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Deutsche Eliteeinheit KSK offenbar an Kunduz-Angriff beteiligt

An der Entscheidung zum Luftangriff auf zwei Tanklastzüge in der Nähe der nordafghanischen Stadt Kunduz ist offenbar die deutsche Armee-Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) maßgeblich beteiligt gewesen. Entsprechende Medienberichte wurden am Donnerstag in Verteidigungskreisen in Berlin bestätigt.
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Mehrere Bundestagsabgeordnete kritisierten die Informationspolitik der deutschen Regierung zu dem Angriff. Kommenden Mittwoch will ein Untersuchungsausschuss im Bundestag seine Arbeit aufnehmen.

Nach Berichten der “Bild”-Zeitung sowie von “Spiegel Online” vom Donnerstag spielte bei Vorbereitung und Umsetzung des Angriffsbefehls eine geheime Einheit namens Task Force 47 (TF47) eine entscheidende Rolle, die zu einem erheblichen Teil aus KSK-Soldaten besteht. Im deutschen Feldlager Kunduz wurde demnach der gesamte Einsatz – vom ersten Hinweis eines afghanischen Informanten bis zur abschließenden Entscheidung für das Bombardement – aus einem Kommandostand der TF47 geführt.

Während des Einsatzes sei der deutsche ISAF-Kommandant in Kunduz, Oberst Georg Klein, zugleich auch Chef der TF47 gewesen, schreibt “Bild” dazu weiter. Klein sei von fünf weiteren Offizieren und Unteroffizieren beraten und betreut worden, die allesamt der TF47 angehört hätten, mindestens einer von ihnen auch der KSK. Laut “Spiegel Online” wurde der TF47-Befehlsstand wegen seiner besseren technischen Ausstattung dem normalen Befehlsstand vorgezogen.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigte indirekt die Verwicklung der TF47 in den Angriff: “Die Task Force 47 war auch Thema der Unterrichtung der Obleute des Verteidigungsausschusses am 6. November”, bei der es um den Luftangriff bei Kunduz ging. Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour sagte, in der Sitzung sei auch die KSK erwähnt worden. Aus dem Bundestag verlautete am Donnerstag, dass die parlamentarische Untersuchung des Kunduz-Angriffs am kommenden Mittwoch formell beginnen werde. Der Verteidigungsausschuss werde sich zu diesem Zwecke als Untersuchungsausschuss konstituieren.

“Es ist höchste Zeit, dass wir erfahren, welche Berichte zu Kunduz es gibt und wann sie dem Minister vorgelegen haben”, sagte Nouripour. Davon hänge die Glaubwürdigkeit von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ab. “Guttenberg spielt ein gefährliches Spiel mit seiner Glaubwürdigkeit”, sagte auch der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels der “Mitteldeutschen Zeitung” (Freitagsausgabe). Auch Politiker der Linkspartei forderten die Regierung auf, dem Parlamentar alle Informationen über den umstrittenen Angriff vorzulegen.

“Die Zusage, dass wir umfassend informiert werden, wurde nicht eingehalten”, kritisierte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Rainer Arnold. “Es stellt sich die Frage, ob das insgesamt ein KSK-Einsatz war. Das wollen wir wissen”, sagte Arnold dem “Kölner Stadt-Anzeiger” (Freitagsausgabe) zu den neuen Medienberichten. Der SPD-Politiker äußerte den Verdacht, dass von den deutschen Soldaten der Tod Dutzender Zivilisten billigend in Kauf genommen worden sei, um Taliban-Führer zu treffen.

Unterdessen berichtete die “Leipziger Volkszeitung” (Freitagsausgabe), an der Entscheidung über die Bombardierung sei auch ein Mitarbeiter des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) beteiligt gewesen. Das ergebe sich aus streng vertraulichen Unterlagen der deutschen Bundesregierung, hieß es. Das Blatt zitierte einen Parlamentarier mit den Worten, es sei bei dem Angriff “um eine gezielte Ausschaltung von Taliban gegangen”.

Bei dem Angriff auf die zuvor von Taliban entführten Tanklaster waren bis zu 142 Menschen getötet worden, darunter viele Zivilisten. Ein Anwalt der Opferfamilien sprach am Donnerstag gegenüber der “Neuen Presse” von 137 getöteten Zivilisten. 22 Menschen würden noch vermisst, sagte Karim Popal.

Guttenberg hatte den Angriff zunächst als “militärisch angemessen” bezeichnet, dies aber später revidiert. Wegen seiner Informationspolitik als Verteidigungsminister war bereits Guttenbergs Vorgänger, Franz Josef Jung, aus der Regierung ausgeschieden. Zudem wurden Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Verteidigungs-Staatssekretär Peter Wichert entlassen.

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