für Demokratie, Stabilität und auch den Frieden können wir gar nicht ermessen.”
Sommer empfahl im Kampf gegen die Krise, Banken unter staatliche Kontrolle zu stellen. Der Staat müsse sich das Recht sichern, Banken notfalls zu zerschlagen, wenn sie zu groß und mächtig würden, sagte er. Der schwarz-gelben Regierung kündigte er einen erbitterten Kampf gegen die Kopfpauschale (einkommensunabhängige Prämien im Gesundheitssystem, Anm.) an. Mit dieser solle das Kapital endgültig aus der Mitverantwortung für die Gesundheit der Beschäftigten entlassen werden. “Wer das will, der muss wissen: Das gibt Ärger mit uns”, rief Sommer. Zudem forderte er die deutsche Bundesregierung auf, am Atomausstieg festzuhalten. Es wäre “unverantwortlich”, den mühsam ausgehandelten Kompromiss jetzt aufzukündigen.
Sommer war am Montagvormittag als DGB-Chef für vier weitere Jahre im Amt bestätigt worden. Er erhielt auf dem DGB-Bundeskongress 94,1 Prozent der Stimmen. Der 58-Jährige führt den Gewerkschaftsbund seit Mai 2002. Bei seiner Wiederwahl 2006 hatte er nur 78,4 Prozent erhalten. Der DGB ist der politische Arm von acht Einzelgewerkschaften mit knapp 6,3 Millionen Mitgliedern.