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Deutsche Bank: Empörung über Stellenabbau

Die Empörung über den trotz Milliardengewinnen geplanten Stellenabbau bei der Deutschen Bank hält an. Gewerkschafter, Politiker und Wirtschaftswissen-schaftler kritisierten das Vorgehen des größten deutschen Geldinstituts in scharfer Form.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sprach von einem verheerenden Signal. Die Industriegewerkschaft Metall nannte die Pläne „unerträglich und verantwortungslos“. Die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) bezeichnete die Ankündigung von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann als unfassbar.

Auch der Präsident des Welt-Wirtschafts-Archivs (Hamburg), Thomas Straubhaar, kritisierte in Interviews der „Augsburger Allgemeinen“ und der „Berliner Zeitung“ den Stellenabbau: Solche Pläne könnten zwar kurzfristig die Rendite verbessern, sich auf lange Sicht aber auch negativ auf das Unternehmen auswirken: „Eine solche Strategie der kurzfristigen Gewinn-Maximierung ist auf Dauer gesehen weit weniger erfolgreich als eine langfristig angelegte Strategie, die auf stetiges Gewinnwachstum setzt und die Mitarbeiter am Erfolg teilhaben lässt.“

Ackermann hatte angekündigt, dass die Deutsche Bank trotz des besten Geschäftsergebnisses seit vier Jahren weitere 6.400 Stellen abbauen wird. 2004 steigerte der Branchenprimus sein Vorsteuerergebnis um 50 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro. Der Jahresüberschuss verbesserte sich um 87 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro.

DGB-Vizepräsidentin Ursula Engelen-Kefer sagte der „Neuen Presse“ in Hannover: „Steigerung der Rendite auf 25 Prozent und mehr als 6.000 Menschen entlassen – deutlicher habe ich reine Fixierung auf Shareholder Value noch nie gesehen.“ Solches Verhalten schüre Ängste „und ist Schuld an der fehlenden Binnennachfrage“. IG-Metall-Chef Jürgen Peters regte in der „Bild“-Zeitung eine neue Debatte über Moral und Ethik in der deutschen Wirtschaft an: „Wir dürfen die Zukunft unserer Unternehmen und das Schicksal der Arbeitnehmer nicht Managern ohne sozialem Gewissen überlassen“, sagte Peters.

Simonis sagte den „Lübecker Nachrichten“, das Verhalten des Geldinstituts zeuge von wenig Verantwortungsgefühl gegenüber den Beschäftigten. Denn schließlich hätten diese ja ihren Anteil zum Superergebnis beigetragen. „Unermesslich große Überschüsse, Entlassungen im Tausenderpaket und dann Vorhaltungen gegenüber der Politik, sie tue nicht genügend gegen die Arbeitslosigkeit – das ist schwer zu ertragen“, sagte die SPD-Politikerin.

Der DGB hat zu einem „nationalen Pakt gegen Arbeitslosigkeit“ aufgerufen. „Dazu gehört vor allem, dass Unternehmen, die Rekordgewinne einfahren, endlich wieder investieren, statt weiter Arbeitsplätze abzubauen“, sagte DGB-Präsident Michael Sommer dem Massenblatt „Bild“-Zeitung. Allerdings müssten im Rahmen eines solchen Paktes auch die Gewerkschaftsvorschläge für eine aktive Wirtschaftspolitik, ein gerechtes Steuersystem und solidarisch finanzierte Sozialversicherungen berücksichtigt werden, urgierte der DGB-Chef.

Auch Aktionärsschützer zeigten sich über das Vorgehen der Deutschen Bank empört. „Es ist eine außerordentlich unbefriedigende Situation, dass dem Management nichts Weiteres einfällt, als auf die Kostenbremse zu treten“, sagte das Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, Reinhild Keitel, der „Berliner Zeitung“. Der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Jürgen Kurz, betonte: „Es darf nicht sein, dass man beim Personalabbau übersteuert.“ Schließlich könne man ohne Mitarbeiter auch keine Gewinne machen.

Dagegen verteidigte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower, das Verhalten der Deutschen Bank: „Die Firmen müssen ihren Gewinn maximieren, wenn sie die Beschäftigung am Heimat-Standort halten wollen.“ Sonst wanderten noch mehr Jobs ins Ausland ab, sagte Snower der „Bild“-Zeitung.

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