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Deutschland wieder Maastricht-Sünder

Deutschland hat 2004 zum dritten Mal in Folge die Vorgaben des Maastricht-Vertrages verletzt - allerdings weniger stark als erwartet. Das Staatsdefizit betrug im vergangenen Jahr 3,7 % vom BIP - erlaubt sind 3 %.

Das Haushaltsloch war aber kleiner als die von den Statistikern zunächst berechneten 3,9 Prozent. Das Bundesamt revidierte auf Basis neuer Daten über das Steueraufkommen und die Einnahmen und Ausgaben des Bundes seine erste Schätzung nach unten.

Der deutsche Finanzminister Hans Eichel (SPD) hat angekündigt, 2005 die Defizitmarke von drei Prozent wieder einzuhalten. Im vergangenen Jahr gaben Bund, Länder und Kommunen 80,3 Mrd. Euro mehr aus, als sie einnahmen. In die Kassen flossen 953,6 Mrd. Euro, während die öffentliche Hand 1.033,9 Mrd. Euro ausgab. Nach Angaben der Statistiker nahm der Bund 2004 im Vergleich zur Jänner-Schätzung 1,5 Mrd. Euro mehr ein und gab 2,6 Mrd. Euro weniger aus. Das Finanzierungsdefizit des Staates sei dadurch im Gesamtjahr um 4,2 Mrd. Euro kleiner gewesen als zunächst angenommen.

Die Haushaltslöcher waren dabei sehr unterschiedlich auf die staatlichen Ebenen verteilt. Vor allem der Bund lebte weit über seine Verhältnisse und verbuchte ein Defizit von 51,0 Mrd. Euro. Das Defizit der Länder summierte sich auf 28,3 Mrd. Euro. Die Gemeinden hatten dagegen mit minus 0,3.Mrd. Euro ebenso wie die Sozialversicherung mit minus 0,7 Mrd. Euro nahezu einen ausgeglichenen Haushalt.

Deutschland hatte im Jahr 2002 erstmals das Kriterium des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts verletzt. Damals betrug das Defizit ebenfalls 3,7 Prozent, im Jahr 2003 waren es 3,8 Prozent. Nach Ansicht der Deutschen Bundesbank kann Deutschland in diesem Jahr erstmals seit 2001 wieder die Drei-Prozent-Grenze unterschreiten. „Das Ziel erscheint aus heutiger Sicht erreichbar“, schreibt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht.

Um das deutsche Defizit schwelt seit Jahren ein Streit zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung. Die EU-Kommission hatte ein Defizitverfahren gegen Deutschland eingeleitet, das die EU-Finanzminister im November 2003 aber wegen Sparzusagen aus Berlin aussetzen ließen. Dagegen hatte die Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt, der die Entscheidung kippte. Mitte Dezember 2004 hatte die EU-Kommission das Verfahren gegen Deutschland im Vertrauen auf die Zusagen aus Berlin dauerhaft auf Eis gelegt.

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