Der Nikolaus trägt keine Jeans

Abgesehen davon, dass dem nie so war, hätte der irdische Vertreter des Heiligen auch gar keine Zeit mehr dazu. Seine Wege sind genau geplant. Kinder warten zu lassen wäre das Letzte für Kurt Rauchegger.

Er versucht, möglichst pünktlich zu sein und fährt seine Routen deshalb schon vorher einmal ab. Damit er sicher alle Häuser findet.

Auf Augenhöhe

Mit seinem Knecht Ruprecht steht Kurt Rauchegger in der Küche des Pfarrheims Dornbirn-Rohrbach und gönnt sich eine Jause. Ohne Rauschebart und Bischofsmütze. Gerade eben hat er eine Seniorenrunde mit seinem Besuch beehrt. “ Auch die freuen sich noch auf den Nikolaus“ , sagt er lachend. Seit 15 Jahren schmeißt sich der Schulwart der Volksschule Rohrbach in das eigens von seiner Frau gefertigte Gewand. Hier passt alles zusammen. Vom Stiefel bis zur Halskrause. Sogar die Brille wechselt Rauchegger. Denn: “ Kinder beobachten sehr genau. Und ein Nikolaus trägt nun einmal keine Jeans.“

Auch die ewig gleiche Nikolausgeschichte hatte er bald über. Lieber erfreut Kurt Rauchegger seine kleinen Kunden mit Selbsterfundenem, das nicht gar so tierisch ernst ist. Aber immer leitet die Geschichte zu Knecht Ruprecht über, der auch die Geschenke verteilt. “ Er soll nicht der Böse sein“ , erklärt Rauchegger den Sinn der Sache. Fürchtet sich ein Kind trotzdem, zieht sich Thomas Fussengger diskret wieder zurück und lässt dem Nikolaus den Vortritt. Der geht vor den Kleinen sogar in die Knie. “ Auf Augenhöhe redet es sich leichter“ , weiß er aus mittlerweile langjähriger Erfahrung.

Schöne Augenblicke

Kurt Rauchegger lehnt auch Bestrafungen kategorisch ab. Lieber geht er wieder, als dass er für Eltern den Überbringer von Verboten spielt. Doch das kommt glücklicherweise selten vor. Die schönen Augenblicke überwiegen. “ In vielen Familien wird das Nikolausfest wirklich noch zelebriert. Das Wohnzimmer ist festlich geschmückt und aus der Küche duftet es nach gutem Essen“ , schwelgt Rauchegger in Erinnerungen. Und erst die Kinder. “ Die meisten wissen zwar, dass unter der Verkleidung ein ganz normaler Mensch steckt. Aber wenn der Nikolaus vor ihnen steht, glauben sie an ihn.“ Da wird selbst dem Nikolaus warm ums Herz.

Zehn Familien besuchen Kurt Rauchegger und Thomas Fussengger pro Abend. Die Schnäpse, die dabei zuhauf kredenzt werden, bleiben unangetastet. “ Thomas muss fahren und ich mit den Kindern reden. Das verträgt keine Alkoholfahne.“ So geht’s auch.
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