"Deutsch in der Schulpause": Erneut Tadel für Abkommen von ÖVP und FPÖ
Konkret kam dieser von der Wiener Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, die Kritik an der geplanten Forcierung der deutschen Sprache in Pausen in Bildungseinrichtungen sowie am Schulhof übte. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch, legte indes in Richtung der Freiheitlichen nach.
Nur noch Deutsch am Schulhof?
Das 36 Seiten starke Übereinkommen von Volkspartei und FPÖ enthält, dass "die Verwendung der deutschen Sprache auch in Pausen und am Schulhof durch Aufnahme in die schulautonom zu beschließenden Hausordnungen" vorangetrieben werden soll. Die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie verwies in einer Aussendung darauf, dass "evidenzbasierte Beispiele für die Wirksamkeit solcher Maßnahmen" fehlen würden. Die geplanten Schritte würden die Schulautonomie konterkarieren, weiters liege "eine klare Abkehr von Multi- und Plurilingualität im Bildungsbereich" vor, die in Opposition zu den Zielen der EU gesehen werden könne.
"Missachtung der Kinderrechte"
Zu beachten seien insbesondere die Konsequenzen auf Schülerinnen und Schüler mit fremdsprachigem Hintergrund. Es sei "eindeutig davor zu warnen, sozialen Ausschluss durch eine politische Maßnahme gezielt zu befördern". Gesehen wurde in dem Schritt eine "Missachtung der Kinderrechte": "Es bleibt zu hoffen, dass Lehrerinnen und Lehrer diese Forderung im Sinne der Schulautonomie vollkommen ignorieren."
"Mehr oder weniger fast alle Kellernazis"
IKG-Präsident Deutsch, der das Bündnis bereits in der Vorwoche kritisiert hatte, sagte dem ORF am Sonntag in der "ZiB 1": "Die FPÖ Niederösterreich ist aufgrund ihrer Mandatare, die mehr oder weniger fast alle Kellernazis sind, eine ganz spezielle." Er sei gegen jede Koalition mit den Freiheitlichen - im Bund ebenso wie in den Ländern. Von den Freiheitlichen wurden die Vorwürfe zurückgewiesen. "Das Muster ist bekannt. Kurz vor Wahlen oder Eintritten der FPÖ in diverse Regierungsämter wird alles daran gesetzt, Mitglieder, Funktionäre, Abgeordnete und die Wählerschaft der FPÖ in ein schlechtes Licht zu rücken."
Corona-Rückzahlungen: "Geht sich nicht aus"
Ebenfalls im schwarz-blauen Arbeitsübereinkommen in Niederösterreich vorgesehen sind Rückzahlungen von verfassungswidrigen Corona-Strafen.
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zeigt sich dazu skeptisch: "Für mich geht sich das weder als Juristin noch als Verfassungsministerin aus." Auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hatte in der "ORF-Pressestunde" am Sonntag eingeräumt, dass die Rückzahlung rechtlich schwierig werden könnte. Es gehe aber darum, in der Pandemie entstandene Gräben zuzuschütten. Darüber hinaus hatte Karner das auf massive Kritik stoßende schwarz-blaue Bündnis in Niederösterreich verteidigt. Man soll die Zusammenarbeit "an ihren Taten messen", plädierte er.
Pikante Aspekte im ÖVP-FPÖ-Pakt
Auch abseits des 30 Millionen Euro schweren Corona-Fonds beinhaltet der am Freitag von ÖVP und FPÖ in Niederösterreich besiegelte Pakt einige pikante Aspekte. Enthalten ist etwa eine schon in der Vergangenheit von den Freiheitlichen geforderte "Wirtshausprämie", um die Wirtshauskultur auch in Zeiten der Teuerung aufrecht zu erhalten. Voraussetzung dafür sei bei einer Übernahme demnach, "dass der neue Wirt ein traditionelles und regionales Speisenangebot aufweist". Neben dem Schwerpunkt auf "traditionelle regionale Küche" ist zudem eine "Übernahmeförderung" geplant, die ebenfalls bereits 2019 von den Freiheitlichen im Rahmen eines Sechs-Punkte-Plans zum Erhalt der Wirtshauskultur verlangt worden ist.
Eine weitere langjährige Forderung soll im Bereich Gemeindewahlrecht umgesetzt werden. Vorgesehen ist das Ende des umstrittenen nicht-amtlichen Stimmzettels bei Urnengängen auf kommunaler Ebene. Gemeint ist die Verwendung von Papieren, auf denen etwa der Name des jeweiligen Parteikandidaten schon vorgedruckt werden kann. Möglich sein soll laut dem Pakt das Wählen nur noch mit einem herkömmlichen amtlichen Stimmzettel. Dort müssen Wahlwerber namentlich angeführt sein, Vorzugsstimmen können durch Ankreuzen vergeben werden. Für die Abschaffung der bisher möglichen, nicht-amtlichen Variante haben sich zuletzt immer wieder vor allem SPÖ, NEOS und Grüne ausgesprochen.
Fokus auf Deutsch
Enthalten ist im Arbeitsübereinkommen auch ein deutlicher Deutsch-Fokus. Neben der "Verwendung der deutschen Sprache auch in Pausen und am Schulhof durch Aufnahme in die schulautonom zu beschließenden Hausordnungen" solle auch die Wohnbauförderung an "Kenntnisse eines Mindestniveaus der deutschen Sprache" geknüpft werden. Als Vorbild wurde hier das oberösterreichische Modell angeführt.
"Verzicht auf Gender-Stern, Gender-Gap und Doppelpunkt"
Eingetreten wird generell für klare Regeln bei der Sprachverwendung, "um einen Beitrag gegen einen ideologisierten und unsachgemäßen Gebrauch zu leisten". Das Übereinkommen sei - mit bewusstem Verzicht auf "Gender-Stern, Gender-Gap und Doppelpunkt" ein erstes "Ergebnis gemeinsamer Arbeit im Geiste von Vernunft und Verantwortung". Diesbezügliche Leitlinien für in Verantwortung des Landes liegende Publikationen werden erarbeitet.
(APA)