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Der schönste Spielplatz des Walsertals?

Holz aus dem eigenen Wald bringt Aktions- und Spielraum für Groß und Klein.
Holz aus dem eigenen Wald bringt Aktions- und Spielraum für Groß und Klein. ©Christian Grass
Thüringerberg - Hier beginnt der Ort! Eine starke Wand aus kräftigen Balken trennt einem Zaun gleich draußen und drinnen – bedacht von einem Giebel.
Bilder

Feinster Altweibersommer – im blauen Dunst die überwältigende Silhouette der gegenüberliegenden Talseite, die Sonnenterrasse in warmes Licht getaucht, herausgehoben aus dem geschäftigen Lärm drunten im Tal – wer wollte nicht in einem solchen Paradies seine Kindheit zugebracht haben. Zwanzig Kindern ist das vergönnt, hier droben können sie ihren eigenen Ton angeben in ihrer höchst lebendigen Gemeinde.

Und da kann’s schon mal laut und heftig zugehen – was in einer robusten Umgebung kein Problem ist. Robust sind sie, die Räume des neuen Kindergartens und der Krippe. Und vertragen sich deshalb bestens mit der Nachbarschaft gestandener Feuerwehrmännerund lebhafter Gemeindeversammlungen. Dies alles ist im neuen Gemeindebau untergebracht.Die Räume für längeren Aufenthalt – Gruppenräume und Gemeindesaal – sind unter dem Dach zwischen massiven Holzwänden und –Decken versammelt, die Räume für kurzen Aufenthalt und Technik – Feuerwehrautos, Umkleiden etwa – sind in Beton gehüllt, zurückgesetzt und schieben sich großteils in den Berg. Das Dach wird für einen besonnten, grünen, geschützten Spielhof genutzt, der vom Schlauchturm „bewacht“ wird.

Holzbau pur: 22 cm starke, gedübelte Brettstapelelemente tragen Decke und Dach, davor 34 cm Holzfaserdämmung, dann die Witterungsschicht aus 8 cm Strickbau. Decke wie Dach sind Brettstapelbau, die Decke aus Schallschutzgründen in Betonverbund, das Dach gedämmt zum Kaltdach hin. Neben großen Glasfl ächen bestimmt sichtbare Fichte die Aufenthaltsräume – wo immer möglich – die tragende Konstruktion. Auf dem Flur werden die Holzwände durch Stampfl ehmwände der Nasszellen ergänzt. Ein Massivholzbau in konsequent lokaler Wertschöpfung, handwerklich gefügt, absolut leimfrei, unbehandelt, Passivhausstandard.

„Ich mag Holz und ich mag es glaubwürdig“, sagt der Architekt Bruno Spagolla. „Nicht nur die feinen Stückchen raussuchen, sondern so gut wie alles nutzen.“ Und so sieht man dem Haus an, dass es Stämme waren, die da Halt und Schutz geben – horizontal geschichtet der Straße entlang, dagegen dicht aufgestellt zur Begrüßung und zum Dorfzentrum.

Eine Bindung an den Ort, die für Spagolla selbstverständlich ist, hat er sich doch seit zwanzig Jahren mit der Gemeinde um die Ortsmitte bemüht – was einst begann mit dem „Sunnasaal“, gefolgt von der Sanierung der Ortswirtschaft, dann dem Bau des Gemeindehauses und Sitz der Verwaltung Biosphärenpark. Und heute mit dem Kinder- und Feuerwehrhaus abschließt, dessen Schlauchturm zum Kirchturm am Anfang hinüber grüßt.

Darum ist gerungen worden. Da zeigt sich die vitale Gemeinde mit immer noch einem Dutzend Bauern und halb soviel Handwerksbetrieben, mit Tankstelle, Gasthaus, Laden und Sennerei und eben Kindergarten, Feuerwehr, Schule, einem Dutzend Vereinen und vielem mehr. Eine Gemeinde, die lebt von starken und zähen Figuren, wie Bürgermeister Wilhelm Müller oder Hildegard Burtscher, deren Einsatz für Sennerei und Dorfl aden noch immer ein täglicher Kampf ist.

Daten & Fakten

Objekt: Feuerwehr und Kindergarten Thüringerberg

Bauherr: Verein zur Förderung der Infrastruktur der Gemeinde Thüringerberg KG

Architekten: Mag. arch. Bruno Spagolla,
                           Untersteinstraße 28,
                           Bludenz
                           Mail: buero@spagolla.at
                           Web: www.spagolla.at

Planungsdaten: Bauzeit 18 Monate; Bezug September 2010

Objektdaten: Bruttogeschossfläche 1408 m²
                            Grundstücksfläche 2350 m²
                            EG Feuerwehr und Vereine
                            OG Kindergarten

Projektdaten

Konstruktion:
Massivholzbau (Kindergarten und Aufenthaltsräume),
Betonbau (Feuerwehrhalle und Technikräume);
Baustoffe: Holz, Beton Stampflehm;
Innenausbau: Thüringerberger Fichte für Decken, Wände, Böden, Fensterrahmen, Möbel

Technische Daten:
Energieverbrauch: weniger als 15 kWh/m²/a;  Passivhausstandard für vollbeheizte Nutzungsbereiche;
Heizmedium: thermische Solarmodule, Fernwärme der Gemeinde Thüringerberg – Hackschnitzelheizung;
Heizsystem: Fußbodenheizung; kontrollierte Be- und Entlüftung mit Wärmetauscher und Erdkollektor

Ausführung:
Baumeisterarbeiten: Tomasellibau, Nenzing;
Holzbau: Kaspar Greber, Bezau;
Tischlerarbeiten: Bergholz;
Bauleitung: Albrecht Projektmanagement, Dornbirn
Auszeichnung: Holzbaupreis 2011: Preis: Öffentlicher Bau

(Leben & Wohnen/ Florian Aicher)

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
Die Plattform für Architektur, Raum und Formgestaltung
in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen
bietet das vai monatlich öff entliche Führungen zu privaten,
kommunalen und gewerblichen Bauten.
Mehr unter architektur vorORT auf www.v-a-i.at.

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